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Uni-Reform: "Vertragsbruch" der Regierung?  
  "Vertragsbruch" wirft die Hochschullehrer-Gewerkschaft der Regierung vor. Im Zuge der Universitätsreform seien Zusagen nicht eingehalten worden - so unter anderem die vorzeitige Besetzung von 500 Professoren-Stellen. Die ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek widerspricht dem heftig.  
"Es gibt keine Handschlagqualitäten bei dieser Regierung", kritisiert die Vorsitzende der Sektion Hochschullehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Andrea Kdolsky, im APA-Gespräch.
UG-Umsetzung soll ausgesetzt werden
Die Gewerkschaft fordert, die Umsetzung des Universitätsgesetzes (UG) bis nach der Nationalratswahl auszusetzen - ansonsten würden zu viele Ressourcen vergeudet.

Der Vorschlag, die Studiengebühren wieder abzuschaffen, sollte mit einem Vorschlag verbunden werden, wie die dadurch den Unis entgehenden Budgetanteile kompensiert werden könnten, hieß es in einer Aussendung.
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Diskussion um UG-Umsetzung
Vergangene Woche sprachen sich u.a. der Vorsitzende der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) und Rektor der Uni Wien, Georg Winckler, sowie der Rektor der Universität für Bodenkultur Leopold März gegen die Aufschiebung der UG-Umsetzung aus. Am Dienstag schloss sich nun Lothar Zechlin, der Rektor der Universität Graz, dieser Meinung an. SPÖ und Grüne hatten diese Absicht zuvor kundgetan, sie wollen Teile des Universitätsgesetzes - etwa die Einführung von Studiengebühren - rückgängig zu machen.
->   Mehr dazu in: Rektoren-Chef Winckler - "Das halten Unis nicht aus"
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Zwist um Vorzieh-Professuren ...
Als Beispiele für den "Vertragsbruch" nennt Kdolsky die Zusage der vorzeitigen Besetzung von 500 Professoren-Stellen im Zuge der Verhandlungen zum neuen Uni-Dienstrecht. Diese sei nach wie vor nicht erfüllt.

ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek reagierte auf diese Vorwürfe mit der prinzipiellen Festellung, dass "für die Finanzierung des Impulsprogramms 'Vorziehprofessuren' 21,80 Millionen Euro bereit stehen würden. Die ersten Anträge dafür seien bereits eingereicht worden, die Ausschreibung der Stellen durch die Universitäten erfolge zu Beginn des Jahres 2003.

Verbunden mit der Möglichkeit der Karenzierung aus dem definitiven Dienstverhältnis sei das "eine wirkliche Chance für den akademischen Mittelbau", so Brinek in einer Aussendung.
... Ärzte-Arbeitszeit und Pensionskassa
Ein weiterer Kritikpunkt der Hochschullehrer-Gewerkschaft: Auch der Kompromiss bei der Verlängerung der Betriebsvereinbarung über die Ärzte-Arbeitszeit an den Uni-Kliniken habe nicht gehalten - die dafür versprochenen Gelder (Kliniker-Zulage von 109 Euro monatlich, Jungärzte in Facharztausbildung sollten weitere 254 Euro erhalten, Anm.) seien vom Finanzminister den Unis noch nicht überwiesen worden. "Das ist ein Wahnsinn, da gibt es schriftliche Zusagen", so Kdolsky.

Unzufrieden ist die Gewerkschaft auch mit der vorgelegten Pensionskassenregelung im Zuge der Umstellung vom Beamten- auf das Angestelltenrecht. Zwar sei das gewählte Modell prinzipiell durchaus brauchbar, die dabei eingesetzten Zahlen "stimmen aber nicht", so Kdolsky-Stellvertreter Herbert Sassik. Damit könne kein gleichwertiges Lebenseinkommen erzielt werden.

Brinek hofft auf konstruktive Gespräche

ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek meinte zu den Vorwürfen, dass aus dem zuständigen Beamtenministerium bereits ein Vorschlag für die Pensionskassenregelung übermittelt worden sei. Sie hoffe, dass nun die GÖD in konstruktive Gespräche mit dem Beamtenministerium eintreten werde.

