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Schlüssel zur HIV-Impfung?  
  Die Medizin scheint einer erfolgreichen HIV-Impfung einen Schritt näher gerückt: Amerikanische Wissenschaftler untersuchten die körperlichen Eigenheiten von jenen seltenen HIV-infizierten Patienten, bei denen die Immunschwächekrankheit AIDS nicht zum Ausbruch kommt. Das Ergebnis: Bestimmte Immunzellen teilen und vermehren sich besser, als dies bei "normalen" Kranken der Fall ist.  
Wissenschaftler der amerikanischen National Institutes of Health (NIH) haben dem Verständnis der HIV-Immunität einen weiteren Baustein hinzugefügt. Menschen, die trotz einer HIV-Infektion keine AIDS-Symptome entwickeln, sind aufgrund einer immunologischen Besonderheit gegen den tückischen Erreger geschützt:

Ihre so genannten CD8+ T-Zellen vermehren sich besser und produzieren zudem große Mengen eines bestimmten Abwehr-Proteins. Eine zukünftige Impfung sollte genau diese Eigenschaft auf AIDS-Patienten übertragen.
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"HIV-specific CD8+ T cell proliferation"
Der Artikel "HIV-specific CD8+ T cell proliferation is coupled to perforin expression and is maintained in nonprogressors" von Stephen A. Migueles, Mark Connors und Mitarbeitern erscheint in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature Immunology" (DOI: 10.1038/ni845).
->   Nature Immunology
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HIV und AIDS in der Umgangssprache
In der Umgangssprache werden die Begriffe "HIV" und "AIDS" oft synonym verwendet. Aus medizinischer Sicht hat die Unterscheidung jedoch gute Gründe: Während "HIV" nur den gefährlichen HI-Virus bezeichnet, umfasst der Begriff "AIDS" die Symptome der ausgebrochenen Immunschwäche-Krankheit.
Infektion ist nicht gleich Erkrankung
Dass eine HIV-Infektion nicht automatisch eine AIDS-Erkrankung nach sich ziehen muss, zeigt eine seltene Gruppe von HIV-Infizierten, die im Fachjargon als "long term nonprogressors" bezeichnet werden.

Bei diesen Patienten kommt es trotz der Infektion nicht zum Ausbruch von AIDS. Daher ist es naheliegend, dass Mediziner und Biologen vor allem beim solchen Personen nach dem Schlüssel zu einer erfolgreichen HIV-Impfung suchten.
Proteine schützen vor AIDS
Wie science.ORF.at berichtete, wurde kürzlich ein molekulares Ziel identifiziert, das als Ansatzpunkt für die Entwicklung einer Impfung geeignet wäre. Wissenschaftler des Aaron Diamond Aids Research Center, New York, konnten zeigen, dass die erwähnten "nonprogressors" ihre Resistenz bestimmten Proteinen (so genannten Alpha-Defensinen) verdanken.
->   Ursache für Aids-Immunität entdeckt?
Dem Geheimnis der Immunität auf der Spur
Dieses Ergebnis mag optimistisch stimmen, die ganze Wahrheit ist es allerdings nicht. Wie eine Arbeitsgruppe um Mark Connors von den National Institutes of Health nun nachwies, scheint auch eine andere Eigenschaft für die natürliche HIV-Resistenz verantwortlich zu sein.

Ziel der molekularen Spurensuche waren spezielle Immunzellen, die in der Fachsprache der Immunologen als "CD8+ T-Zellen" bezeichnet werden.
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CD8+ T-Zellen
Um der großen Zahl an verschiedenen Immunzellen Herr zu werden, verwenden die Immunologen ein ganz spezielles Codierungssystem. Im Fall der CD8+ T-Zellen handelt es sich zunächst ganz um so genannte T-Lymphozyten. ("T" steht für einen Reifungsort dieser Zellen, die Thymusdrüse). Das Kürzel "CD" steht wörtlich für "clusters of differentiation" und bezeichnet Oberflächenmoleküle, die eine bestimmte Zellgruppe auszeichnen.

"CD8+" bedeutet also, dass diese Abwehrzellen durch den CD8-Marker von anderen (z.B. CD4-Zellen) unterschieden werden können. Die Unterscheidung geht auch mit unterschiedlichen biochemischen Funktionen dieser Zelltypen einher.
->   Mehr Infos zu diesem Thema
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Bisherige Meinung widerlegt
Früher war man der Meinung, dass HIV-Infizierte unter anderem deswegen dem HI-Virus schutzlos ausgeliefert wären, weil diese zu wenige CD8+ T-Zellen produzierten. Diese Meinung konnte nun widerlegt werden. Mark Connors und seine Mitarbeiter verglichen 40 HIV-Infizierte mit 15 "nonprogressors".

Hier zeigte sich, dass es nicht auf die Anzahl der CD8+ T-Zellen ankommt: Die Zahl der betreffenden Zellen war in beiden Gruppen gleich.
Abwehrzellen teilen sich effizienter
Allerdings unterschieden sich die CD8+ T-Zellen in einer anderen Hinsicht: Bei den Patienten mit natürlicher Immunität teilten und vermehrten sich die Abwehrzellen viel effizienter. Zudem produzierten diese höhere Mengen eines Proteins mit dem Namen "Perforin". Dieses spielt bei der Abwehr des HI-Virus eine Schlüsselrolle.
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Perforin
Perforin ist ein porenbildendes Protein, das in Abwehrzellen des Immunsystems (z.B. in so genannten "cytotoxischen T-Lymphocyten") vorkommt. Es bildet in der Membran einer (z.B. HIV-infizierten) Zielzelle kleine Öffnungen (Durchmesser 5-16 nm), worauf eiweißspaltende Enzyme eindringen können, was wiederum zur Zerstörung der Zielzelle führt.
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Ansatzpunkt für Impfungen
Die Forscher versuchen nun herauszufinden, warum sich die CD8+ T-Zellen der "durchschnittlichen" HI-Patienten nicht so wirkungsvoll vermehren. Eine etwaige Impfung sollte natürlich genau an diesem Punkt ansetzten:

"Idealer Weise sollte ein Impfstoff genau diese fehlende Vermehrungsfähigkeit verhindern", kommentiert Studienautor Mark Connors die neuen Erkenntnisse mit Blick auf zukünftige Anwendungen.
->   National Institutes of Health
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01.01.2010