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Cystische Fibrose - Wenn jeder Atemzug zur Qual wird  
  Am Wochenende fand die zehnte Tagung der Cystische Fibrose Hilfe Österreich in Salzburg statt. Themen waren neue Behandlungsstrategien. Die cystische Fibrose ist eine der häufigsten Erbkrankheiten. Eines von 3.000 Kindern wird mit dieser unheilbaren Stoffwechselkrankheit geboren. Darüber hinaus erweisen sich chronische Infektionen für viele CF-Patienten als lebens- und schicksalbestimmend.  
"In Österreich wird seit 1998 mittels eines Suchtests nach immunreaktiven Trypsins (IRT) jedes Baby auf cystische Fibrose untersucht. Denn die möglichst frühzeitige Erkennung und damit der eheste Behandlungsbeginn dieser Erkrankung verbessern Lebenserwartung und Lebensqualität entscheidend.", erläutert Manfred Götz, Leiter des CF-Zentrums im Wilhelminenspital Wien:
Wie äußert sich CF?
Bei CF sind verschiedene Drüsen, z.B. die Bauchspeicheldrüse, die Drüsen der Bronchien, aber manchmal auch die Keimdrüsen betroffen. Das Synonym für die cystische Fibrose, die so genannte Mucoviszidose, bezieht sich auf eine Störung der Funktion dieser Drüsenzellen.

Die Drüsen in den betroffenen Organen sondern nämlich aufgrund eines Enzymmangels einen sehr zähflüssigen Schleim ab, der vor allem für die Lungenprobleme der betroffenen Kinder verantwortlich ist.
CF und Unfruchtbarkeit beim Mann
"Wir wissen erst seit kurzer Zeit, dass es viel mehr CF - Erkrankungen gibt, als bisher angenommen", betont der CF-Fachmann Manfred Götz. Denn es gibt eine große Anzahl von sogenannten atypischen CF - Fällen.

Dabei scheint der genetische Defekt gering ausgeprägt zu sein. Dennoch haben die Betroffenen Symptome. Bei vielen Männern, die unfruchtbar sind, ist die Ursache der Infertilität eine atypische CF. Auch immer wieder kehrende Entzündungen der Bauchspeicheldrüse sollten in diese Richtung abgeklärt werden.
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Wie wird CF vererbt?
Jene Veränderung am Genmaterial, die zur Cystischen Fibrose führt, ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Es handelt sich um eine Veränderung am Chromosom 7 im sogenannten CFTR-Gen. CFTR steht für Regulator der Transmembran-Leitfähigkeit bei cystischer Fibrose (Cystic Fibrosis Conductance Transmembrane Regulator). Mittlerweile sind fast 1000 Mutationen im CFTR-Gen bekannt.

Etwa 4% der Menschen in Mitteleuropa haben diese Genveränderung, ohne an CF erkrankt zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, ein CF-Kind zu bekommen, beträgt 25%, wenn beide Elternteile diese Genmutation aufweisen.
->   Mehr zur cystischen Fibrose
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Wenn Atmen zur Qual wird
Der zähflüssige Schleim verlegt die Bronchien der Lunge. Sowohl das Ein- als auch das Ausatmen wird dadurch erschwert. Außerdem ist der Schleim ein idealer Nährboden für Bakterien. Deswegen leiden CF-Betroffene an immer wieder kehrenden eitrigen Bronchitiden. Diese Entzündungen zerstören das Lungengewebe.
Auch die Bauchspeicheldrüse kann betroffen sein
CF kann auch die Bauchspeicheldrüse, Pankreas genannt, in Mitleidenschaft ziehen. Die im Pankreas gebildeten Verdauungsenzyme können, da die Ausführgänge mit Schleim verstopft sind, nicht mehr in den Darm entleert werden. So kann die Nahrung nicht aufgeschlossen, nicht verdaut werden.

Darüber hinaus beginnen die im Pankreas aufgestauten Verdauungssäfte die Drüse selbst anzugreifen und führen zur "Selbstandauung". Teile des Pankreasgewebes werden aufgelöst und es entsteht fibrotisches Narbengewebe oder Hohlräume, die sich mit Flüssigkeit füllen können.

Somit werden leider häufig auch jene hormonproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört, die das Insulin bilden. Viele Patienten mit cystischer Fibrose leiden also darüber hinaus auch an Diabetes.
"Aber solange ich atme ..."
Die Betreuung und Behandlung von CF-Kindern erfordert viel Liebe und Geduld. Denn leider gibt es bis heute keine Therapie, die CF heilen kann. Es müssen daher alle therapeutischen Maßnahmen konzentriert eingesetzt werden, um das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen.

Eine frühe Diagnose mit gleichzeitigem Therapiebeginn ist von entscheidender Bedeutung für den weiteren Lebensweg der CF-Erkrankten. Aufgrund der Komplexität der Mukoviszidose ist die Therapie sehr aufwendig.
Aufwendige Therapie
Spezielle Atemtechniken müssen erlernt und täglich mehrmals angewandt werden, um die Lungen vom zähen Schleim zu befreien. Angemessene sportliche Betätigung wirkt dabei unterstützend.