Die angesprochene Erhöhung der Gehälter der Jungärzte und die Anhebung der Klinikerzulage sei bereits gesetzlich umgesetzt. Die Auszahlung der Gelder werde in den kommenden Wochen erfolgen, so Brinek.
Kein Vertrauen in Parteien
Vorsichtig ist Kdolsky mit einzelnen Parteienaussagen zur Zukunft des UG. Grundsätzlich gehe man davon aus, dass die Ausgliederung "gegessen" sei, bei den Rahmenbedingungen wie Dienstrecht, Besoldung, Pensionskassen und der Besetzung der Uni-Organe werde man sich aber "massiv einbringen".

Derzeit sei allerdings auf Grund des Wahlkampfs "das Terrain für politische Zusagen nicht gegeben": "Wer immer mir derzeit was auch immer zusagt - als gelernte Österreicherin tendiere ich dazu, es nicht zu glauben."
"Unglaublicher Verlust von Ressourcen"
Von den Grünen und der SPÖ gebe es klare Signale, dass es bei einem Regierungswechsel beim UG zu Änderungen kommen werde, so Kdolsky. Es wäre daher ein "unglaublicher Verlust von Ressourcen", wenn nun erste Schritte zur Implementierung des UG gesetzt würden, die nachher eventuell wieder rückgängig gemacht werden könnten.

So sollte etwa die Wahl-Verordnung für die Gründungskonvente nicht erlassen werden. Die Gewerkschaft hat dem UG nicht zugestimmt und dies unter anderem mit dem Abbau der Mitbestimmung, der Schaffung der Medizin-Universitäten sowie fehlenden verbindlichen Zusagen zur Finanzierung der Mehrkosten begründet.
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Universitätsgesetz (UG) 2002
Mitte Juli war das Universitätsgesetz (UG) 2002 mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ beschlossen worden. Durch das UG werden alle österreichischen Universitäten per 1. Jänner 2004 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert und zu juristischen Personen des öffentlichen Rechts umgewandelt. Gleichzeitig wird die Mitbestimmung von Studierenden und Assistenten bzw. Dozenten eingeschränkt. Die Unis erhalten dreijährige Globalbudgets mit einer leistungsabhängigen Komponente, schließen mit dem Bildungsministerium Leistungsvereinbarungen ab und werden Arbeitgeber ihres Personals. Die Universitätsleitung besteht künftig aus dem - neu geschaffenen - Universitäts-Rat, dem Rektorat und dem Senat.
->   Die geplanten Änderungen ab dem Studienjahr 2002/03
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Zerschlagung des Universitätssystems
Generell ortete Kdolsky Tendenzen zur Zerschlagung des Universitätssystems. Dies habe mit der Einführung der Studiengebühren begonnen und sich mit der "Zerschlagung" des Mittelbaus durch das neue Dienstrecht im Vorjahr fortgesetzt.

Als dritte Stufe würde nun durch das UG die demokratische universitäre Struktur zerschlagen - mit Hilfe einiger Rektoren und Professoren, so Kdolsky. Allerdings würden letztere auf Grund der Pläne zur Forschungsreform von Infrastrukturministerminister Mathias Reichhold (FPÖ) offenbar auch "langsam nervös" - "die sind jetzt die letzten, die dran glauben müssen".
Auch Buko für UG-Aufschub
Ebenfalls für eine Aussetzung der Implementierung des UG tritt die Mittelbau-Vertretung Buko (Bundeskonferenz für das künstlerische und wissenschaftliche Personal) ein. Dies solle verhindern, dass es zu Diskontinuitäten und "im nachhinein teuren, aber gerechtfertigten Rücknahmen kommt", hieß es in einer Aussendung.
->   Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
->   Bundeskonferenz für das künstlerische und wissenschaftliche Personal
->   Österreichische Rektorenkonferenz
->   Dokumente zur Universitätenreform (Bildungsministerium)
->   Bildungsministerium
->   ÖVP
->   science.ORF.at-Archiv zur Uni-Reform
 
 
 
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01.01.2010