News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Unterdrückte Immunabwehr gegen Arteriosklerose  
  Österreichische Mediziner sind neuen Heilmethoden von Arteriosklerose auf der Spur: Sie untersuchten einen genetisch veränderten Rezeptor des Immunsystems, der die Abwehrreaktion des Körpers dämpft und gleichzeitig Schutz gegen die Krankheit bietet.  
Das internationale Team unter Führung von Innsbrucker Forschern aus den Universitätskliniken für Neurologie und Innere Medizin erwartet sich von diesen Erkenntnissen Impulse für die Entwicklung von neuen Behandlungsmethoden.
"Toll-like receptors"
Die genetische Variante betrifft nach Angaben vom Mittwoch einen von zehn Rezeptoren, die als "Toll-like receptors" (TLRs) bekannt sind. Diese menschlichen Rezeptoren ähneln den TLRs, die zuerst bei Insekten entdeckt wurden.

Auf der Oberfläche von Immunzellen, Herzmuskelzellen und den Zellen von Blutgefäßen ist der TLR vom Typ 4 (TLR4) entscheidend für die Immunantwort auf bakterielle Infektionen. Er erkennt ein spezifisches Lipid auf der Oberfläche des Bakteriums und warnt das Immunsystem vor dem Eindringling.
Reduzierte entzündliche Reaktion des Immunsystems
"Die genetische Variante des TLR4 scheint die Signalfähigkeit des Rezeptors und damit die entzündliche Antwort des Immunsystems zu vermindern. Unsere Resultate zeigen, dass die reduzierte entzündliche Reaktion langfristig die Gefahr einer Arteriosklerose verringert," erklärte Stefan Kiechl von der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck, korrespondierender Autor der Studie, die unlängst im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlicht wurde.
...
Die Studie erschien am 18. Juli 2002 im NEJM (Bd. 347, S. 185-192) unter dem Titel "Toll-like Receptor 4 Polymorphisms and Atherogenesis".
->   Original-Abstract im NEJM
...
Neue Wege der Risiko-Vorsorge
"Die Ergebnisse zeigen einen völlig neuen Mechanismus in der Entstehung der Verkalkung an Herz- und Hirngefäßen," meinte Christian Wiedermann von der Medizinischen Klinik, ein weiterer Autor der Studie. "Neben der Möglichkeit, das Gefäßrisiko durch körperliche Aktivität, Reduktion des Rauchens und Senkung des Cholesterinspiegels zu verringern, könnte zukünftig die Gefahr von Herzinfarkt und Schlaganfall durch die Eindämmung von Entzündungsreaktionen reduziert werden.

Reaktionen, die über diesen Rezeptor vermittelt werden, könnten dabei nutzbar gemacht werden." Theoretisch könnte ein Medikament zur Unterdrückung der Aktivität dieses Rezeptors verabreicht werden.
...
Toll Rezeptoren halten Entzündungen aufrecht
Die Toll Rezeptoren, die vor wenigen Jahren entdeckt wurden, scheinen eine tragende Rolle in der angeborenen Immunität zu spielen. Wenn sie durch einen Krankheitserreger aktiviert werden, reagieren die Zellen mit der Freisetzung von Stoffen gegen die Erreger und mit einer erhöhten Abwehrbereitschaft.

Während diese Antwort bei Infektionen wirkungsvoll und biologisch sinnvoll ist und so Erkrankungen verhindern kann, zeigen die Studienergebnisse, dass andererseits über diesen Reaktionsweg chronische Entzündungsvorgänge in den Wänden der Blutgefäße aufrechterhalten werden.
->   Mehr über Toll ähnliche Rezeptoren
...
Daten stammen aus "Bruneck-Studie"
Die Innsbrucker Forscher wollten wissen, ob es eine Beziehung zwischen der angeborenen Immunantwort und der Arteriosklerose gibt. Zur Überprüfung dieser Frage wurden die Daten aus der "Bruneck-Studie" herangezogen und zum TLR4 Polymorphismus in Beziehung gesetzt.

Bei der Bruneck-Studie handelt es sich um eine seit zehn Jahren durchgeführte Langzeitbeobachtung von 1.000 gesunden Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol, die auf die Erforschung der Ursachen von Herzinfarkt und Schlaganfall abzielt. Mit hochauflösendem Ultraschall werden hierbei Gefäßverkalkungsvorgänge an der Halsschlagader und anderen Arterien erfasst und beobachtet.
->   Universitätsklinik für Neurologie, Innsbruck
->   Universitätsklinik für Innere Medizin, Innsbruck
->   Mehr über Arteriosklerose in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010