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Herrschaft und Freiheit im Medienzeitalter  
  Moderne Medien und Kommunikationsmittel, ihr Einfluss auf den Lebensalltag sowie deren gravierende Folgen auf traditionelle Formen der Politik bildeten den Auftakt zum 6. Philosophicum Lech. Den "Kanälen der Macht" gewidmet, thematisierten u.a. der Philosoph Konrad-Paul Liessmann und der Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz Macht, Herrschaft und Freiheit im Medienzeitalter.  
Tragende Rollen der Medien
Die zentrale Bedeutung von Macht und Medien sowie das spezifische Verhältnis von Medien und Politik sind nicht zuletzt auf Grund der medialen Inszenierung von jüngsten politischen Ereignissen evident geworden, so der programmatische Ausgangspunkt der bevorstehenden Vorträge und Diskussionen.

Denn schließlich veranschaulichen die innerparteilichen Machtkämpfe samt Folgen hierzulande, oder die Stilisierung des deutschen Wahlkampfes zu einem Duell, die tragende Rolle der Medien im Spiel der politischen Kräfte.
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Philosophicum Lech: "Die Kanäle der Macht, Herrschaft und Freiheit im Medienzeitalter"
12.-15. September 2002, Lech am Arlberg
->   6. Philosophicum Lech
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Die Gesetze der Medienlandschaft
"Macht! Selten war die Gelegenheit so günstig über Macht zu sprechen, wie in diesen Tagen. Allerorten tobt der Kampf um die Macht, und wer dabei nur um die Macht kämpft, handelt angeblich politisch verantwortungslos", so das Eröffnungsstatement von Konrad-Paul Liessmann, wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

Das Duell zwischen dem Kanzler und seinem Herausforderer habe deutlich gezeigt, dass die Macht längst bei dem Medium liege, das die Regeln und Bedingungen der Wahrnehmung vorgibt: "Ein inszenierter Schaukampf, der nichts mehr von der Macht verriet, um die es dabei gehen sollte", konstatiert Liessmann.
Dramaturgisch Vorgeführte ohne Macht
"Auch angesichts eines anderen, medial gut aufbereiteten politischen Sommertheaters, kann man sich des Verdachts nicht erwehren, dass die Medien politisch Macht nur noch zum Schein inszenieren, während die dabei mit allen dramaturgischen Mitteln Vorgeführten, alle Macht schon eingebüßt haben", kommentiert Liessman den politischen Machtkampf zwischen der österreichischen Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und ihrem einfachen Parteimitglied Jörg Haider.
Politik braucht Medien, Medien formatieren Politik
Die Politik braucht Medien um ins Bild gesetzt zu werden. Medien brauchen die Politik, um Bilder zu generieren, zu füllen - so weit, so bekannt. Doch das sei nicht der eigentliche Effekt der Medien, charakterisiert Norbert Bolz, Kommunikationswissenschaftler am Institut für Kunst- und Designwissenschaft an der Universität Essen, das Verhältnis von Medien und Politik.

Unabhängig vom Interesse der Politik an den Medien und umgekehrt haben die Medien mit ihren Imperativen Rahmenbedingungen geschaffen, die eine Neuformatierung der Politik bewirken, eine Radikalisierung der Probleme und neue Form der Darstellung. So sei mittlerweile der Darstellungseffekt vor der Kamera wichtiger als jener vor dem Parlament, erläutert Bolz.
Herausforderungen für die Demokratie
Damit werde aber die alteuropäische Auffassung von Demokratie herausgefordert, die darin besteht, das Volk durch Inhalte zu überzeugen. Denn Sachargumente, die Sache an sich, seien angesichts der Massenmedien und ihren Bedingungen nicht haltbar.
"Kein Manko, sondern eine Notwendigkeit"
Für Bolz stelle diese Entwicklung aber kein Manko, sondern eine Notwendigkeit dar, denn der klassische Parlamentarismus, könne so nicht mehr fortgesetzt werden. Zumal die Inhalte und die damit einhergehenden Sachargumente dermaßen komplex geworden sind, dass sie Experten überlassen werden müssen.

Politiker setzen demnach auf Marketing, und was die Bürger betrifft, die würden das alles ohnehin durchschauen. "Bürger betrachten das aus der Darstellungsperspektive und stellen sich die Frage 'Kann er (der Politiker) das?'"

Als Mechanismus der Reduktion von Komplexität vereinige sich die Schaustellerkunst und die Medienkunst in der Frage nach dem Vertrauen in die Fähigkeiten des Politikers.
Chancen der Medienvielfalt
Die Abnützung der herkömmlichen repräsentativen Mechanismen betreffe auch die Medien. Sie sieht Bolz auch das Fernsehen nicht mehr als das Medium an und konstatiert eine Überschätzung seitens der Medien und seitens der Politik.

Neue Medien hätten längst einen neuen Umgang der Öffentlichkeit mit der Politik bewirkt. Daher plädiert Bolz für Pluralität und Medienvielfalt, und warnt vor einem Ausspielen der Medien gegen einander. Denn die Medienvielfalt garantiere eine Balance der vielen Mächte: "Nichts ist unwahrscheinlicher, als Faschismus, dass das nochmals passiert!"

Agnieszka Dzierzbicka, science.ORF.at
->   Konrad-Paul Liessmanns Beiträge in science.ORF.at
->   Norbert Bolz
 
 
 
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01.01.2010