Zusätzlich müssen Antibiotika, vielfach auch bronchialerweiternde und sekretverflüssigende Medikamente eingenommen oder inhaliert werden. Aufgrund der schlechten Nahrungsverwertung ist eine vitamin- und kalorienreiche Ernährung notwendig, die durch Enzympräparate ergänzt wird.

Unabdingbar ist die intensive Betreuung in CF-Spezial-Ambulanzen durch ein erfahrenes medizinisch-therapeutisches Team von Ärzten, Krankenschwestern, Krankengymnasten, Diätassistenten, Sozialpädagogen und Psychologen.
->   Spezialisierte CF-Ambulanzen:
Höhere Lebenserwartung durch medizinische Fortschritte
Noch vor 20 Jahren starben die meisten Betroffenen bereits vor dem Erreichen des Erwachsenenalters. Dank der Fortschritte in der medizinischen Betreuung liegt die durchschnittliche Lebenserwartung mittlerweile bei etwa 33 Jahren.

Vor allem die Früherkennung und sofortige Behandlung der Erkrankung, der Einsatz von wirksamen Antibiotika gegen die immer wiederkehrenden Entzündungen und die fortlaufende Betreuung in spezialisierten Zentren sind für diese erfreuliche Entwicklung verantwortlich.
Hilfe durch Antibiotika und Impfungen
"In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung von inhalativen Antibiotika von Bedeutung. Außerdem beginnen wir die Behandlung gegen Pseudomonas aeruginosa bereits, wenn der Keim nachweisbar ist und warten nicht erst darauf, dass er eine Entzündung der Lunge verursacht", betont der CF-Spezialist Manfred Götz.

Auch die beiden im Moment zur Verfügung stehenden Impfungen gegen Pseudomonas aeruginosa stellen eine erfolgreiche Strategie dar. Die Idee dabei sei, bei CF-Patienten durch eine Impfung eine Immunität gegen den gefürchteten Keim zu erreichen, also die chronische Infektion ganz einfach im Ansatz zu verhindern, erläutert Götz.
Gentherapie von CF - die nicht stattgefundene Revolution
Die Erkrankung Cystische Fibrose stand Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts ganz oben auf der Liste jener Erkrankungen, bei denen innerhalb weniger Jahre eine Heilung durch somatische Gentherapie möglich sein sollte.

Hunderttausende Eltern und Kinder waren damals voller Hoffnung. Alles schien so einfach: Über den Luftweg sollte es ein Leichtes sein, mittels Genfähren (Liposomen oder Viren) die Information zur Produktion des entsprechenden Enzyms in die Zellen der Lunge zu bringen.

Leider haben sich diese Hoffnungen bisher nicht erfüllt, resümiert Irmgard Eichler, Fachärztin für Kinder und Jugendheilkunde und Leiterin des CF - Zentrums am AKH Wien.
->   Mehr zur Somatischen Gentherapie
Viele Erkenntnisse in der Grundlagenforschung, aber...
"Es war und ist doch viel schwieriger als wir dachten, die heilende genetische Information in die Zelle und dann noch in den Kern hinein zu bekommen. Wir haben zwar in der Grundlagenforschung viele Erkenntnisse gesammelt, aber seit 1998 gibt es nur noch wenige klinische Versuche mit somatischer Gentherapie."

Im Moment beschäftigen sich Forscher weltweit mit der Suche nach Substanzen, die in der Lage sind, in den geschädigten Zellen, eine Aktivierung des Gens und damit eine Produktion des fehlenden Enzyms zustande zu bringen.
Leben mit einer unheilbaren Krankheit
Cystische Fibrose ist eine unheilbare Erkrankung. Im Endstadium ist die Funktion der Lunge derart eingeschränkt, dass kaum mehr Bewegung möglich ist und das Atmen trotz Sauerstoffgeräte zur Qual wird.

Die Lungentransplantation ist in den letzten Jahren für viele Betroffene zu einer Alternative geworden. Allerdings birgt dieser Eingriff nach wie vor Risiken in sich und auch der Erfolg kann nicht im Vorhinein garantiert werden.

Christoph Leprich, Ö1 Radiodoktor
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Wenn Sie sich der Lebenssituation von CF-Betroffenen, der intensiven Auseinandersetzung mit Leben und Tod, dem ständigen Abschied-nehmen-müssen auseinandersetzen wollen, besuchen Sie auf der Homepage der CF-Selbsthilfegruppe Köln unter der Rubrik "Muko-L, das deutschsprachige Internet-Forum für CF" - die "Erinnerungsseite".
->   CF-Selbsthilfegruppe Köln
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Mehr zum Thema "Cystische Fibrose" können Sie in der Sendung "Der Radiodoktor" am Montag, 10.6.2002 um 14.05 Uhr in Ö 1 erfahren.
->   Cystische Fibrose Hilfe Österreich
 
 
 
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01.01.2010