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ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Schlaganfall: Heilung durch natürliches Molekül?  
  Jährlich erleiden ungefähr 20.000 Österreicher einen Schlaganfall - das bedeutet etwa alle sechs Minuten ein Hirnschlag. Nach Herzkreislauf- und Krebserkrankungen ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Österreich. Amerikanische Forscher haben nun entdeckt, dass ein im Hirngewebe natürlich vorkommendes Molekül die Regeneration geschädigter Hirnareale massiv unterstützt. Die Substanz "Inosin" fördert das Wachstum von Nervenfasern und führt zur Wiederherstellung koordinativer Fähigkeiten.  
Wie ein Forscherteam um Larry Benowitz von der amerikanischen Harvard Medical School anhand von Untersuchungen an Ratten herausgefunden hat, stimuliert die Behandlung mit Inosin die Neuverdrahtung und den Funktionserhalt von Hirnbereichen, die ihre Verbindungen zum restlichen Hirn aufgrund eines Schlaganfalles eingebüßt haben.
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"Inosine induces axonal rewiring"
Die Veröffentlichung "Inosine induces axonal rewiring and improves behavioral outcome after stroke" von Larry Benowitz und Mitarbeitern wurde in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht (25. Juni 2002; Vol.99, Bd. 13, S. 9031-36).
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Zivilisationskrankheit Hirnschlag
Der Schlaganfall ist eine der bedeutendsten zivilisatorischen Krankheiten. In Österreich erleiden jährlich mehr als 20.000 Menschen einen Hirnschlag, in Deutschland schätzt man pro Jahr etwa 300.000, in den USA 750.000 Betroffene.

Als dritthäufigste Todesursache in westlichen Industrienationen ziehen Schlaganfälle auch erhebliche volkswirtschaftliche Belastungen nach sich: In den USA kosten medizinische Betreuung und Rehabilitation rund 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
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Schlaganfall: Ursachen und Risiken
Als Schlaganfall oder Apoplexie bezeichnet man eine plötzliche Blut-Unterversorgung des Gehirns. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO gelten als Hauptursachen arterielle Mangeldurchblutungen, Gehirnblutungen sowie zentrale nervöse Abflussstörungen. Die Hauptrisikofaktoren sind Gefäßverkalkung, Bluthochdruck, Rauchen, Herzerkrankungen sowie Stoffwechselstörungen (Diabetes, erhöhte Blutfettwerte).
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Studien der Bewegung und Hirnanatomie
"Unsere Ergebnisse sind sowohl von wissenschaftlichem wie auch von klinischem Interesse", resümiert der Leiter des amerikanischen Forscherteams, Larry Bernowitz, die nun publizierten Resultate.

Er und seine Mitarbeiter hatten Ratten mit dem Stoff Inosin kurz nach einem Hirnschlag behandelt und mit einer Kontrollgruppe verglichen.

Die Versuche gliederten sich in zwei Kategorien: Zum einen wurde untersucht, inwieweit Inosingaben die Wiedererlangung koordinativer Fähigkeiten förderten. Zum anderen wurden die Wirkungen von Inosin auch auf hirnanatomischer Ebene erforscht.
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Inosin
Das Biomolekül Inosin besteht aus zwei Bestandteilen, dem Amin "Hypoxanthin" und dem Kohlenhydrat "Ribose". Das Hypoxanthin spielt im Nervensystem eine Rolle, da es an gewisse Rezeptoren (so genannte Adenosin-Rezeptoren) bindet. Inosin kommt zudem in bestimmten Nukleinsäuren vor, die an der Proteinsynthese beteiligt sind.
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Regeneration vervierfacht
Die Untersuchung der motorischen Funktionen betraf sowohl einfache wie auch komplexe Bewegungen. In beiden Kategorien zeigte sich das selbe Resultat:

Unbehandelte Ratten waren kaum fähig, ihre durch den Hirnschlag gehandicapten Pfoten zu bewegen. Inosin-behandelte Nager konnten hingegen nach einigen Wochen große Teile ihres ursprünglichen Bewegungspotenzials wiedererlangen.

Diese Ergebnisse korrelierten stark mit anatomischen Studien. Schlaganfälle führen zum teilweisen Verlust der Nervenverbidungen zwischen geschädigten und gesunden Hirnregionen. Die Behandlung mit Inosin erhöhte die Fähigkeit der Neuronen, neue Zellfortsätze auszubilden, um den Faktor Drei bis Vier.
Neue Therapien in Aussicht?
Marc Lanser, wissenschaftlicher Leiter der Firma "Boston Life Sciences" (BLI), die an der Entwicklung von Inosin als Medikament beteilgt ist, kommentiert die neue Studie folgendermaßen:

"Wir sind begeistert, welches Potenzial Insosin als Mittel zur Nervenregeneration nach Schlaganfällen aufweist. Dies umso mehr, als in einer separaten und unpublizierten Untersuchung gezeigt werden konnte, dass der Stoff auch dann wirksam ist, wenn er erst 24 Stunden nach dem Hirnschlag eingesetzt wird."

"Bis dato wurden Schlaganfälle von der Medizin nur unzureichend behandelt. Diese Daten bieten Hoffnung für einen Durchbruch in der Behandlung geschädigter Hirnareale", so Lanser.
->   Harvard Medical School
->   BLI
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01.01.2010