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Natürliche Wirkstoffe gegen Kastanien-Miniermotte  
  Mit Hilfe eines biologischen Pflanzenschutz-Verfahrens sollen in Zukunft die Kastanien-Miniermotten dem Duft der Kastanienbäume selbst - im wahrsten Sinn des Wortes - auf den Leim gehen.  
Dem Wiener Start-Up-Unternehmen Calantis Infochemicals GmbH ist es nach eigenen Angaben gelungen, natürliche und ungiftige Wirkstoffe zu entwickeln, mit denen der Schädling auf Klebefallen gelockt werden soll.

Erste Freilandversuche wurden vor einigen Tagen gestartet, der Firmengründer und Biologe Wolfgang Harand hofft, bis zum Herbst den Prototyp eines marktfähigen Produkts entwickelt zu haben.
Basiert auf Signalstoffen ...
Die neuen Wirkstoffe sollen statt des derzeit verwendeten Insektizids Dimilin verwendet werden, dessen Einsatz in bewohntem Gebiet in großen Teilen Europas verboten ist. "Es handelt sich dabei um so genannte Kairomone, Signalstoffe, wie sie in der Natur zur chemischen Übermittlung von Informationen vielfach eingesetzt und im konkreten Fall von den Kastanienblättern abgegebenen werden", erklärte Harand im Gespräch mit der APA.

Wozu der Baum diese Signalstoffe aussendet, wisse man noch nicht. Klar sei nur, dass die Weibchen der Kastanien-Miniermotte den Duft zur Ortung ihrer Wirtspflanze nutzen.
... anstatt auf Pheromonen
Mit dem Einsatz von Kairomonen geht die Calantis Infochemicals GmbH nach eigenen Angaben neue Wege. Denn bisher wurden für Klebefallen vor allem so genannte Pheromone eingesetzt. Das sind Sexuallockstoffe, die von Weibchen abgegeben werden und nur auf Männchen anziehend wirken. Auf Klebefallen eingesetzt sollen sie die Männchen von der Paarung und dadurch von der Vermehrung der Schädlinge abhalten.
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Seit 1989 in Österreich
Die Rosskastanien-Miniermotte - lateinisch: Cameraria ohridella - wütet sein 1989 in Österreich. Eingeschleppt wurde der Parasit wahrscheinlich vom Balkan, 1985 wurde sie erstmals in Mazedonien beschrieben. Die ursprüngliche Heimat der Tiere ist nicht schlüssig geklärt, es kommen sowohl Asien als auch Amerika in Frage.
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Gegen Eier legende Weibchen
"Wir wollten dagegen gezielt die Weibchen anlocken, da sie die Eier auf die Kastanien-Blätter ablegen", sagte Harand. Aus diesen Eiern schlüpfen dann nach ein bis drei Wochen die Larven, die eigentlichen Baum-Schädlinge. Die wenigen Millimeter großen Jungstadien graben Gänge in die Blätter und ernähren sich vom Blattgewebe. Die Folge sind braune, verwelkte Blätter, die
früh abfallen.
Wirkstoff-Kombination in einer Kapsel
Der Biologe hat nun den aus mehr als 40 verschiedenen flüchtigen Substanzen bestehenden Duft-Cocktail der Kastanien-Kairomone analysiert und jene Stoffe herausgefunden, die attraktiv auf die Miniermotte wirken.

Diese Wirkstoff-Kombination soll nun in einer Kapsel in der Mitte einer 20 mal 40 Zentimeter großen Klebetafel ihre tödlich anziehende Wirkung entfalten. Laut Harand ist es damit das erste Mal, dass Kairomone die wissenschaftliche Welt verlassen und für eine konkrete Anwendung genutzt werden.
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Ausgezeichnete Idee
Die Idee Harands wurde bereits 2002 beim Businessplan-Wettbewerb "i2b" ausgezeichnet. In weiterer Folge erhielt er als Teilnehmer dieses Wettbewerbs Zugang zum Netzwerk "i2 - Die Börse für Business Angels" der Innovationsagentur. Über diese Börse werden private Investoren (Business Angels) vermittelt, die nicht nur Kapital, sondern auch Know-how in die meist neuen Firmen einbringen können und wollen.
->   i2b
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Erste Freilandversuche in Wien ...
Bisher hat Harand die Wirkung der Lockstoffe nur im Labor untersucht. In ersten Freilandversuchen hat die Firma in den vergangenen Wochen in Zusammenarbeit mit dem Wiener Stadtgartenamt in mehreren Parkanlagen Klebetafeln in Kastanienbäumen aufgehängt.
... erste Ergebnisse Ende Mai
Erste Ergebnisse der Versuche erwartet Harand Ende Mai. Untersucht werden soll u.a. auch, ob es unerwünschte Auswirkungen auf andere Insekten gibt. Harand hofft, nach den Erfahrungen in den Freilandversuchen bis zum Herbst einen Prototyp für eine Miniermotten-Klebefalle entwickelt zu haben.

Auch für andere Schädlinge sei der Einsatz von Kairomonen als Lockstoff für Klebefallen denkbar, nähere Details für seine weiteren Pläne in diese Richtung will Harand aber nicht verraten.
->   Calantis Infochemicals (i2b)
 
 
 
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01.01.2010