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Honig als Mittel gegen Antibiotika-resistente Bakterien  
  Dass Honig neben vielen anderen positiven Eigenschaften auch der Behandlung von Wunden dient, ist seit den Zeiten des alten Ägyptens bekannt. Dass er seine keimtötende Wirkung aber auch bei Bakterien entfalten kann, die selbst gegen die höchstentwickelten Antibiotika resistent sind, haben nun walisische Forscher bewiesen.  
Viele Ursachen für die antibakterielle Funktionsweise von Honig sind hinlänglich dokumentiert: seine zähflüssige Konsistenz, die Wunden vor Verunreinigungen durch Kontakt mit der Luft schützt; sein hoher Zuckergehalt, der das Wachstum von Bakterien vermindert; und auch der niedrige Säuregehalt von manchen Honigarten.

Die nun vorgestellte Untersuchung lässt aber den Schluss zu, dass Honig noch andere Bestandteile oder Eigenschaften haben muss, die Bakterien abtöten.
Natürlicher Honig dreimal effektiver als künstlicher
Verglichen mit künstlich hergestelltem Honig, der über die gleiche Konsistenz und den gleichen Zuckergehalt verfügte, bekämpft natürlicher Honig Bakterien dreimal besser.

Das haben Rose Cooper, eine Mikrobiologien der University of Wales in Cardiff, und ihre Kollegen in einer aktuellen Publikation nachgewiesen. Welche Bestandteile dafür aber genau verantwortlich sind, können die Forscher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
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Die Original-Studie erschien unter dem Titel "The sensitivity to honey of Gram-positive cocci of clinical significance isolated from wounds" im "Journal of Applied Microbiology" (Bd. 93, S. 857 - 863).
->   Original-Abstract
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Entscheidend: Wasser- und Säuregehalt
Für die "antibiotische" Wirkung von Honig ist eine Reihe von Faktoren verantwortlich: So liegt der Wassergehalt von Honig zwischen 15 und 18 Prozent - weshalb er osmotisch wirkt und den Krankheitserregern das lebensnotwendige Wasser entzieht.

Zudem weisen einige Honigformen einen sehr niedrigen Säuregehalt auf, in dem Bakterien nicht leben können.
Wasserstoffperoxid: Antibakterielle Substanz
Weiters für die keimtötende Wirkung wesentlich sind die so genannten Inhibine - antibakterielle Stoffe wie das Wasserstoffperoxid, das bei unreifem oder verdünntem Honig gebildet wird.

Wasserstoffperoxid (sowie Gluconsäure) entsteht bei der Oxidation von Wasser und Glucose. Diese Oxidation wird durch die Glucoseoxidase - einem Honigenzym - angetrieben.
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Auch anderen "nicht peroxiden Inhibinen" - wie z.B. Lysozom oder Flavanoiden - konnte in früheren Studien eine mikrobentötende Wirkung nachgewiesen werden. So etwa in der 2001 erschienenen Studie "Natürliche Antibiotische Eigenschaften des Honigs" des Schweizerischen Zentrums für Bienenforschung.
->   Zur Studie (pdf-Datei)
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Wasserstoffperoxid nicht einzige Substanz
Nach Ansicht von Cooper muss es aber noch eine Reihe anderer Faktoren geben.

Denn: Sowohl beim Wasserstoffperoxid produzierenden Heidehonig, als auch beim Manuka-Honig, der keinen Wasserstoffperoxid produziert, konnte im Labor die Unterbindung von Bakterienwachstum nachgewiesen werden.

Bei den Bakterien handelte es sich um Stämme von Staphylokokken und Enterokokken, die selbst gegen die "Not-Antibiotika" Methicillin und Vancomycin resistent waren.
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Staphylokokken und Enterokokken
Staphylokokken sind nicht bewegliche, nicht sporenbildende grampositive, katalasepositive Bakterien. Sie können unter verschiedenen Umweltbedingungen wachsen, am besten jedoch bei Temperaturen zwischen 30 Grad Celsius und 37 Grad Celsius. Eine erhöhte pH-Toleranz und Resistenz gegen Austrocknung und Desinfektionsmittel macht sie vergleichsweise unempfindlich. Staphylokokken sind allgemein als Besiedler der Haut sowie der Schleimhäute beim Menschen und bei Tieren weit verbreitet. Enterokokken sind zur normalen Darmflora gehörende Streptokokken.
Erkrankungen durch Stapyhlokokken (Robert Koch Institut)
Mehr über Streptokokken (Roche Lexikon Medizin)
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Zwei Möglichkeiten
Cooper und ihre Kollegen gehen von zwei Möglichkeiten aus, die für die antibakterielle Wirkung des Honigs verantwortlich sein können: zum einen könne es sich um Enzyme der Bienen handeln, zum anderen könnte es der Säuregehalt oder die chemischen Zusammensetzung des ursprünglichen Pflanzennektars sein.

"Honig ist ein traditionelles Heilmittel, das sehr vernachlässigt wurde. Um es wieder zu entdecken, brauchen wir Beweise für seine antibakteriellen und wundheilenden Eigenschaften", so Cooper gegenüber der Online-Ausgabe von Nature.
Zunahme resistenter Bakterienstämme
Die Suche nach und die Erforschung von natürlich-antiobiotisch wirkenden Substanzen erscheint angesichts der wachsenden Zahl resistenter Bakterienstämme äußerst sinnvoll - erst im Oktober dieses Jahres warnte die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie vor einer weiteren Zunahme von Resistenzen.

Aus diesem Grund werden bereits eine Reihe alternativer Heilmittel ausprobiert. Darunter Jod, silberhältige Substanzen und selbst jene Therapie, bei der Maden totes Gewebe einer offenen Wunde aufessen und damit den Bakterienwuchs stoppen.
->   Mehr über die zunehmende Antiobiotika-Resistenz
Warnung vor Supermarkt-Honig
Während Forscher wie Cooper sich noch nicht ganz im klaren sind, worin die Geheimnisse des Honigs bestehen, gibt es bereits Unternehmen, die Honig-imprägnierte Wundverbände und -bandagen produzieren.

Cooper hält deswegen eine Warnung für nötig: "Wir schlagen nicht vor, dass man in den nächsten Supermarkt laufen soll, um sich mit Honig zur Wundbehandlung einzudecken." Der Hitzeprozess, den jeder handelsübliche Honig bei der Herstellung unterläuft, zerstöre vermutlich sämtliche antibakteriellen Eigenschaften, so Cooper.
->   Schweizerisches Zentrum für Bienenforschung
->   Sweet Healing
->   Mehr über Antibiotika in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010