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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wetterkapriolen: Die unterschätzte Rolle von Ruß  
  Hochwasserkatastrophen haben in diesem Sommer nicht nur Österreich und weite Teile Europas heimgesucht. Besonders stark war auch China betroffen, wo mindestens 1.000 Menschen in den Fluten umkamen. Dass an den Wetterkapriolen die Erderwärmung beteiligt ist, darüber sind sich die meisten Klimaexperten einig. Amerikanische Forscher meinen nun, dass die Bedeutung von Rußpartikeln in der Atmosphäre dabei bisher unterschätzt wurde - und die Wetterprobleme in China zum Teil hausgemacht sind.  
Umweltschutz als politische Frage?
Klimaschutz ist nicht zuletzt auch eine politische Frage. Mit dem Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll, das unter anderem eine Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen vorsah, haben sich die USA unter Umweltschützern nicht gerade Freunde gemacht.

Die nun veröffentlichten Studien in "Science" meinen jedenfalls, dass Rußpartikel einen weit höheren Anteil am globalen Treibhauseffekt haben als bisher angenommen. Damit verbunden wäre eine stärkere Verantwortung von ökonomischen Schwellenländern wie China oder Indien - und eine geringere der USA.
Deutlichste Wetterveränderungen seit 950 Jahren
Die entsprechende Klimastudie der NASA hat große Mengen von Rußteilchen und anderen so genannten Aerosolen über China festgestellt, die für die in den letzten Jahren abnormen Wettererscheinungen - Überschwemmungen und Dürreperioden - zumindest teilweise verantwortlich sein können. Die Wetteränderungen sind nach Auskunft der Experten die deutlichsten seit 950 Jahren.
Partikel absorbieren Sonnenlicht und heizen auf
Nach Ansicht von Surabi Menon von der Columbia Universität und James Hansen vom Goddard Institute for Space Studies der NASA beeinflussen die kleinen Kohleteilchen das regionale Klima, indem sie Sonnenlicht absorbieren, die Luft aufheizen und dadurch die Atmosphärenzirkulation und den Wasserkreislauf verändern.
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Die Original-Studie ist unter dem Titel "Climate Effects of Black Carbon Aerosols in China and India " in "Science" vom 27.9.2002 (Bd. 297, S. 2250) erschienen.
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46 Klimastationen
Mit dem Datenmaterial zu Aerosolen von 46 Klimastationen in China stellten Menon und Hansen vier Modelle von Computersimulationen her, die die Auswirkungen des Rußes auf den Wasserkreislauf über Indien und China überwachten.

Die Daten zu den Aerosolen stammten von Yunfeng Luo, einem Ko-Autor der Studie, der am Institut für Atmosphärische Physik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften arbeitet.
Herausfiltern bestimmter Faktoren
In den vier Simulationen isolierten Menon und Hansen bestimmte Faktoren wie die Oberflächentemperatur der Meere, andere Treibhausgase sowie Aerosole und analysierten, ob Veränderungen dieser Faktoren auch für Änderungen im Wasserkreislauf verantwortlich waren.
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Aerosole
Aerosole sind mikroskopisch kleine Partikel von Schadstoffen fester oder flüssiger Beschaffenheit wie Ruß, Salze, Staub und anderen Nebenprodukte der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Vegetation. Feste Schwebstoffe erzeugen Rauch (z. B. Zigarettenrauch), flüssige dagegen Nebel. Sie sind potenziell besonders gefährlich, da sie bis ins Innere der Lunge vordringen und sich in den Bronchiolen und Bronchien anlagern.

Ein ständig zunehmender Gebrauch von Aerosoldosen (Sprühdosen zur feinsten Verteilung von z.B. kosmetischen Produkten mit Hilfe eines Treibmittels) und die damit verbundene Konzentrationszunahme an Treibgasen in der Atmosphäre könnten sich langfristig zerstörend auf die Ozonschicht und damit gefährdend auf das Leben auf der Erde auswirken.
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Ruß mit zwei unliebsamen Konsequenzen
Den größten Effekt zeigten laut Studie die erhöhten Mengen an Ruß über dem südlichen China. Und zwar sowohl was die jüngsten Überschwemmungen im südlichen China als auch was die Trockenperioden, die den Norden des Landes seit einigen Jahren heimgesucht haben, betrifft.
Unkomplette Verbrennung
Ruß-Emissionen sind nach Angaben der US-Wissenschaftler speziell in China und Indien sehr hoch, da hier vor allem mit Holz, Kohle und Kuhdünger gekocht und geheizt wird - und zwar bei niedrigen Temperaturen, was deren komplette Verbrennung verhindert.

