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Die Tricks der römischen Wasserleitungen  
  Aquädukte zählen zu den eindrücklichsten Beweisen für das technische Können der römischen Kultur. Noch immer aber sind nicht alle Geheimnisse dieser komplexen Wasserleitungsanlagen gelöst. Mit Hilfe von Computer-Modellen haben Wissenschaftler nun bewiesen: ein paar einfache, aber wirkungsvolle "Tricks" haben das Wasser im alten Rom zum Laufen gebracht.  
Wie die Online-Ausgabe von "Nature" berichtet, sind die beiden Forscher Charles Ortloff und Adonis Kassinos den Aquäduktsystem in Aspendos - in der heutigen Türkei - nachgegangen.
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Die entsprechende Studie ist unter dem Titel "Computational Fluid Dynamics Investigation of the Hydraulic Behaviour of the Roman Inverted Siphon System at Aspendos, Turkey" im "Journal of Archaeological Science" (Bd. 30, April 2003, S. 417-428) erschienen.
->   Original-Abstract
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Aquädukt-System im 3. Jahrhundert v. Chr.
Im dritten Jahrhundert v. Chr. hatten römische Ingenieure ein System von Aquädukten, Tunnels und Vorratsbecken gebaut, um Aspendos mit Wasser zu versorgen.

Der römische Architekt und Autor Marcus Vitruvius Pollio hat das ausgetüftelte und längst zerstörte System der Wasserleitung im ersten vorchristlichen Jahrhundert beschrieben.
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Aspendos
Aspendos war damals ein wichtiger Handelsknoten, das mehrere wichtige Handelsrouten verband und über einen Fluss Zugang zum Mittelmeer hatte. Heute liegt Aspendos in der Türkei, rund 50 Kilometer östlich von Antalya, mit einem der schönsten antiken Theater des Landes.
->   Mehr über Aspendos (Kulturministerium Türkei)
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Bedeutungen nicht überliefert, Mathematik muss her
Einige seiner Ausführungen sind aber aus mindestens zwei Gründen bis heute nicht verstanden worden. Zum einen weil die Bedeutung mancher Ausdrücke nicht mehr rekonstruiert werden kann, zum anderen da gewisse Besonderheiten der römischen Baukunst nicht bekannt und keine Überlieferungen erhalten geblieben sind.
->   Die zehn Bücher des Vitruvius "De Architectura" (Latein/Englisch)
Aus diesem Grund haben Charles Ortloff und Adonis Kassinos vom Technologie-Unternehmen "CTC Engineering Consultants" in Santa Clara versucht, das Siphonsystem mit mathematischen Mitteln zu rekonstruieren.
Aquädukte
Aquädukte sind brückenartige Steinbauwerke zur Überführung von Freispiegel-Waserleitungen mit natürlichem Gefälle über Täler oder andere Bodenunebenheiten. Das erste römische Aquädukt war die 312 v. Chr. von Appius Claudius erbaute "Aqua Appia" bei Porta Capena. Um 11 n.Chr. gab es bereits zehn Aquädukte von insgesamt 450 Kilometer Länge. Gut erhaltene Reste von Aquädukten befinden sich u. a. bei Merida, Nimes ("Pont du Gard"), Rom und Segovia.
->   Mehr über Aquädukte
Aquädukt von eineinhalb Kilometer Länge
Und das war der Ausgangspunkt ihrer Überlegungen: Eine steinerne Wasserleitung mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern brachte das Wasser über einen Aquädukt von einem eineinhalb Kilometer entfernten Tal und sammelte es in einem Vorratstank, von dem aus die Stadt mit Wasser versorgt wurde.
Steintürme vermindern Fließgeschwindigkeit
Auf dem Weg durch das Tal wurde die Wasserleitung durch zwei gewölbte Steintürme wieder ein kurzes Stück hinauf und dann wieder hinab geführt.

Ein Hindernis mit Hintergrund, meinen Ortloff und Kassinos: Auf diese Weise wurde die Fließgeschwindigkeit reduziert und ein mögliches Spritzen vermieden, das die Wasserversorgung hätte unterbrechen können.
Löcher sorgen für geringere Turbulenzen
Nach den Beschreibungen des Vitruvius bestand der Erfolg des Siphonsystems zudem in so genannten "colliquiaria" - ein Ausdruck im Latein, dessen Bedeutung verloren gegangen ist.

Otrloff und Kassinos glauben, dass es sich dabei um etwa drei Zentimeter große Löcher handelt, die sich in einigen Blöcken der Leitung befanden.

Die Forscher führten Tests an einem Modell durch und kamen zu dem Schluss, dass die Löcher die Turbulenzen des fließenden Wassers reduziert haben - weil dadurch Wasser und Luft entweichen konnten.
Steinblöcke mit idealer Oberfläche
Zudem glauben sie, dass die Oberflächenbeschaffenheit der Wände des Leitungssystems eine zentrale Rolle gespielt haben. Wenn sie zu glatt gewesen wären, hätten sich große Wellen gebildet, sobald die Rohre geöffnet wurden. Umgekehrt hätte die Reibung einer zu rauen Oberfläche die Flussgeschwindigkeit reduziert.

Die von den Römern verwendeten handgefertigten Steinblöcke seien ideal gewesen, meinen die Forscher.
->   CTC Engineering Consultants
->   Nature Science Update
 
 
 
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01.01.2010