News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Wenn das Riff ruft ... folgen die Fische  
  "Stumm wie ein Fisch"? Dieses Sprichwort ist definitiv unangebracht, meinen britische Meeresbiologen. Sie haben herausgefunden, dass sich Jungfische mit Hilfe der Geräusche ihrer älteren Artgenossen im Meer orientieren. Die Fische hören den "Ruf des Riffs" und folgen ihm - wie Tests mit künstlichen Riffen und "Geräusch-Fallen" beweisen.  
"Hörweite": Bis zu einem Kilometer
Fische, die Riffe bewohnen, kommen auf ihnen zwar zur Welt, verbringen die ersten Lebensmonate aber im offenen Meer. Das erhöht ihre Überlebenschance, da die meisten Jäger ebenfalls auf den Riffen daheim sind.

Wie sie dann wieder nach Hause an ihre Geburtsstätte schwimmen, war bislang nicht genau geklärt. Die einfache Antwort britischer Meeresbiologen laut der Online-Ausgabe von "Nature": Sie lassen sich von ihrem Gehör leiten. Möglicherweise über eine Distanz von bis zu einem Kilometer.
Schwimmblase erzeugt Geräusche
Fische, so ist Studienleiter Stephen Simpson von der Universität York überzeugt, produzieren eine Reihe unterschiedlicher knallender, schlagender und blubbernder Geräusche.

Und zwar mit Hilfe ihrer Schwimmblase, einem gasgefüllten Hohlorgan, durch deren unterschiedlich starke Füllung der Fisch sein Gewicht regulieren und somit tauchen bzw. aufsteigen kann.
Ein Gesang wie von Vögeln
Besonders in der Nacht seien die Fische besonders laut - um ihre Territorien abzustecken und miteinander zu kommunizieren. "In der Dämmerung kommt es zu einem fantastischen Crescendo, ähnlich dem Gesang von Vögeln", beschreibt Simpson seinen Ohrenzeugenbericht in der Online-Ausgabe von "Nature".
...
Hörbeispiele
"Nature" hat zwei Ton-Beispiele von Fischen bereit gestellt.
Pistolenkrebs (wav-Datei)
Planktonfische (wav-Datei)
...
Fische schwammen zu Geräusch-Fallen
Um ihre Thesen wissenschaftlich zu bestätigen, stellten die Forscher im Great-Barrier-Korallenriff vor Australien so genannte "Geräusch-Fallen" auf. Die Lautsprecher dieser Fallen ließen Geräusche von Riffen bzw. deren Bewohnern vernehmen, die sie zuvor aufgenommen hatten.

Das Ergebnis: Mehr als doppelt so viele Jungfische wurden von diesen Fallen angezogen als von anderen, die ohne die Riff-Geräusche arbeiteten.

In einem nächsten Schritt bastelten Simpson und sein Team künstliche Riffe, die ebenfalls mit den "Geräusch-Fallen" ausgestattet waren. Hier fanden sich gleich sechs mal so viele Jungfische ein wie bei Kontrollversuchen ohne vorgespielte Riff-Geräusche.
->   Mehr über das Great-Barrier-Korallenriff (12.2.03)
Ein Klang, der bereits vor der Geburt gelernt wird
Nach Ansicht von Simpson lernen die Fische den Klang heimatlicher Riffe bereits vor ihrer Geburt. So sei es bewiesen, dass sich die Herzraten von Trauerband-Anemonenfisch-Embryonen bei lauten Geräuschen erhöhen würden.

Die Fische könnten sich nach ihrer Geburt daran "erinnern" und nach ähnlichen Plätzen - einer Art "Heimat - Ausschau halten.
Positive und negative Konsequenzen
Die bewiesene Lärm-Affinität der Fische hat positive wie negative Konsequenzen. Einerseits könnte es bedeuten, dass Menschen die Gewässer nicht nur chemisch verunreinigen, sondern auch akustisch - etwa durch Schiffsmotoren oder Kraftwerke - mit entsprechend negativen Folgen für die Ökosysteme von Riffen.

Andererseits könnte sich daraus Positives für den Tierschutz ableiten lassen: etwa indem Jungtiere auf künstliche Riffe oder in Schutzgebiete gelockt werden können, wo sie nicht gefährdet sind.
->   Forschungsstation Lizard Island
->   Department of Biology, University of York
->   "Nature"
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Lärm kann bei Walen Taucherkrankheit auslösen
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010