Sobald die Schwebeteilchen in der Luft Sonnenlicht absorbiert haben, heizt es die Umgebung auf und reduziert die Menge an Licht, die den Erdboden erreicht. Die erhitzte Atmosphäre wird instabiler, steigende Luft begünstigt die Bildung von Wolken, die Regenfälle in die besonders stark verschmutzten Regionen bringen.
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Ruß
Ruß ist eine Erscheinungsform des Kohlenstoffs, die sich bei unvollständiger Verbrennung bzw. der thermischen Spaltung von dampfförmigen kohlenstoffhaltigen Substanzen bildet, z.B. bei der unvollständigen Verbrennung von Dieselkraftstoff in schlecht eingestellten Motoren oder als Schornsteinruß an Feuerstellen. Ruß stammt aus industrieller Verschmutzung, dem Verkehr, großflächigen Feuern und Hausbrand.
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Konvektion und Subsidenz
Die Zunahme dieser so genannten Konvektionsströmungen in Südchina wird durch verstärkt sinkende Luftströmungen (Subsidenz) und Trockenheit in Nordchina "ausgeglichen". Wenn die Luft sinkt, können sich die für Regenfälle nötigen Wolken schwerer bilden. In Wüstengegenden herrscht beispielsweise Subsidenz vor.
Zwei-Phasen-Modell für Umweltschutz
In einem begleitenden Report von "Science" stellen Michael Bergin, Atmosphärenforscher des Georgia Institute of Technology, und Kollegen folgende Überlegungen auf: Da Rußpartikel eine relativ kurze Lebensspanne in der Atmosphäre haben, könnten erfolgreiche Kontrollen ihre Auswirkungen innerhalb weniger Monate oder Jahre verringern.

Kohlendioxid hingegen bleibt viele hundert Jahre in der Atmosphäre, was die Überprüfung seiner Reduktion erst in einigen Generationen ermöglichen werde, so Bergin. Deswegen schlagen er und sein Team ein Zwei-Phasen-Modell des Umweltschutzes vor: kurzfristige Maßnahmen zur Kontrolle von Rußpartikeln - und längerfristige, was das Kohlendioxid betrifft.
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Die Original-Studie ist unter dem Titel "Enhanced: Soot Takes Center Stage" in "Science" vom 27.9.2002 (Bd. 297, S.2214-2215) erschienen.
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Schwellenländer "in die Pflicht nehmen"
Des weiteren führen Bergin und seine Kollegen aus, dass Rußemissionen in erster Linie von Schwellenländern wie China oder Indien stammen, deren Ökonomie sich erst auf "Westniveau" entwickle. Sollten sie für die Erderwärmung tatsächlich eine stärkere Rolle spielen, würde 'der Druck zu Umweltschutz auf diese Länder größer.

Dies sei umso wichtiger, da die Reduktionsbemühungen auch unmittelbare Verbesserungen für die menschliche Gesundheit mit sich bringen könnte. Denn Feinstaub - also Partikel unter 2,5 Mikrometer - wie z.B. Ruß seien auch für eine Reihe von Lungenerkrankungen verantwortlich.
->   Georgia Institute of Technology
->   Goddard Institute for Space Studies
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Die weltweite Reise der Luftverschmutzer
->   Feinstaub-Teilchen gefährlicher als bisher gedacht
->   Neuer Filter beseitigt Dieselruß fast vollständig
->   Ruß: Hauptverursacher der Erderwärmung
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Science Event zum "Klimawandel" in Österreich
Mit den globalen Klimaschwankungen und den österreichischen Vorbereitungen auf den Klimawandel beschäftigt sich am 7.11. ein "Science Event" im RadioKultuhaus, bei dem auch "AustroClim", eine neue österreichische Forschungsinitiative präsentiert wird.
->   Mehr über die Veranstaltung
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01.01.2010