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Stammbaum des AIDS-Virus entschlüsselt  
  Die am meisten verbreitete Form des AIDS-Virus (HIV-1) wurde von afrikanischen Schimpansen auf den Menschen übertragen. Woher das Schimpansenvirus SIV kam, war bisher allerdings nicht vollständig geklärt. Eine genetische Studie zeigt nun, dass es aus zwei verschiedenen Viren entstand ist, die von unterschiedlichen Affenarten auf die Schimpansen übertragen wurden. Die Ergebnisse legen auch den Verdacht nahe, dass Schimpansen noch weiteren, bisher unbekannten HIV-ähnlichen Viren als Wirt dienen.  
HIV ist eine genetische Variante des so genannten Simian Immunodeficiency Virus, kurz SIV, das in afrikanischen Affen und Menschenaffen vorkommt. Schimpansen haben sich laut der Studienergebnisse bei zwei Affenarten angesteckt: der Rotkopf Mangabe und der Großen Weißnasenmeerkatze.

Die Übertragung erfolgte genau so, wie das Virus wahrscheinlich einst in den menschlichen Körper gelangte: durch den Verzehr infizierten Fleisches. Schimpansen ernähren sich zum Teil vom Fleisch dieser beiden Affenarten.
Durch Verschmelzung zweier Viren
Im Laufe der Zeit entstand in den Schimpansen eine Hybridform der beiden SIV-Viren, die später an den Menschen übertragen wurde und zu HIV-1 mutierte.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichte das Wissenschaftlerteam rund um Paul Sharp vom Institute of Genetics der University of Nottingham in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science".
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Der Artikel ist erschienen in "Science": "Hybrid Origin of SIV in Chimpanzees", (Bd. 300, S. 1713).
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
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Die Entstehung eines neuen Virus
Dass die SIV-Viren der Rotkopf Mangabe und der Großen Weißnasenmeerkatze mit denen des Schimpansen genetische Gemeinsamkeiten haben, war schon seit einiger Zeit bekannt. Die gesamte evolutionäre Entwicklung des Virus konnte aber erst durch eine neu entwickelte Analyseform entschlüsselt werden.

Den Wissenschaftlern der Universität Nottingham gelang damit der Nachweis, dass das Schimpansen-Virus (SIVcpz) eine weiterentwickelte Hybridform des Rotkopf Mangaben-Virus (SIVrcm) und des Großen Weißnasenmeerkatzen-Virus (SIVgsn)ist.

Die linke Hälfte des SIVcpz-Genoms ist demnach eng mit SIVrcm verwandet, die Rechte mit SIVgsn.
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AIDS: Erster dokumentierter Fall 1981
Der erste AIDS-Fall wurde 1981 in Amerika dokumentiert. Studien der genetischen Divergenzen der beiden Hauptstränge des AIDS-Virus, HIV-1 und HIV-2, legen den Schluss nahe, dass die Übertragung auf den Menschen ca. 1940 statt gefunden hat. Es gibt auch Spekulationen, dass der Anstieg des internationalen Reiseverkehrs seit 1960 zur Verbreitung der Infektion beigetragen hat.
->   HIV-Infektion und AIDS (medicine worldwide)
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Gemeinsamkeiten von Affen- und Menscheninfektion
Zwischen der SIV-Infektion der Schimpansen und der HIV-Infektion des Menschen gibt es einige Parallelen.

Erstens: Schimpansen haben SIV von zwei verschiedenen Quellen bekommen - Menschen werden durch zwei unterschiedliche AIDS-Viren infiziert.

Zweitens: Während Affen schon vor sehr langer Zeit mit SIV infiziert wurden, haben sich Schimpansen erst vor relativ kurzem mit SIV angesteckt. So zeigt ein Teil der Studie, dass die Verbreitung des SIV-Virus in Schimpansen weitaus geringer ist als in anderen Affenarten. Der Verlauf ähnelt sehr der Verbreitung des HIV-Virus in jenem Teil des westlichen Zentralafrikas, in dem AIDS das erste mal aufkam.
Schimpansen entwickeln keine Krankheitssymptome
Der entscheidende Unterschied zwischen der SIV-Infektion von Schimpansen und HIV ist allerdings, dass Schimpansen keine Krankheitssymptome entwickeln.

Angesichts der engen genetischen Verwandtschaft von Schimpansen und Menschen wirft sich hier die Frage auf, ob sich Schimpansen parallel zum SIV-Virus weiterentwickelt haben, um diese nicht-pathogene Eigenschaft zu erhalten.
Mehr als zwei HIV-Stämme?
Auf Grund der Ergebnisse der Studie besteht laut den Wissenschaftlern auch die Möglichkeit, dass das Vorläufervirus zu AIDS (SIVcpz) noch mit anderen SIV-Viren interagiert. Das würde bedeuten, dass Schimpansen auch Träger bisher noch unbekannter aidsähnlicher Viren sind, die durchaus für den Menschen gefährlich werden könnten - ein potentielles HIV-3.

Daher sollten nach Angaben der Forscher die Studien über die SIV-Infektion in wildlebenden Schimpansen ausgeweitet werden, um zu erfahren von welchen und wie vielen Affenarten die Schimpansen SIV-Viren aufnehmen.

Weitere Ziele: Es gilt zu erfahren, wie die Schimpansen die Fähigkeit, nicht an dem Virus zu erkanken, erworben haben sowie welche Co-Infektionen und Rekombinationen mit dem Vorläufer des AIDS-Virus möglich sind.
->   Universität von Nottingham
->   Alles zum Stichwort AIDS in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010