News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Historikertag: Neue Aspekte der NS-Zwangsarbeit  
  Forschungsergebnisse zur Zwangsarbeit unter dem NS-Regime bilden eines der hochaktuellen Themen des 23. Österreichischen Historikertages, der diese Woche in Salzburg stattfindet.  
Die Leistungsschau der heimischen Geschichtswissenschaft ist zur Gänze dem Thema "Mensch und Arbeit" in allen Epochen gewidmet. Umso eindrucksvoller lässt sich vergleichen, was Zwangsarbeit in totalitären Regimes wie dem Nationalsozialismus von allen anderen Formen der Sklavenarbeit unterscheidet.
Sklavenhaltung: Wertschöpfung als Ziel
Gesellschaften, die Sklaven halten, hat es immer gegeben, sagt der Linzer Geschichtswissenschaftler Roman Sandgruber, Österreichs führender Wirtschaftshistoriker. Frondienst und Zwangsausbeutung hatten indes immer das Ziel der Wertschöpfung: Die Sklaven brachten Erträge - das war ihre Aufgabe als menschliches Kapital.
Totalitäre Systeme: Vernichtung durch Arbeit
Totalitäre Systeme - die Sowjetunion und China etwa - hätten hingegen den Hang zur Vernichtung durch Arbeit. Der Nationalsozialismus folgte hier noch zusätzlich seinem rassistischen Gebot: In den Konzentrationslagern sollten die Menschen buchstäblich an der Zwangsarbeit zugrunde gehen.
...
Deportation "Fremdrassiger" zur Zwangsarbeit
Wie in so vielen Bereichen handelte das NS-Regime auch hier widersprüchlich: So genannte "Fremdrassige" wurden aus den besetzten Gebieten in rein deutsche Gebiete zur Zwangsarbeit deportiert. Zu enger Kontakt mit der Bevölkerung war beiden Seiten bei strengen Strafen verboten.
...
Bericht der österreichischen Historikerkommission
Viel zu spät und eher symbolisch hat die Politik in unseren Tagen dieser Zwangsarbeiter gedacht. Dennoch wurde in den letzten Jahren viel darüber geforscht - demnächst soll die einschlägige Historikerkommission der Bundesregierung ihren Bericht vorlegen.

Darunter viele Einzelstudien über die Verwicklung von Firmen, sagt Roman Sandgruber: "Etwa bei der VA Stahl, bei Böhler oder bei Lenzing, aber auch im Fall gewisser Städte wie Wien oder Linz. Dazu kommen noch Einzelstudien über das Schicksal von Zwangsarbeiterinnen."
Historische Forschung noch lange nicht am Ende
Wenn auch eine international anerkannte politische Lösung gefunden wurde, ist die historische Forschung zur Zwangsarbeit noch lange nicht am Ende, meint Sandgruber - vieles ist noch nicht hinlänglich dokumentiert.

"Wir wissen zum Beispiel nicht sehr viel über Zwangsarbeiter als Dienstboten in privaten Haushalten, weil es kaum überlieferte Quellen gibt, oder über die Arbeitserziehungslager, die Augenzeugen oft grässlicher als die Konzentrationslager beschrieben haben. Auch hier sind die Quellen dürftig."
Eine Aufgabe für den Nachwuchs
So ist eine Lehre dieses Österreichischen Historikertages, dass auch Epochen, die seit Jahren breit und öffentlich "aufgearbeitet" werden, nach wie vor unerforschte Nischen aufweisen. Sie zu erhellen ist Aufgabe nüchterner Wissenschaftler - auch und vor allem des Historikernachwuchses.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft
->   23. Österreichischer Historikertag - Programm
->   science.ORF.at: Historikertag - Schwerpunkt Arbeitswelt
...
Ein Bericht vom 23. Historikertag ist in der Sendereihe "Dimensionen" am 30.9. um 19.00 Uhr im Programm Österreich 1 zu hören.
->   Radio Österreich 1
...
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010