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Pilze und Bakterien für die Produktion von Kunstfasern  
  Mit Hilfe von Pilzen und Bakterien soll die Produktion von qualitativ hochwertigen synthetischen Textilfasern künftig umweltfreundlicher werden. In Rahmen eines EU-Projektes haben sich Wissenschaftler des Grazer Instituts für Mikrobiologie und Abfalltechnologie auf die Suche nach Mikroorganismen begeben, die Kunstfasern derart verändern können, dass sie ohne sehr giftige Substanzen weiter verarbeitet werden können.  
Die Anforderungen, die heute an die Kunstfaserindustrie gestellt werden, sind hoch: Neben hohem Tragekomfort und geringem Pflegeaufwand fordert die weiterverarbeitende Industrie schon seit Jahren eine verbesserte Färbbarkeit der Synthesefasern.
Gleichzeitig ökologisch und effizient
"Über allem steht der Wunsch, diese Weiterverarbeitungsprozesse so ökologisch und so effizient wie möglich zu machen und zugleich die technologischen Risiken zu minimieren", so der Grazer Biotechnologe Georg Gübitz im Gespräch mit der APA.
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Das EU-Projekt - Biosyntex
Gübitz leitet seit rund einem Jahr ein EU-Projekt (BIOSYNTEX), das in Kooperation mit europäischen Textilfaserproduzenten und mehreren Forschungsinstituten die Verbesserung der synthetischen Textilfasern durch Verfahren zum Ziel hat, in denen man sich die Natur zum Vorbild nimmt.

An dem EU-Projekt, das bis 2005 läuft, sind Forschungspartner aus Finnland und Portugal aus den Bereichen Mikrobiologie, Bio- und Enzymtechnologie sowie der Polymer- und Textiltechnik eingebunden.
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Auf der Suche nach den richtigen Enzymen
"Für Betriebe, die die Fasern zu Endprodukten verarbeiten, ist eine gezielte Einfügung spezieller enzymatischer Gruppen an der Polymeroberfläche von Interesse, damit beispielsweise auch Anstriche besser haften, beziehungsweise auf Kleber oder andere Haftvermittler verzichtet werden kann", erklärt Gübitz.

Also begab man sich auf die Suche nach Mikroorganismen, deren Enzyme die Oberflächenstruktur der Kunstfasern verändern können. Dazu musste man zuerst aus der breiten Vielfalt an Enzymen jenen herausfiltern, die für diese Aufgabe in Frage kommen.

In Deponien, vornehmlich für Kunststoffe, ist man tatsächlich fündig geworden. "Wir haben rund hundert Pilz- und Bakterienstämme isolieren können, die in der Lage sind, Polyester, Nylon oder Polyacrylnitril für ihr Wachstum zu nützen", so Gübitz.
Enzymaktivität als Katalysator für Polymerproduktion
Der Forscher geht davon aus, dass diese Organismen Enzyme produzieren, die die Kunststoffe verändern und schließlich in kleinere Bruchstücke spalten. Die Stücke wiederum werden dann in die Zelle der Mikroben aufgenommen.

Erste Ergebnisse zeigten, dass einige isolierten Stämme tatsächlich in der Lage waren, die Kunststoffe zu spalten. Nun hoffen die Forscher, dass die Enzymaktivität der Mikroorganismen als Starthilfe und Beschleuniger (Katalysatoren) chemischer Reaktionen bei der Polymerproduktion dienen könnte.
Erste Erkenntnisse für gezielte Oberflächenmodifikation
Die Grazer Forscher haben zunächst spezielle Techniken entwickelt, die zur Quantifizierung der entstandenen Modifikationen dienen.

"Tatsächlich konnte mit unterschiedlichen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass extrazelluläre Enzyme für die detektierten Modifikationen verantwortlich waren", so der Grazer Experte. In gleicher Weise konnte gezeigt werden, dass extrazelluläre Esterasen und Nitrilasen für die Modifikation der Oberfläche von Polyester bzw. Polyacrylnitril verantwortlich waren.

"Diese Erkenntnisse sind ein erster wichtiger Schritt in Richtung Oberflächenmodifikation, wenn man bedenkt, dass bei Kenntnis der Enzymaktivität die Art und das Ausmaß dieser hochspezifischen Reaktionen gesteuert werden kann", betont Gübitz.
Der nächste Schritt
Weitere Schritte werden bereits gesetzt: Zunächst will man aus der nach wie vor großen Fülle an Enzymen jene isolieren und identifizieren, die am effizientesten arbeiten. Ihre Wirkungsweise soll dann zuerst an Modellsubstraten und in der Folge auch an der Faser und am Gewebe aufgeklärt werden.
->   Das EU-Projekt: Biosyntex
->   Instituts für Mikrobiologie und Abfalltechnologie - Georg Gübitz
->   Instituts für Mikrobiologie und Abfalltechnologie
 
 
 
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01.01.2010