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Troja: Geologische Daten geben Homer Recht  
  Mehr als 3.000 Jahre soll es her sein, dass eine ganze Stadt wegen einer einzigen Frau belagert wurde: Die Rede ist von der schönen Helena und dem legendären Kampf um Troja, den der griechische Dichter Homer in seiner Ilias verewigt hat. Wo die antike Stadt tatsächlich gelegen hat, war lange Zeit umstritten - seit Jahren gilt eine Ausgrabungsstätte in der heutigen Türkei als die gesuchte Stelle. Eine Überprüfung geologischer Daten zeigt nun: Die Gegend passt - eingerechnet die Veränderungen durch Tausende verstrichene Jahre - recht gut zu den landschaftlichen Beschreibungen des Homer.  
Ein Geologen-Team um John Kraft von der University of Delaware hat Sedimentgestein dazu verwendet, eine Rekonstruktion der Landschaft um die Ausgrabungsstätte Hissarlik in der Westtürkei zu erstellen.

Sie zeigt, wie die Gegend vor mehr als 3.000 Jahren ausgesehen hat - als dort der Trojanische Krieg getobt haben soll. Demnach passen Homers Beschreibungen zu den gewonnenen Daten, wie die Forscher im Fachmagazin "Geology" berichten.
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"Harbor areas at ancient Troy"
Der Artikel "Harbor areas at ancient Troy: Sedimentology and geomorphology complement Homer's Iliad" von John C. Kraft, George Rapp, Ilhan Kayan und John V. Luce, ist erschienen in "Geology", Nr. 31, Seiten 163 - 166, (2003).
->   Der Originalartikel im Volltext (kostenfrei)
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Die Ilias: Kampf um die schöne Helena
In der Ilias erzählt der griechische Dichter, wie die Stadt Troja durch eine Armee des Spartaner-Königs Menelaus zunächst belagert und schließlich - dank der berühmten List mit dem hölzernen Pferd - eingenommen wird. Anlass soll die Entführung der schönen Helena, Ehefrau des Menelaus, durch den Trojanischen Prinzen Paris gewesen sein.

Homers Bericht von Belagerung und Schlachten gibt eine Reihe von Hinweisen auf die Lage der Trojanischen Ebene. Zudem hat im ersten Jahrhundert nach Christus der griechische Geschichtsschreiber Strabo die Beschreibung in seinen Geographika hypomnemata ausgeweitet - zu dieser Zeit war Troja unter dem Namen Ilium bekannt.
->   Eine kurze Einführung zu Strabo und seinem Werk
Hissarlik als Stätte des antiken Trojas
Das antike Troja soll sich an einem Ort befunden haben, der in der heutigen Westtürkei liegt: In Hissarlik - so der moderne Name - haben Grabungen die Überreste einer Stadt offen gelegt. Tatsächlich gab es wohl mehrere Trojas, da die Stadt seit ihrer Entstehung mehrmals zerstört und wieder aufgebaut worden ist.
Fundstücke von den Ausgrabungen
 
Bild: dpa

Die Aufnahmen aus dem Jahr 2001 zeigen Ausgrabungsgegenstände, die aus dem antiken Troja stammen. Links zu sehen mehrere Fundstücke, die mit weiteren 800 Exponaten in der Ausstellung "Troia - Traum und Wirklichkeit" in Stuttgart zu sehen waren. Rechts im Bild eine Amphore, die dort ebenfalls ausgestellt wurde.
Troja: Erstmals erbaut rund 3.000 Jahre v. Chr.
Diese Ruinen finden sich heute am Rande eines Plateaus, das eine Flussebene voll Sand, Schlamm und Marschland überblickt. Als Troja erstmals - etwa 3.000 Jahre vor Christus - erbaut wurde, lag es den Angaben der Forscher zufolge am Ufer einer großen Bucht, welche den größten Teil der Ebene einnahm.
Küstenlinie verlagerte sich nach Norden
Heute sieht die Gegend völlig anders aus - ganz allmählich wurde Schlamm von den beiden Flüssen Simois und Skamander (die heute Dumrek Su und Kara Menderes heißen) angeschwemmt und verlagerte die Küstenlinie einige Kilometer nach Norden. Troja blieb "am Trockenen" zurück.
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Radiokarbon-Methode für die Gesteinsdatierung
Die Geologen verfolgten diese Veränderungen durch die Jahrhunderte hindurch zurück, unter zu Hilfenahme von Radiokarbon-Datierungen von Gesteinsproben, die aus der heutigen Flussebene stammen.

Ihre Analysen zeigen den Zustand der Gegend zu verschiedenen Zeiten: Moor, Brackwasser-Lagune, oder - sehr früh - eine vom Wasser umspülte Bucht. Die Forschungen begannen bereits 1977 und wurden durch Krafts Kollegen Ilhan Kayan von der Ege Universität in Izmir geleitet.
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Eine Landzunge als Lager der Spartaner
Laut Bericht der Wissenschaftler hat Homer einst beschrieben, dass die griechische Armee an der Ägäischen Küste westlich von Troja gelagert hat - ihre Schiffe haben sie demnach "an das Ufer der brandenden See" gezogen, "entfernt von den Kämpfen".

Das Geologenteam glaubt, dass dieses Lager auf einer Landzunge lag, die sich einst entlang der westlichen Bucht von Troja erstreckt hat und welche die Griechen mit einem "tiefen Graben" in Richtung Süden vor möglichen Angriffen der Trojaner schützten.
Die Furt des Skamander
Die Forscher suchten auch nach der Furt des Skamander - hier hat der Ilias zufolge Achilles die Trojanischen Linien durchbrochen und viele der gegnerischen Kämpfer über das steile Flussufer in das tiefe Wasser gezwungen.

Zu Strabos Zeit lag die Ebene aller Wahrscheinlichkeit nach schon sehr viel weiter im Norden, so dass das Kap nicht länger zu sehen war und die beiden Flüsse zusammenflossen, bevor sie sich gemeinsam ins Meer ergossen.

Schon Strabo hat offenbar äußerst korrekt die Geographie der Landschaft zur Zeit Homers spekuliert, wie die Wissenschaftler weiter schreiben. Er erkannte, dass angeschwemmter Boden die Küste stark verändert hatte.
->   Die Online-Troja-Präsentation der Universität Tübingen
->   gutenberg.spiegel.de: Die Ilias in deutscher Übersetzung
Mehr zu Troja im science.ORF.at-Archiv:
->   Diskussion: War Troja ein unbedeutendes Nest?
->   Weitere Artikel zum Thema
 
 
 
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01.01.2010