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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Ungewöhnliches Szenario: Monsun-Klima im Nahen Osten  
  Unser nacheiszeitliches Klima ist längst nicht so stabil wie gemeinhin behauptet wird. Dafür liefern deutsche Geowissenschaftler nun neue Belege. Sie untersuchten Meeresablagerungen aus dem nördlichen Roten Meer und fanden heraus, dass die heute sehr trockene Region noch vor einigen tausend Jahren durch eine lange Feuchtperiode - ein monsunartiges Wettersystem - geprägt war. Ein klimatisches Szenario, das bei anhaltendem Treibhauseffekt zukünftig erneut auftreten könnte.  
Die Geowissenschaftler um Helge Arz und Frank Lamy vom Bremer DFG-Forschungszentrum Ozeanränder untersuchten Meeresablagerungen aus dem nördlichen Roten Meer. Ihre Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science" veröffentlicht.
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"Mediterranean Moisture: Humid Period in the Red Sea"
Der Artikel "Mediterranean Moisture Source for an Early-Holocene Humid Period in the Northern Red Sea" von H. Arz, F. Lamy, J. Pätzold und P. Müller sowie ihrem niederländischen Kollegen M. Prins von der Vrije Universiteit Amsterdam ist erschienen in "Science", Bd. 300, Seiten 118-121, vom 4. April 2003.
->   "Science"
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Winzige Kalkgehäuse speichern Umweltdaten
Die Wissenschaftler nahmen unter anderem Überreste von Mikroorganismen unter die Lupe, wie das Forschungszentrum Ozeanränder in einer Aussendung meldete. In deren winzigen Kalkschalen sind Umweltinformationen aus jenen Epochen gespeichert, in denen die Tiere das Rote Meer besiedelten.

So fanden die Forscher heraus, dass das Oberflächenwasser des Roten Meers in der Zeit zwischen etwa 9.000 und 6.500 Jahren vor heute einen deutlich geringeren Salzgehalt aufwies als gegenwärtig.
Weniger Salz in oberen Bereich des Roten Meeres
Dieser lag kurz nach dem Ende der letzten Eiszeit bei nur etwa 37 Gramm Salz pro Liter Meerwasser (=Promille). Das sind rund drei Promille weniger als heute. Die Daten zeigen zudem, dass sich diese "Aussüßung" auf die obersten 100 Meter der Wassersäule beschränkte.
Dramatische Veränderungen bei Sedimenten
Die Geowissenschaftler untersuchten zudem Sedimentationsraten und Tongehalte der Meeresablagerungen - und registrierten dabei drastische Veränderungen.
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Rückgang von Ablagerungsraten und Tongehalten
Vor rund 7.000 Jahren, also gegen Ende des oben erwähnten Zeitabschnitts, gingen die Ablagerungsraten relativ rasch um 25 Prozent, die Tongehalte gar um die Hälfte zurück. Der Sedimenteintrag über Flüsse und Bäche spielte eine deutlich geringere Rolle als zuvor. Jetzt war es der Wind, der den Modellrechnungen zufolge Sand und Staub vom Land ins Meer wehte.
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Lösung: Höhere Temperaturunterschiede
Deutliche Abnahmen des Salzgehalts im Roten Meer, drastische Veränderungen im Sedimentationsgeschehen - die Bremer Wissenschaftler führen dies auf höhere Temperaturunterschiede zwischen Land und Meer zurück. Ein monsunartiges Klima war demnach die Folge.

"Einerseits lagen die Meerwassertemperaturen im östlichen Mittelmeerraum so kurz nach dem Ende der letzten Eiszeit niedriger als heute", wird einer der beteiligten Wissenschaftler, Frank Lamy, in der Aussendung zitiert.

"Andererseits erwärmten sich das Land und die darüber liegenden Luftmassen im Sommer sehr schnell. Die warme Luft stieg auf, vom Mittelmeer strömten kühlere, feuchtere Luftmassen nach. Ein monsunartiger Witterungstypus, wie wir ihn heute aus dem Indischen Ozean kennen, war die Folge".
Über 2.000 Jahre Monsun im Nahen Osten
Dieser mediterrane Monsun dominierte den Forschern zufolge zweitausend Jahre lang das Wettergeschehen im Nahen Osten. Vor allem im Sommer regnete es deutlich häufiger und mehr als heute. Untersuchungen an Blütenpollen und israelischen Höhlenablagerungen erhärten das Monsun-Szenario.
Ähnliches Klima für die Zukunft im Nahen Osten?
Ob ähnliche Monsunlagen im künftigen Klimageschehen des Nahen Ostens eine Rolle spielen könnten, bleibt Spekulation.

Regionale Klimamodelle sagen bei weiter ansteigendem Treibhauseffekt zukünftig geringeren Sommerregen für den Mittelmeerraum voraus.

Vor dem Hintergrund ihrer Forschungsergebnisse stellt sich für die Bremer Forscher allerdings die Frage, ob auch andere Szenarien denkbar sind: größere Temperaturunterschiede zwischen Land und Mittelmeer, mediterrane Monsun-Wetterlagen, tendenziell mehr Niederschläge.
Zumindest ein Anlass zur Diskussion
"Unser Probenmaterial lässt nur Aussagen über das Klima der Vergangenheit zu", meint der an den Forschungen beteiligte Geowissenschaftler Helge Arz.

"Aber vielleicht geben unsere Befunde ja Anlass, eingehender über Klimamodellierungen und Messergebnisse zu diskutieren. Dies auch deshalb, weil wir festgestellt haben, dass es offenbar eine Wechselwirkung zwischen dem Wettergeschehen im Nahen Osten und dem über dem Nordatlantik gibt."

Im Nahen Osten regne es immer dann besonders viel, so Arz abschließend, wenn die Luftdruckschaukel zwischen Azorenhoch und Islandtief eine bestimmte Konstellation annehme.
->   Das DFG-Forschungszentrum Ozeanränder
->   Alles zum Stichwort Klima im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010