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Bewiesen: Mehr Materie als Antimaterie  
  Das Universum ist genauso einseitig, wie sich das die Physiker schon lange gedacht haben: zumindest was das Überwiegen von Materie gegenüber Antimaterie betrifft. Der Wert "sine-two-beta", der diese für unser aller Wohlbefinden essenzielle Asymmetrie ausdrückt, wurde nun experimentell genau bestimmt.  
Vorhersage wurde experimentell verifiziert
Der Beweis, dass Materie über Antimaterie genau in jenem Maß "triumphiert", wie es das Standardmodell der Elemenarteilchen vorhergesagt hat, wurde von Wissenschaftlern des Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) erbracht.

Das Standardmodell erklärt, wie Elementarteilchen miteinander interagieren. Es geht davon aus, dass die Materie im Universum gegenüber der Antimaterie überwiegt - wegen eines Effekts, der "CP-Verletzung" genannt wird.

Präsentiert haben die SLAC-Forscher ihre Ergebnisse am Donnerstag auf einer Internationalen Konferenz zu Hochenergiephysik in Amsterdam.
->   Konferenz zu Hochenergie-Physik, Amsterdam
Verfeinerung von Ergebnissen aus dem Vorjahr
Schon vor einem Jahr hat das "BaBar"-Team der SLAC, eine Vereinigung von 500 Forschern aus aller Welt, diese Ungleichheit zwischen Materie und Antimaterie anhand bestimmter Elementarteilchen erstmals experimentell bewiesen. Damals bestand aber noch ein Unterschied zwischen den Resultaten des Experiments und den Vorhersagen des Standardmodells.

Nach einem weiteren Jahr, in denen die Messungen verfeinert wurden, sind die Forscher nun überzeugt, dass die beiden Werte übereinstimmen.

SLAC-Projektleiter Hassan Jawahery von der University of Maryland verstieg sich zu der Aussage, dass "wir ein Wissen geschaffen haben, dass für immer bleiben wird".
->   Stanford Linear Accelerator Center
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Das Standardmodell der Elementarteilchen
Versuch der Synthese aller Theorien über die bis heute bekannten Elementarteilchen und die zwischen ihnen wirkenden Grundkräfte. Das Standardmodell ist noch nicht zu Ende entwickelt, bisher lassen sich - mit Ausnahme der Gravitation - alle subatomaren Erscheinungen in mathematischen Formulierungen in das Standardmodell eingliedern. Mit seiner Hilfe lassen sich die weit über hundert gefundenen Teilchen in elementare mit Spin 1/2 (Fermionen) und Spin 1 (Bosonen) zurückführen.
->   Mehr über das Standardmodell
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Messung von B-Mesonen und ihren Antiteilchen
Das "BaBar"-Experiment wurde 1999 ins Leben gerufen, um die Differenzen beim Zerfall von Teilchen namens "B-Mesonen" und ihren Antiteilchen, den Anti-B-Mesonen oder "B-Bars" zu erkunden. Letztere geben sowohl dem Projekt als auch dem verwendeten Teilchen-Detektor ihre Namen.

Diese Differenzen werden in einer Einheit gemessen, die sin 2ß ("sine-two-beta") heißt. Wenn es beim Zerfall der B-Mesonen zu keiner CP-Verletzung kommt, ist dieser Wert Null.

Im Juli 2001 berichtete das BaBar-Team von Messungen eines sin2ß-Wertes von 0,59 - das Standard-Modell sagte einen Wert von 0,72 voraus.
->   BaBAr
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CP-Verletzung: Gestörte Symmetrie der Elementarteilchen
Elementarteilchen zeichnen sich prinzipiell durch ein hohes Maß an Symmetrie aus. CP (Charge Parity) steht für Ladung und Parität. Die Ladung (Charge) von Teilchen und Antiteilchen ist gegensätzlich, aber gleich groß. Parität steht für die Spiegelsymmetrie, d.h. ein Prozess und sein Spiegelbild sind gleich wahrscheinlich. Während C und P für sich keine universell gültigen Symmetrien darstellen, schien die Kombination CP lange Zeit zu funktionieren: Vertauscht man mit Antiteilchen und spiegelt gleichzeitig das Geschehen, so sollten auch alle Vorgänge - selbst jene der "Schwachen Wechselwirkung" - wieder mit genau denselben Wahrscheinlichkeiten ablaufen.

Aber bereits 1964 wurde experimentell festgestellt, dass auch die kombinierte CP-Symmetrie verletzt wird, und zwar beim Zerfall der so genannten "neutralen Kaonen", bestimmten Elementarteilchen. Der Nachweis für die "B-Mesonen" wurde im Juli 2001 erbracht.
->   Mehr dazu in einem Gastbeitrag von Manfred Jeitler
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Neue Werte decken sich mit Vorhersage
Nachdem die Forscher 88 Millionen Ereignisse von B-Mesonen-Zerfall beobachtet haben, wurde die Schätzung nun erneuert - auf einen Wert von 0,74 mit einer Unsicherheit von plus/minus 0,07. Womit man ziemlich exakt bei der Zahl angekommen ist, die das Standardmodell vorhergesagt hat.
Größte Datenmenge aller Zeiten
Die Millionen Ereignisse von B- und Anti-B-Mesonen wurden durch die Kollisionen von Elektronen und Positronen im Teilchenbeschleuniger PEP-II produziert.

Nach Auskunft des SLAC-Direktors Jonathan Dorfan wurden mit mehr als 100 Millionen derartiger Ereignisse in knapp eineinhalb Jahren die größte vergleichbare Datenmenge eines Teilchenbeschleunigers aller Zeiten produziert.
->   Online-Skript Teilchen und Kerne (TU München)
->   www.teilchen.at
->   Higgs-Boson: Kein 'Gottesteilchen' in Sicht
->   Mehr über Materie und Antimaterie in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010