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Neue Art von "pflanzlichem Vampirismus"  
  Um die Photosynthese und damit ihr Überleben zu sichern, geht eine Mehrheit der höheren Pflanzen Symbiosen mit umgebenden Pilzen ein. Manche von ihnen haben die Fähigkeit zum pflanzlichen Stoffwechsel aber verloren und entwenden deshalb die Produkte fremder Pilze. Ein internationals Forscherteam hat nun eine neue Form dieses "pflanzlichen Vampirismus" in den Wäldern Südamerikas entdeckt.  
Martin Bidartando von der Universität Berkeley in Kalifornien und sein Team haben diese neue Gruppe der Parasiten entdeckt. In der aktuellen Ausgabe von "Nature" beschreiben sie, wie sie ihnen mit Methoden der DNA-Analyse auf die Schliche gekommen sind.
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Der Original-Artikel ist in der "Nature"-Ausgabe vom 26.9.2002 (Bd. 419, 389 - 392) unter dem Titel "Epiparasitic plants specialized on arbuscular mycorrhizal fungi" erschienen.
->   Zum Artikel (kostenpflichtig)
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Mineralien-Zufuhr durch Pilze
Die meisten grünen Pflanzen betreiben Photosynthese, indem sie mit Hilfe der Sonnenenergie Kohlendioxid und Wasser in Zucker und Stärke umwandeln.

Zusätzlich haben sie dafür aber auch noch Bedarf an anorganischen Mineralstoffen, die sie für gewöhnlich mit ihren Wurzeln aus dem Boden beziehen - und zwar mit Hilfe von Pilzen, die sie umgeben.
Mykorrhiza: Erfolgreiche Symbiose
Bei der Mykorrhiza genannten Symbiose von Pilzen mit Pflanzenwurzeln werden Mineralien mit Kohlehydraten getauscht. Die Pilze liefern die Mineralstoffe, die Planzen die Kohlehydrate.

Ohne diese gelungenen Zusammenarbeit wäre der Beginn pflanzlichen Lebens an Land vor mehr als 400 Millionen Jahren nicht möglich gewesen. Heute profitieren ca. 80 Prozent aller Pflanzenarten vom Zusammenleben mit verschiedenen Pilzen in ihren Wurzeln.
400 Arten von Epiparasiten
So sehr diese Symbiose fruchtbar für beide ist, so sehr kann sie von dritter Seite ausgenutzt werden. Etwa 400 Arten grüner Planzen, die die Fähigkeit der Photosynthese verloren haben, beuten die Mykorrhiza-Pilze ihrer Nachbarn aus. Vampir-ähnlich saugen diese Epiparasiten am Lebenssaft ihrer Nächsten.
Ektomykorrhiza und ...
Bisher betrafen alle bekannte Fälle dieses pflanzlichen "Vampirismus" die so genannte Ektomykorrhiza - einer Mykorrhizaform, bei der der Pilz nicht in die Wurzel eindringt, sondern sie mit einem dichten Hyphennetz umspinnt. Zu den entsprechenden Pilzen zählen Arten wie Eierschwammerln oder Trüffel.
... arbuskulären Mykorrhiza
Etwa 70 Prozent der Mykorrhiza gehören aber zu einer anderen Gruppe, die so genannten arbuskulären Mykorrhiza-Pilze, die vollständig innerhalb der Pflanzenwurzeln leben. Bei ihnen hatte man bisher keine Form des Parasitismus beobachten können. Genau dies ist dem Team um Martin Bidartando aber nun bei zwei Pflanzen in Südamerika gelungen.
Orchideenverwandte, die Buchen anzapft
Im ersten Fall handelt es sich um Arachnitis uniflora, eine Orchideenverwandte, die als Epiparasit von Bäumen in den Wäldern der gemäßigten Klimazone Argentiniens wächst. Sie benutzt einige wenige Mykorrhizae, um die umliegenden Bäume "anzuzapfen", darunter eine Buchenart.
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Das Team um Bidartando entdeckte in den Wurzeln der Arachnitis uniflora DNA-Spuren, die von Pilzen aus der Ordnung Glomales stammen. Diese Pilze bilden arbuskuläre Mykorrhizen.
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Weitere Fälle wahrscheinlich
Beim anderen Fall handelt es sich um so genannte Voyria und Voyriella, Verwandte des Enzians, die im Regenwald von Französisch Guyana vorkommen. Auch diese beuten ihre Umgebung nur mittels einiger weniger Mycorrhizae-Pilze aus - Spezialisierung ist ein wesentliches Kennzeichen erfolgreicher Parasiten.

Nach Ansicht der Forscher dürfte es noch eine Reihe weiterer Fälle von arbuskulären Mykorrhiza geben, die bisher unentdeckt blieben.
->   Mehr über Mykorrhiza
->   Nature
 
 
 
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01.01.2010