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Stromboli-Ausbruch bestätigt österreichische Geophysiker  
  Als es zu Weihnachten, das erste Mal seit 85 Jahren, zu einer gefährlichen Eruption des Inselvulkans Stromboli gekommen ist, war das für die meisten damit befassten Vulkanologen völlig überraschend. Nicht so für eine Gruppe österreichischer Geophysiker, die nun schon seit mehren Jahren in der Region der Äolischen Inseln - nordwestlich von Sizilien - einen neuen Weg in der Vulkanforschung beschreiten. Ihre Suche gilt bessern Prognosemodellen für die Feuerberge, die nach wie vor der Wissenschaft viele Rätsel aufgeben.  
Ein Vulkan als Touristenattraktion
Der 900 Meter hohe Stromboli gilt an sich als wenig gefährlich. Seine ebenso harmlosen wie verlässlichen Eruptionen im Viertelstundentakt haben ihn sogar zu einer Touristenattraktion gemacht.

Der Vulkan ist die wichtigste und einzige Erwerbsquelle der rund 450 Insulaner und hat Stromboli während der Saison wenn nicht zum heißesten, so doch zum teuersten Pflaster Italiens gemacht.
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Nur wenige Unfälle in den vergangenen Jahren
In den letzten Jahrzehnten gab es nur wenige Unfälle: Wenn jemand zu Schaden kam, dann nur durch eigene Schuld. Durch so genannte "Bomben" - aus dem Vulkan geschleuderte Lava-Brocken - wurden vereinzelt Touristen verletzt. Sie hatten sich zu nahe an den Krater gewagt.
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Ein Tsunami im Mittelmeer
 
Bilder: Modern Times

Bilder vom Ausbruch des Stromboli

Im Dezember hätte es allerdings schlimmer kommen können, als der Vulkan plötzlich - wie aus heiterem Himmel - verrückt spielte. Es kam zu einer vergleichsweise starken Eruption. Der Schaden entstand allerdings erst, als in Folge der Erschütterung eine Flanke des Vulkans abbrach und ins Meer stürzte.

Die darauffolgende Flutwelle richtete auf Stromboli selbst und den Nachbarinseln einigen Schaden an. Augenzeugen sprechen von einer 20 Meter hohen Monsterwelle - also einer Flut von Tsunami-Format, wie derartige Naturphänomen mit vulkanischem Ursprung in Japan bezeichnet werden.

Nun ist geplant, Teile des gefährdeten Steilhanges abzusprengen und so einen kontrollierten Bergsturz auszulösen. Damit soll verhindert werden, dass eine neuerliche und womöglich noch größer Flutwelle ausgelöst wird.
->   Volcanoes of the World: Stromboli Online
Diagnose aus der Luft
Im vergangenen November nahmen österreichische Geophysiker den Vulkan vom Hubschrauber aus unter die Lupe. Seit zwei Jahren arbeiten sie im Bereich der Inselvulkane Süditaliens an verbesserten Prognosemodellen.

Für die Diagnose aus der Luft werden die Radioaktivität der "Hot Spots" sowie das Magnetfeld der Erde gemessen. Der Forschungsansatz geht davon aus, dass sich Aufschmelz-Vorgänge im Untergrund - also vulkanische Aktivität - weit im Voraus durch Änderungen im Magnetfeld verraten.

Die Ergebnisse der Messflüge werden jetzt in der Geologischen Bundesanstalt in Wien ausgewertet. Ein Endergebnis steht zwar noch aus, doch bereits die Zwischenbilanz zeigt, dass für die untersuchte Region einiges zu erwarten ist. Im Vergleich mit den Vorjahrsmessungen sind eine ganze Reihe neuer Störzonen aufgetreten, die nichts Gutes erwarten lassen.
->   Geologische Bundesanstalt / Geophysik
Vulkane bleiben unberechenbar
Für eine konkrete Warnung vor neuerlichen Vulkanausbrüchen wäre es allerdings noch zu früh, schränken die Wissenschaftler ein. Ein Ausbruch wird sich wohl nie auf Tag und Stunde vorhersagen lassen, dämpft der Geophysiker Robert Supper überzogene Erwartungen.

Derzeit fehle es noch an ausreichendem Datenmaterial aus der Region um zuverlässig längerfristige Prognosen zu erstellen. Es sei aber bereits ein großer Fortschritt, wenn man aus der Entwicklung im Untergrund langfristige Tendenzen erkennen könne.
Weitere Daten für längerfristige Prognosen benötigt
Es brodelt also im Thyrenischen Meer - die Frage, wann der Topf überkocht, ob er überkocht, die bleibt freilich offen. Die lokalen Änderungen im Magnetfeld der Erde müssen über Jahre weiter beobachtet werden, um ein Modell für längerfristige Prognosen zu entwickeln.

Nach den beunruhigenden Ereignissen auf Stromboli scheint nun zumindest die Finanzierung des Projekts durch Italien gesichert. Im Hintergrund drängt ein Problemfall ganz anderer Größenordnung: Der Vesuv und die fast zwei Millionen Menschen im Großraum Neapel.
Zeitbombe Vesuv
 
Bilder: Modern Times

Rechts im Bild: Magnetfeldmessungen. Diese Computergrafik zeigt allerdings nicht den Stromboli sondern Vulcano - eine andere der "brisanten" Vulkaninseln vor der Küste Siziliens. Links im Bild: Magnetfeldmessungen der österreichischen Geophysiker vom Vesuv - blau markiert sind hier mögliche Gefahrenzonen.

60 Jahre liegt der letzte Ausbruch des gefährlichen Riesen nun zurück. Damals sind freilich Verwüstungen und Opferzahlen vor dem Schrecken des zweiten Weltkriegs verblasst. Seither herrscht trügerische Ruhe am Berg: der Vesuv gilt nach wie vor als eine hochbrisante Zeitbombe.

Das belegen auch die Magnetfeldmessungen der österreichischen Geophysiker, die schon mehrmals am Vesuv im Einsatz waren. Die gesteigerte Aktivität von Ätna und Stromboli könnte wie eine Schockwelle auf den Vesuv übergreifen. So raten die Österreichischen Geophysiker zu besonderer Wachsamkeit.

Das Problem am Vesuv ist weniger eines der Wissenschaft: Der Vulkan ist weltweit einer der am besten überwachten, eine Vorwarnzeit von zwei bis drei Wochen scheint denkbar. Aber was nützen alle Warnungen, wenn die Forderungen der Wissenschaftler nach einem absoluten Baustopp in der Gefahrenzone und der Absiedelung der Berghänge konsequent in den Wind geschlagen werden?

Gerhard Roth, Modern Times
Mehr zu diesem Thema am Freitag, den 17. Jänner 2003, um 22.35 Uhr in der Sendung "Modern Times" in ORF 2.
->   Modern Times
->   Global Volcanism Program: Vulkane der Welt - Stromboli
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01.01.2010