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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Erderwärmung: Mittelmeerklima in der Schweiz?  
  In den nächsten 50 bis 100 Jahren wird sich das Klima in der Schweiz deutlich erwärmen. Im Sommer werden dann in den Alpen Klimaverhältnisse wie heute am Mittelmeer herrschen. Dieses Zukunftsszenario entwarf der Klimaforscher Martin Beniston von der Universität Fribourg am Donnerstag beim Ö1-Symposion "Das Klima ändert sich - auch in Österreich" im Radiokulturhaus in Wien.  
Im Sommer wird es in der Schweiz um fünf bis sechs Grad wärmer als heute sein. Im Winter wird es mäßig wärmer, aber mehr regnen und die Sommer werden deutlich trockener als jetzt - ein Mittelmeerklima, sagt Martin Beniston.
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"Das Klima ändert sich - auch in Österreich"
Beim Science-Event "Das Klima ändert sich - auch in Österreich" präsentierten prominente Klimaforscher das aktuelle Wissen um den Zustand des Klimas. Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung enträtselte die globalen Klimaschwankungen aus 400.000 Jahren alten Eiskernen. Martin Beneston von der Universität Fribourg erläuterte die Schweizer Vorbereitungen auf den Klimawandel.
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Nicht unbedingt ein "schönes" Klima
"Das bedeutet nicht unbedingt ein sehr schönes Klima. Das bedeutet nur, dass es eine Regenperiode im Winter und eine heiße Trockenperiode im Sommer geben wird", so der Wissenschaftler. Das veränderte Klima hat natürlich gravierende Konsequenzen für Schnee, Eis und Gletscher in den Alpen.
Permafrost taut - und zerstört die Hangstabilität
"Durch die Erwärmung wird der Permafrostboden auftauen und die Hangstabilität in den Bergen zerstört. Es wird viele Katastrophen wie Überschwemmungen oder Hangrutschungen geben, wie sie Österreich schon im Sommer erlebt hat", so Beniston. Die Zahl von extremen Wetterereignissen - wie etwa Windstürme und starke Niederschlagsepisoden - könne zusätzlich steigen.
Mehr Verdunstung - mehr Niederschläge
"Ein wärmeres Klima bedeutet mehr Verdunstung und mehr Niederschläge", so der Experte. Es wird mehr Schnee in den hohen Regionen geben und weniger in den niedrigen.

Skigebiete, die unter 1.500 Metern liegen, seien schon derzeit betroffen. Beniston nennt das Beispiel Arosa: Hier ist der Durchschnittstemperatur in den vergangenen hundert Jahren um drei Prozent gestiegen.
Klimaänderungen in Österreich sehr ähnlich
Die Klimaänderungen werden in Österreich und in der Schweiz sehr ähnlich sein. Denn der alpine Raum ist nicht besonders groß. Warum gerade die hohen Regionen - wie zum Beispiel auch das Himalaya-Gebiet - besonders betroffen sind, kann man noch nicht sagen. Vielleicht liegt es an der Luftzirkulation ab 1.000 Metern Höhe, meint Beniston.
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Die Schweiz: Vorbild in der Klimaforschung
Die Schweiz gilt als Vorbild in der Klimaforschung. Zwei Prozent des Budgets des Schweizerischen Nationalfonds sind für klimarelevante Forschung bestimmt. Auch im IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) spielt die Schweiz seit zehn Jahren eine führende Rolle. "Vielleicht ist das nur möglich, weil die Schweiz keine Industrieinteressen wie Kohle oder Erdöl vertritt", meint Beniston. Die Schweiz hat sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen um acht Prozent bis 2012 verpflichtet.
->   Intergovernmental Panel on Climate Change
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Mittelmeerpflanzen in den Bergen?
Die Tourismuswirtschaft in der Schweiz reagiert schon jetzt auf den Klimawandel. Die Skigebiete können nicht noch weiter nach oben verlagert werden. Die Wege ins Tal werden mit Sesselliften oder Gondeln ausgestattet, da es zu wenig Schnee gibt, ins Tal abzufahren.

Es dauert allerdings lange, bis neue Ökosysteme etabliert werden können. "Die Bäume brauchen viel Zeit, um sich anzupassen, 500 bis 1.000 Jahre. In diesem Jahrhundert werden wir also nicht viele Änderungen sehen, obwohl sich das Klima rasch ändert", so Beniston.

Danach werden Baumarten wie Fichten nicht auf den niedrigen Niveaus überleben. "Wir werden vielleicht eine Umwandlung von mehr Mittelmeerpflanzenarten zunächst am Südhang der Alpen und später sogar am Nordhang erleben."
Stürme zerstören Ökosystem
Mit steigender Sturmfrequenz werden aber vermutlich mehr Bäume vom Wind entwurzelt oder zerstört als die Temperaturänderung bewirken könnte. Einen Vorgeschmack darauf lieferte bereits der Sturm "Lothar", von dem die Schweiz erfasst wurde.

Ein Beitrag von Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaftsredaktion, für die Sendung "Dimensionen" am 7. November auf Radio Österreich 1.
->   Radio Österreich 1
->   Departement für Geowissenschaften der Universität Fribourg
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Globaler Umweltwandel: Auswirkungen in den Alpen
->   Enttäuschung nach der 8. UN-Klimakonferenz
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01.01.2010