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Protein zur Zellteilungs-Kontrolle entdeckt  
  Pro Sekunde ereignen sich im menschlichen Organismus mehrere Millionen Zellteilungen - Kontroll-Mechanismen sorgen dabei für einen reibungslosen Ablauf. Ein dafür wichtiges Protein konnte nun identifiziert werden.  
Die Wissenschaftler um Erich Nigg vom Max-Planck-Institut für Biochemie haben ein Protein entdeckt, das integrativer Bestandteil des so genannten "Spindel-Checkpoints" ist. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Science" publiziert.
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"Role of Hec1 in Spindle Checkpoint Signaling"
Der Artikel "Role of Hec1 in Spindle Checkpoint Signaling and Kinetochore Recruitment of Mad1/Mad2" von Silvia Martin-Lluesma, Volker Stucke und Erich Nigg ist erschienen in "Science", Bd. 297, Nr. 5590, Seiten 2267-2270, vom 27. September 2002.
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Kontrolle statt Tumorbildung
In allen Lebewesen verfügen Zellen über entsprechende Kontrollmechanismen im Rahmen der Zellteilung. Werden diese außer Kraft gesetzt, so kommt es häufig zur Tumorbildung. Das Max-Planck-Forscherteam hat nun ein Kontrollelement entdeckt:

Wird das Protein, von den Wissenschaftlern Hec1 genannt, zusammen mit anderen Kontrollelementen inaktiviert, so kommt es zu dramatischen Fehlern bei der Zellteilung.
Hintergrund: Mitose - kontrollierte Zellteilung
Ein Mensch besteht aus rund 100.000 Milliarden Zellen. Viele haben nur eine kurze Lebensdauer und müssen ständig ersetzt werden: So werden im menschlichen Körper jede Sekunde rund drei Millionen Blutzellen neu gebildet. Ohne kontrollierte Zellteilung, die so genannten Mitose, wäre das nicht möglich.

Während der Mitose muss die gesamte genetische Information, die DNA, zu gleichen Teilen an die Tochterzellen weitergegeben werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass jede der beiden neu entstehenden Zellen nur eine einzige Kopie von jedem der 23 menschlichen Chromosomenpaare erhält.
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Details zur Zellteilung: Der Kernspindelapparat
Dafür wird zu Beginn der Mitose der so genannte Kernspindelapparat aufgebaut, der aus einem Netzwerk an Fäden, den Mikrotubuli, besteht. Nur mit ihrer Hilfe können die Chromosomenhälften - auch Schwesterchromatiden genannt - bei der Zellteilung voneinander getrennt werden; dabei bewegen sie sich zu den entgegengesetzten Zellpolen und werden so auf die zwei sich bildenden Tochterzellen verteilt. Sind einzelne Chromatiden nicht gebunden, kommt es zu einer ungleichmäßigen Verteilung, was fatale Folgen für den Organismus haben kann.
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"Spindel-Checkpoint" verzögert Trennung
Um Fehler bei der Verteilung des Erbgutes zu vermeiden, verfügt die Zelle über ein entsprechendes Kontrollsystem: Der so genannte "Spindel-Checkpoint" verzögert die Trennung der Chromosomenhälften solange bis sie alle mit bestimmten "Helfern" - den Mikrotubuli - verknüpft sind.

Diese wiederum werden durch spezifische Andockstrukturen - die so genannten Kinetochore - einfangen und stabilisieren. Erst die Verknüpfung des letzten Kinetochors mit Mikrotubuli führt, so vermuten die Wissenschaftler, zum Erlöschen des blockierenden "Spindel-Checkpoint"-Signals und zur Freigabe des weiteren Mitoseablaufs.
Fehlt das Protein, wird die Mitose unterbrochen
Bild: Silvia Martin-Lluesma, Max-Planck-Institut für Biochemie
Eine Zelle in einem frühen Mitosestadium: Die Chromosomen (blau) sammeln sich in der Mitte zwischen den Zellpolen, die Mikrotubuli (grün) beginnen, an die Kinetochoren zu binden. Hec1 (rot) ist eine Komponente des "Spindel-Checkpoints" und an den Kinetochoren lokalisiert.
Die Max-Planck-Wissenschaftler haben nun neue Einblicke in die Funktionsweise des "Spindel-Checkpoints" in menschlichen Zellen gewonnen. Sie konnten zeigen, dass Hec1 für die Verknüpfung bestimmter Enzyme notwendig ist.

Das Fehlen dieses Proteins verhindert demnach die Ansammlung der Chromosomen in der Mitte zwischen den Zellpolen und verursacht damit eine dauerhafte Aktivierung des "Spindel-Checkpoints" - die Zelle verharrt in einem bestimmten Mitosestadium, der weitere Ablauf ist zunächst unterbrochen.

Das Fehlen von Hec1 und eínem weiteren Proteinkomplex führt sogar zu einem katastrophalen Ausstieg aus dem gesamten Mitoseprogramm.
Möglicher neuer Ansatz für Krebstherapie
Diese Erkenntnis, zusammen mit der Hypothese, dass in vielen Krebszellen vermutlich der "Spindel-Checkpoint" in seiner Funktion beeinträchtigt ist, macht Hec1 zu einem attraktiven Ansatzpunkt für weitere Forschungen.

Nach Ansicht der Forscher ist das Protein ein "medizinisches Target", um ganz gezielt jene Zellen zu entfernen, die Defekte im "Spindel-Checkpoint" aufweisen. Das könnte, so die Wissenschaftler, ein neuer Ansatz für eine Krebstherapie sein.
->   Max-Planck-Institut für Biochemie
->   Abteilung für Zellbiologie
 
 
 
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01.01.2010