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Datenflut - Datenfluss - Datenschutz
Gabriele Satzinger, BMSG - Gentechnik-Kommission
 
  In den vergangenen Jahren kam es zu einer verstärkten Vernetzung von Daten aller Art. Gleichzeitig hat auch die Gendiagnostik ernorme Fortschritte verzeichnen können. Als Beispiel sei hier nur die Entwicklung sogenannter DNA-Chips erwähnt, welche die Untersuchung von derzeit Dutzenden bis möglicherweise bald Hunderten verschiedenen Genen in nur einem Analysevorgang zulassen. Diese Daten sollen eigentlich eine bessere Medikation und erhöhte Heilungschancen ermöglichen, können aber auch zweckentfremdet oder gar missbräuchlich verwendet werden. Die Vorstellung vom "gläsernen Menschen", der mehr und mehr verwirklicht zu werden droht, drängt sich auf.  
Nur zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken
Das Gentechnikgesetz (GTG) definiert Genanalyse als "die molekulargenetische Untersuchung an Chromosomen, Genen und DNS- Abschnitten eines Menschen zur Feststellung von Mutationen" und macht dazu zwei Einschränkungen hinsichtlich des angestrebten Zweckes der Untersuchung: Es muss sich entweder um einen medizinischen Zweck oder einen wissenschaftlichen Zweck bzw. Ausbildungszweck handeln.

Dies bedeutet, dass Vaterschaftstests, Spurenanalysen im Rahmen der Verbrechensaufklärung oder die Untersuchung nicht krankheitsbezogener genetisch bedingter Eigenschaften mittels Testkits nicht in den Geltungsbereich des GTG fallen.
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Wer hat Zugang zu genetischen Daten?
Personen, die in der Einrichtung, in der sie erhoben worden sind, mit der Ermittlung, Verarbeitung oder Auswertung der Daten unmittelbar befasst sind,

...die untersuchte Person selbst,

...bei einer unmündigen Person ein Erziehungsberechtigter und bei einer Person der ein Sachwalter bestellt ist, dessen Wirkungsbereich die Zustimmung zur Genanalyse umfasst, der Sachwalter.

...der Arzt, der die Genanalyse veranlasst hat, und der behandelnde oder diagnosestellende Arzt,

...andere Personen nur, soweit die untersuchte Person hiezu ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat, wobei ein schriftlicher Widerruf dieser Zustimmung möglich ist.
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Muss der Arzt sagen, was er weiß?
Hier muss differenziert werden, je nachdem, wem gegenüber der Patient etwas sagen muss/darf:

Arbeitgebern und Versicherern einschließlich deren Beauftragten und Mitarbeitern ist es gemäß Paragraph 67 GTG verboten, Ergebnisse von Genanalysen von ihren Arbeitnehmern, Arbeitsuchenden oder Versicherungsnehmern oder Versicherungswerbern zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten.

Zweck dieser Bestimmung ist die Verhinderung ¿genetischer¿ Diskriminierung, konkretisiert durch das Ziel, die bestehende Chancengleichheit auf dem Versicherungsmarkt zu garantieren bzw. ein weiterhin hohes Niveau der Arbeitnehmerschutzbestimmungen aufrechtzuerhalten.
Vorreiterrolle Österreichs
Österreich hatte in bezug auf diese Regelungen bei Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes im Jahr 1994 eine Vorreiterrolle. Andere Länder haben erst in den letzten zwei, drei Jahren begonnen, mehr oder minder restriktive Regelungen für dieses Problem zu diskutieren.
Die Einbeziehung von Verwandten
Gemäß Paragraph 70 GTG hat der die Genanalyse veranlassende Arzt, wenn zur Beurteilung des Ergebnisses einer Genanalyse die Einbeziehung von Verwandten der untersuchten Person erforderlich ist, oder wenn anzunehmen ist, dass eine ernste Gefahr einer Erkrankung von Verwandten der untersuchten Person besteht, der untersuchten Person zu empfehlen, ihren möglicherweise betroffenen Verwandten zu einer humangenetischen Untersuchung und Beratung zu raten.

Das bedeutet, der behandelnde Arzt muss in den genannten Fällen auf eine Information der Verwandten hinwirken, die Entscheidung bleibt jedoch letztlich beim Patienten.
Informationen aus Forschungsprojekten
Wie geht man mit Informationen um, die im Rahmen von Forschungsprojekten an codierten Proben erhoben wurden?

Genanalysen am Menschen für wissenschaftliche Zwecke und zur Ausbildung dürfen gemäß Paragraph 66 GTG nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Zustimmung des Probenspenders oder an anonymisierten (codierten) Proben durchgeführt werden.

Darüber hinaus dürfen Ergebnisse aus diesen Genanalysen nur dann vernetzt oder veröffentlicht werden, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass der Probenspender außerhalb der Einrichtung nicht bestimmbar ist.

Die Verwendung von - anonymisierten - Daten aus Gendatenbanken für Forschungszwecke, so wie das bereits von Firmen und Forschungsinstituten praktiziert wird, widerspricht demnach nicht dem GTG.
Schutz vor missbräuchlicher Verwendung
Wie können wir uns vor missbräuchlicher Verwendung schützen? Kann "genetische Diskriminierung" verhindert werden?

Der Zweck aller datenschutzrechtlichen Bestimmungen liegt in erster Linie in der Verhinderung möglichen Missbrauchs. Daher wurde in Österreich von Anfang an auf gentechnikspezifische Regelungen - über die allgemeinen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes hinaus - Wert gelegt.

Diese Regelungen betreffen konkret Versicherungen, Arbeitgeber und die Forschung. Einiges kann auch jeder Einzelne von uns selbst zu seinem Schutz unternehmen, indem er z.B. Vorsicht walten lässt, was die Benutzung von Gentests aus dem Internet betrifft.
Ziel: Allgemein akzeptierte Gesetzgebung
Im Allgemeinen wird dieses Ziel aber nur durch eine angemessene Gesetzgebung erreicht werden können, die von den verschiedenen Interessenträgern - Patienten, Arbeitnehmern, "Privaten" auf der einen und Wirtschaft und Forschung auf der anderen Seite, gleichermaßen akzeptiert wird.
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Gabriele Satzinger ist Juristin am Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, BMSG
->   Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen
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01.01.2010