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Sozial- und umweltverträglicher Tourismus in Tansania  
  Der Ferntourismus boomt und bildet mit einem Jahresumsatz von mehr als 500 Milliarden Dollar den größten Wirtschaftssektor weltweit, noch vor der Automobil- und Ölindustrie. 200 Millionen Menschen sind direkt in der Tourismusindustrie beschäftigt, d.h. jeder 10. Arbeitnehmer. Viele Länder der "dritten Welt" verfügen über einzigartige Naturschönheiten und versuchen, sich durch die Förderung des Tourismus Entwicklungschancen zu eröffnen.

Doch häufig werden die Hoffnungen nicht erfüllt: Fast immer fließt der Großteil der Einnahmen wieder in die Industrieländer - und zurückbleibt eine weiterhin arme Bevölkerung, oft auch eine zerstörte Natur.
 
Ökotourismus nur Werbestrategie?
Dritte-Welt-Tourismus richte immer Schaden an, postulieren daher viele Kritiker und sehen auch im Ökotourismus nicht mehr als eine neue Marketingstrategie.

Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2002 zum Internationalen Jahr des Ökotourismus ausgerufen. Damit ist der Streit unter Sozialwissenschaftern und Tourismusexperten, ob Ökotourismus Fernreisen sozial- und umweltfreundlicher machen kann, wieder neu entflammt.

Wie Tourismus aussehen muss, dass sowohl die Natur, als auch die lokale Bevölkerung und die Touristen davon profitieren können, zeigen innovative Tourismusprojekte in Tansania, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden.
Korallenpark privat gemanagt
1992 tauchte die deutsche Touristin Sibylle Riedmiller an verschiedenen Korallenriffen um Sansibar. 12 Kilometer südwestlich von Stone Town entdeckt sie das Chumbe-Riff, das ihr wegen seiner Unversehrtheit und seiner beeindruckenden Artenvielfalt auffiel.

Sie begann, die tansanische Regierung davon zu überzeugen, das Riff zum Schutzgebiet zu erklären. Experten bestätigen die Schutzwürdigkeit, und schließlich wurde nach mühevollem Lobbying 1994 das Riff zum ersten Meeresschutzgebiet Tansanias erklärt.
Das Geheimnis der Nachhaltigkeit
Ein privates Non-profit-Unternehmen, die Chumbe Insel Korallenpark GmbH, managt im Auftrag der Regierung das Korallenriff.

Mit dieser innovativen Lösung will man Fehler anderer Projekte vermeiden, meint Eleanor Carter, die Geschäftsführerin der Firma: "Die meisten Naturschutzprojekte in Afrika werden mit dem Geld ausländischer oder internationaler Hilfsorganisationen initiiert und brechen zusammen, sobald die Finanzierung endet."
Mit Papageienfischen schnorcheln
Die Chumbe Insel bietet ein exklusives Urlaubserlebnis, das Schnorcheln im flachen Korallenriff ist eindeutig die Hauptattraktion der Insel.

350 Fischarten, darunter gelbe Trompetenfische, farbenfrohe Kaiser- oder Papageienfische und bedrohlich wirkende Skorpionsfische verleihen dem Chumbe-Besucher das Gefühl, in einem riesigen, üppig bestückten Aquarium herum zu schwimmen.
Der spektakulärste Korallengarten der Welt
Der einzigartige Korallenbewuchs fasziniert auch Wissenschafter. J. E. N. Veron, der wissenschaftliche Leiter des australischen Instituts für Meeresforschung in Queensland, hat das Riff untersucht und schildert in einem Brief enthusiastisch seine Entdeckungen:

"Meines Erachtens ist die Flachwasser-Korallengemeinschaft des Chumbe Insel Korallen Parks einer der spektakulärsten Korallengärten der Welt.Ich habe die größten Riffe des Great Barrier Reefs sowie andere Riffe Australiens ausführlich erforscht, ebenso die Korallenriffe in Südost-Asien, die der Pazifikinseln, des Roten Meeres und der Karibik. Während all dieser Forschungen der vergangen 30 Jahre habe ich keine Korallengemeinschaft gesehen, die mit der Chumbe Islands vergleichbar wäre."
Wissenschaftliches Interesse
"Ich werde diese Entdeckung der 'scientific community' weltweit zur Beachtung bringen. Das wissenschaftliche Interesse daran liegt in den Umweltbedingungen des Parks, die für reiches Korallenwachstum optimal seien müssen. Obwohl der Park sehr klein ist, umfasst er mindestens 90 Prozent aller Korallenarten, die in Ostafrika bekannt sind", so Veron.
->   Australian Institute of Marine Science
Mehr Fische durch Schutzgebiet
Die Errichtung des Schutzgebietes hatte auch einen deutlich spürbaren wirtschaftlichen Nebeneffekt. Die wichtigsten Fischgründe Sansibars liegen in der Nähe des Chumbe Riffs.

Der Schutz des Riffs sorgt dafür, dass sich die Fische hier ungestört vermehren können, wodurch sich die überfischten Fischgründe wieder erholen konnten.
Kokosnuss-Krabben und Zwerg-Antilopen im Schutzwald
Nicht nur das Chumbe-Riff, auch ein Teil der Insel selbst wurde unter Naturschutz gestellt. Der Nordteil der Insel wird von einem ursprünglichen Wald bedeckt, der auf einem fossilen Korallenriff wächst.

Früher gab es in Ostafrika viele solcher Wälder, doch die meisten sind beim Bau von Hotelanlagen und Strassen oder durch landwirtschaftliche Nutzung zerstört worden.

Gleichzeitig mit dem Riff ist daher 1994 der Nordteil der Insel zum Waldschutzgebiet oder forest reserve erklärt worden. Bedrohte Tierarten, wie die bis zu 50 Zentimeter große Kokosnuss-Krabbe oder die Aders-Zwerg-Antilope finden hier Zuflucht.
Für die Bewohner Sanisbars sind Korallen einfach Steine
An unbewachsenen Stellen der Insel findet man fossile Skelette von Geweihkorallen, Tisch-, Pilz- oder Hirnkorallen. Doch die Menschen auf Sansibar wissen nichts darüber.

Für sie sind Korallen einfach Felsen und Steine. Um ihnen das Ökosystem Riff näher zu bringen, bildet die Umwelterziehung von Anfang einen wesentlichen Bestandteil des Projekts.
Nutzen für die lokale Bevölkerung
Langfristig, so ist Eleanor Carter überzeugt, sind Ökotourismusprojekte nur erfolgreich, wenn sich die lokale Bevölkerung damit identifiziert und auch einen Nutzen davon hat.

"Das Korallenriff wurde gesperrt und die Fischer konnten hier nicht mehr fischen. Daher mussten wir zu den Fischern gehen und ihnen diese Maßnahme erklären. Wir haben daher Fischer aus den Dorfgemeinschaften bei uns angestellt und sie als Ranger ausgebildet. Die Fischer konnten dann in ihren eigenen Dörfern erklären, warum das Riff gesperrt wurde."

Ein Beitrag von Christian Brüser für die Sendung "Dimensionen" am 25. Juni 2002 um 19.05 Uhr auf Österreich 1
->   Chumbe Island
->   Internationales Jahr des Ökotourismus
->   Österreich 1
 
 
 
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01.01.2010