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Cholesterin-Senker stoppt Multiple Sklerose  
  Trotz jahrzehntelanger Forschung gibt es nach wie vor kein Mittel, das Multiple Sklerose heilt. Nun aber lässt ein Wirkstoff hoffen, der bisher gegen zu hohe Blutfettwerte eingesetzt worden ist. Der Cholesterin-Senker Atorvastatin stoppte im Tierversuch ein Leiden, das der unheilbaren Nervenkrankheit ähnlich ist.  
Dies berichten Forscher um Sawsan Youssef von der Universität Stanford (US-Bundesstaat Kalifornien) im britischen Fachjournal "Nature".
Atorvastatin, ein Statin
In drei Testreihen habe der zur Gruppe der Statine gehörende Wirkstoff Entzündungen des Nervensystems verhindert und bestehende Symptome gebessert. Eine entsprechende Behandlung mit Atorvastatin, das auch in Österreich zugelassen ist, wird nun für Menschen getestet.
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Lipidsenker Sortis
In Österreich ist der Lipidsenker Atorvastatin bekannt als wirksamer Bestandteil des Medikaments "Sortis". Das Mittel senkt die Gesamtcholesterin- und die LDL-Cholesterinkonzentration ("low density lipoproteine") im Blut, indem es ein Schlüsselenzym der Cholesterinbiosynthese hemmt und die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Leber erhöht.
->   Mehr über Sortis
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MS: Fehlfunktion des Immunsystems
Multiple Sklerose wird nach bisherigen Erkenntnissen durch eine Fehlfunktion des Immunsystems ausgelöst. Anstatt den Körper nur vor Bakterien oder Viren zu schützen, greifen die so genannten T-Zellen auch den eigenen Organismus - konkret die Umhüllung der Nerven - an.

Atorvastatin scheint den Körpern dazu zu veranlassen, nicht mehr zerstörerischn T-Zellen zu produzieren, sondern solche, welche die Nervenentzündung bekämpfen.
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Multiple Sklerose
Multiple Sklerose ist die häufigste zur Behinderung führende Nervenkrankheit in Europa. Das Immunsystem ist dabei fehlgesteuert: Die Abwehrzellen verwechseln die Umhüllung der Nerven mit Krankheitserregern und greifen daher die Nervenisolierung (Myelinscheide) an. Wird dieses Myelin stark geschädigt, so kann es zur Narbenbildung (Sklerose) führen. Schlecht isolierte Nerven sind fehlerhaft in der Signalübertragung, Nervenimpulse breiten sich langsamer oder gar nicht mehr aus - mit katastrophalen Folgen für die MS-Patienten. Zwar wurden mittlerweile zahlreiche krankheitsauslösende Faktoren gefunden, was aber letztendlich eine MS auslöst, liegt weiterhin im Dunkeln. Nicht umsonst wird die MS auch "die Krankheit mit den tausend Gesichtern" genannt: Sie ist sowohl im Vergleich mehrerer Patienten miteinander als auch im Zeitverlauf bei einem Patienten oft sehr unterschiedlich ausgeprägt.
->   MS: Krankheit der tausend Gesichter
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Statine auch nach Herztransplantationen hilfreich
Statine hatten sich bereits nach Herztransplantationen als hilfreich erwiesen, um die Gefahr einer Abstoßung des neuen Organs durch das Immunsystem verringern. Auf Grund dieser Beobachtung erwarteten die Mediziner auch bei Multiple-Sklerose-Kranken einen positiven Effekt.

"Atorvastatin verändert die körpereigenen T-Lymphozyten so, dass sie nicht nur neutralisiert werden, sondern die entzündliche Reaktion mildern", erläutert Hartmut Wekerle vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei München die Wirkungsweise in einem begleitenden Kommentar in "Nature".
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Die Studie von Sawsan Youssef und Kollegen ist unter dem Titel "The HMG-CoA reductase inhibitor, atorvastatin, promotes a Th2 bias and reverses paralysis in central nervous system autoimmune disease" in der aktuellen Ausgabe von "Nature" (Bd. 420, S.78-85) erschienen.
->   Nature
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Wirkung auch bei Menschen?
Ob sich diese Beobachtung auch auf Menschen übertragen lasse, sei allerdings noch nicht mit Sicherheit zu sagen.

Anders als die spontan entstehende Multiple Sklerose bei Menschen werde die normalerweise als Modell für die Nervenentzündung benutzte experimentelle Autoimmun-Ezephalomyelitis (EAE) bei Mäusen gezielt ausgelöst. In jedem Fall würden noch Jahre vergehen, bevor ein entsprechendes Medikament auf den Markt käme.
Eine Million leidet weltweit unter MS
Weltweit leiden etwa eine Million Menschen an Multipler Sklerose. Betroffen sind vor allem Frauen. Typischerweise tritt das Nervenleiden erstmals im frühen Erwachsenenalter auf. Die Symptome können vielgestaltig sein.

Oft nimmt anfangs das Sehvermögen ab, im fortgeschrittenen Stadium führt die Krankheit zu spastischen Lähmungen.
->   Stanford University
Mehr über Multiple Sklerose in science.ORF.at:
->   Eiweißschalter gegen fehlerhaftes Immunsystem
->   Neues Medikament gegen Multiple Sklerose
->   Stammzellforscher wollen MS-Therapie entwickeln
 
 
 
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01.01.2010