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Winzige Menge "exotischer Materie" genügt für Wurmloch  
  Die Idee von Wurmlöchern - Raum- und Zeitfenster im Universum - ist mittlerweile weithin bekannt durch Science-Fiction-Serien wie "Star Trek". Der Haken an der Sache: Man benötigt dafür so genannte "Exotische Materie", diese allerdings existiert lediglich theoretisch, beobachtet oder gar hergestellt hat sie noch niemand. US-Forscher haben nun zumindest errechnet, wie viel von der seltsamen Materie notwendig wäre, um ein Wurmloch und damit vielleicht auch Zeitreisen zu ermöglichen. Das Ergebnis: Schon eine winzige Menge würde ausreichen.  
Die Idee, dass Wurmlöcher theoretisch existieren könnten, geht auf Albert Einstein und dessen Allgemeine Relativitätstheorie zurück.

Ein Forscherteam um Matt Visser von der School of Mathematical and Computing Sciences der Victoria University of Wellington hat nun berechnet, wie viel "Exotische Materie" für die seltsamen Zeit- und Raumfenster notwendig wäre. Die Ergebnisse sind in den "Physical Review Letters" erschienen.
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"Wormholes with Small Energy Condition Violations"
Der Artikel "Traversable Wormholes with Arbitrarily Small Energy Condition Violations" von Matt Visser, Sayan Kar und Naresh Dadhich ist erschienen in den "Physical Review Letters", Bd. 90 (doi:10.1103/PhysRevLett.90.201102).
->   Abstract in den "Physical Review Letters"
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Zeit- und Raumreisen per Wurmloch
Könnten Menschen eines schönen Tages innerhalb kürzester Zeit quer durch das Universum reisen - oder gar der Vergangenheit einen Besuch abstatten?
"Exotische Materie" mit negativer Energie
Die Lösung präsentieren Wissenschaftler gerne in Form eines Wurmloches. Laut einer sechs Jahre alten Theorie von Matt Visser und seinem Kollegen Davis Hochberg bestehen diese Raumzeitröhren aus so genannter "Exotischer Materie".

Diese zeichnet sich demnach dadurch aus, dass sie negative Energie besitzt und somit von Schwerkraft abgestoßen und nicht angezogen wird.

Der Schlüssel zur "Exotischen Materie" liegt in Quantenfluktuationen. Nach der Quantentheorie ist es nämlich so, dass subatomare Partikel und ihre korrespondierenden Antipartikel im Vakuum des leeren Raumes kontinuierlich entstehen und wieder vergehen.
ANEC-Verletzung als Ursache?
"Exotische Materie", so die Argumentation, könnten entstehen, indem dieses Naturphänomen gezeilt beeinflusst wird - oder, wie ein Physiker es ausdrücken würde: durch eine Verletzung der "Average Null Energy Condition" (ANEC).

Würde dies tatsächlich geschehen, so könnten Quanteneffekte die Entstehung winziger Mengen "Exotischer Materie" ermöglichen. Wie viel davon notwendig wäre, haben nun die Forscher um Matt Visser errechnet. Demnach reicht schon eine "unendlich kleine Menge an ANEC-verletzender Materie" aus.
->   Volltext des Artikels von Visser und Kollegen in arxiv.org
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Einstein, Hawking, Wurmlöcher und Co.
Einsteins Relativitätstheorie hat es möglich gemacht: Rein theoretisch sind starke Krümmungen in der Raumzeit vorstellbar, so dass ein Raumschiff etwa eine Entfernung von Millionen Lichtjahren in wenigen Augenblicken überwinden könnte. Das Konzept des kosmischen Tunnels nennt sich heute Wurmloch - Wissenschaftler sprechen auch von einer "Einstein-Rosen-Brücke" (nach Albert Einstein und seinem Kollegen Nathan Rosen). Laut Theorie könnten etwa auch Schwarze Löcher über eine solche Verbindung ein Wurmloch ergeben.

Auch der Physiker Stephen Hawking hält - nach einer gewissen anfänglicher Skepsis - Wurmlöcher für möglich. Er hat allerdings zur Rettung des Kausalitätsprinzips die "Chronology Protection Conjecture" postuliert. Denn was wäre, wenn man tatsächlich in die eigene Vergangenheit zurückkehren könnte? Man denke an die Möglichkeit - frei nach dem Film "Zurück in die Zukunft", die eigene Existenz zu verhindern. Laut Hawking bräche jedenfalls ein Wurmloch zusammen, sobald sich ein einziges Partikel dem Raumzeitkanal näherte.
->   Mehr zu Wurmlöchern und Zeitreisen in www.physik.tu-dresden.de
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Zeitreisen bleiben Theorie
Dennoch, solange niemand eine Möglichkeit findet, "Exotische Materie" herzustellen, bleiben Wurmlöcher das, was sie derzeit sind: Ein rein theoretisches, mathematisches Konstrukt, das nur in Science-Fiction-Serien und unserer Vorstellung existiert.

Stephen Hawking soll im Übrigen vor einigen Jahren folgendes Argument gegen die Annahme von Wurmlöchern formuliert haben: "Der beste Beweis dafür, dass Reisen in die Zukunft und Vergangenheit nie möglich sein werden, ist die Tatsache, dass noch keine Horden von Touristen aus der Zukunft bei uns eingefallen sind."

Das schließt zwar die Existenz von Wurmlöchern nicht aus, wohl aber die Entdeckung der Raumzeitfenster.
->   Victoria University School of Mathematical and Computing Sciences
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Wurmloch-Reisen doch möglich?
->   Zeitreisen: Das Unmögliche möglich machen
 
 
 
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01.01.2010