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Wasserstoffbombe: Vor 50 Jahren erstmals gezündet  
  Am 1. November 1952 zündeten die USA auf einem Atoll der Marshall-Inseln im Pazifik die erste Wasserstoffbombe. Der Sprengsatz mit der Bezeichnung "Mike" war mit 10 Megatonnen 700 Mal so stark wie die Atombombe von Hiroshima. Die Insel Elugelab verschwand spurlos, an ihrer Stelle klafft unter Wasser ein kilometerbreiter Krater.  
Der Atompilz über dem Eniwetok-Atoll vor 50 Jahren gehört zum kollektiven Gedächtnis. Weltbekannt wurden die Aufnahmen, die aus einem Flugzeug über dem neun Quadratkilometer großen Eiland im Pazifik gedreht wurden.

Mit ungeheurer Wucht und Hitze riss die erste Wasserstoffbombe Luft, Erde, Staub und Wasser in einem Strang in große Höhe, wo sich die Wolke abkühlte und zu dem typischen Atompilz ausbreitete.

Die Macht der neuen Bombe übertraf sogar die Kalkulationen der Wissenschaftler. Nur Monate später, am 12. August 1953, explodierte die erste sowjetische H-Bombe.
Bau der Wasserstoffbombe zunächst umstritten
Der Bau der neuartigen Fusions- oder Wasserstoffbombe war in den USA zunächst heftig umstritten. Der "Vater der Atombombe", J. Robert Oppenheimer, sowie zahlreiche andere Wissenschaftler und Militärs hatten vor der Superwaffe gewarnt.

Sie schaffe eine völlig neue Dimension der Zerstörungsgewalt, die sogar die Vernichtung der gesamten Menschheit ermöglichen werde.

"Die Forscher haben sich damals gefürchtet, dass die Zündung in der Atmosphäre weiterläuft, wo es bekanntlich auch Wasserstoff in Form von Wasser gibt. Durch die Rechnungen konnte man das theoretisch ausschließen, aber ein wenig Angst ist geblieben", sagt der Vorstand am Österreichischen Atominstitut in Wien Helmut Rauch
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Die Wasserstoffbombe
Bei der Wasserstoffbombe entsteht die verheerende Explosion nicht wie bei der Atombombe durch die Spaltung schwerer Atomkerne sondern durch die Fusion leichter Atome. Der physikalische Prozess entspricht der "Verbrennung" von Wasserstoff zu Helium auf der Sonne, bei der gewaltige Energien in Form von Gamma-, Licht- und Wärmestrahlung frei wird. Die für die Fusion notwendige extreme Temperatur wird durch eine kleine Atombombe ausgelöst, die sich in der H-Bombe befindet. Die Fusionsbombe ist billiger und "sauberer" als die Atombombe, da weniger Radioaktivität freigesetzt wird.
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"Falken" setzen sich durch
Oppenheimer und anderen Physikern war bei den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki klar geworden, welch furchtbare Waffe sie gebaut hatten. Doch die "Falken" in Washington setzten sich durch.

Präsident Harry Truman verfügte im Jänner 1950: "Als Oberbefehlshaber muss ich dafür sorgen, dass sich unser Land gegen jeden möglichen Feind verteidigen kann. Ich habe daher die Atomenergiebehörde angewiesen, an allen Nuklearwaffen weiterzubauen, einschließlich der Wasserstoffbombe".
Verteidigung als oberste Priorität
Oppenheimer wurde als Pazifist und Linker gebrandmarkt und aus dem nationalen Nuklearprogramm entlassen.

"Man hat eben damals auf Verteidigung besonderen Wert gelegt. Obwohl ich mich selbst von der Entwicklung von nuklearen Waffensystemen distanzieren möchte, kann ich verstehen, dass dieser Verteidigungsdrang vielleicht wichtig war. Ich denke, niemand in Europa kann sagen, ob wir den Kalten Krieg heil überstanden hätten, wenn es diese atomare Abschreckung nicht gegeben hätte. Vielleicht ist die Welt nur deshalb in dieser Phase stabil geblieben. Ich denke da auch z.B. an die Kubakrise", meint Rauch.
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Die Atombombe
Die ersten Atombomben bestanden aus angereichertem Uran oder waffenfähigem Plutonium. Bei der Explosion werden die schweren Atomkerne gespalten und dabei Neutronen freigesetzt - das sind elektrisch neutrale Elementarteilchen im Kern des Atoms. Diese Neutronen wiederum prallen auf andere Kerne und spalten diese. Diese verheerende Kettenreaktion setzt innerhalb von Millionstel-Sekunden ungeheure Energien frei und lässt Temperaturen von mehreren Millionen Grad entstehen.
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Die Väter der Fusionsbombe
Der Physiker Edward Teller und der Mathematiker Stanislaw Ulam wurden zu den Vätern der neuen Fusionsbombe, die - wie bereits die Atombombe - im streng geheimem Labor auf dem Hügel von Los Alamos in New Mexico entstand.

Als Edward Teller 1952 vom geglückten Fusionsversuch im Pazifik hörte, soll er überglücklich ausgerufen haben: "It's a boy! (es ist ein Junge)".
Die Wasserstoffbombe der Zukunft
"Technisch geht es derzeit sicher darum, dass man eine Wasserstoffbombe zünden kann, ohne vorher eine Atombombe zu zünden. Da gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die sich hauptsächlich mit dem Einsatz von intensiven Laserstrahlen befassen. Das wäre dann eine etwas 'sauberere Nuklearwaffe', wenn es so etwas überhaupt gibt", meint Rauch.
Bisher keine Entschädigung für die Inselbewohner
Ein halbes Jahrhundert später kämpfen die Einwohner des Eniwetok-Atoll noch immer um Entschädigung. Ein riesiger Krater auf dem Atoll der Marshall-Inseln zeugt auch heute noch von der Gewalt der Explosion. Die Hälfte des Atolls ist noch immer nicht sicher für die Bewohner. Doch der US-Kongress schweigt.

"Solange die US-Regierung nicht für eine richtige Säuberung des ganzen Landes zahle und die Menschen für ihre Mühsal im Exil entschädige, sei die Zukunft der Bewohner ungewiss", sagt der örtliche Staatsanwalt Davor Pevec.
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Die Neutronenbombe
Eine Neutronenbombe wirkt fast nur durch ihre Neutronenstrahlung, die große biologische Schäden hervorruft. Sie zerstört also weder Waffen noch Gebäude, aber alles Leben im Umkreis von etwa 1200 Meter - so weit reicht die tödliche Strahlung.
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Säuberung ohne fremde Hilfe nicht möglich
Ohne US-Hilfe sind die Insulaner laut Pevec der Aufgabe nicht gewachsen. Erst 1980 konnten die Menschen wieder die Südhälfte des Atolls besiedeln, nachdem das frühere Testgebiet mit Unterstützung der USA von den radioaktiven Rückständen gereinigt worden war.

Weitere 386 Millionen Dollar fordern die Bewohner Eniwetoks vom US-Kongress. Die Petition ist seit mehr als zwei Jahren unbeantwortet. Auf den Marshall-Inseln fanden insgesamt 42 Bombentests statt.
->   Atominstitut der Österreichischen Universitäten
 
 
 
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01.01.2010