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Erkrankungen des Stimmapparates nehmen drastisch zu  
  Zählte man bisher Lehrer, Schauspieler, Kindergärtnerinnen usw. zu dieser Berufsgruppe, so entstanden in den letzten Jahren - vor allem im Dienstleistungsbereich - immer mehr Berufe, in denen eine hohe stimmliche Belastbarkeit voraus gesetzt wird. Doch Stimmprobleme bei Sprechberufen nehmen zu. Der Ö1-Radiodoktor beschäftigte sich mit Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Stimmstörungen.  
"Die Fälle von Kommunikationsstörungen durch Stimm- und Gehörschäden nehmen besorgniserregend zu", betont der HNO-Arzt und Phoniater Wolfgang Bigenzahn.

Sein dringender Appell an die niedergelassenen Ärzte: "Patienten, die länger als drei Wochen heiser sind, ohne dass dies durch eine Infektion der Atemwege erklärbar ist, müssen unbedingt von einem HNO-Spezialisten bzw. Phoniater untersucht werden."
Fünf Prozent sind stimmgestört - Tendenz steigend
Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind stimmgestört und mehr als zehn Prozent der Vorschulkinder sprachgestört. Tendenz: steigend.

"Diese Entwicklung ist nicht nur aus der Gesundheitsperspektive bedenklich", so Bigenzahn. "Stimmstörungen können auch negative, berufliche Konsequenzen haben. Denn etwa 80 Prozent aller Berufe bauen auf kommunikativen Fähigkeiten auf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es nur etwa zehn bis 20 Prozent."
Stimmqualitäten im Wandel der Zeit
"Im Moment sind die behauchten Stimmen gerade in", so Ingrid Amon, ehemalige ORF-Moderatorin und Trainerin für Sprechtechnik. "Eine Celine Dion kann das auch perfekt, so manche Nachwuchssängerin hat aber nicht dieselben technischen Möglichkeiten und setzt beim Nachahmen ihre Stimme aufs Spiel."

Tiefe und sonore Männerstimmen strahlen Seriosität und Glaubwürdigkeit aus, während weibliche, hohe Stimmen schnell als schrill oder gar hysterisch qualifiziert werden.

"Das finde ich bedauerlich und das war auch nicht immer so", sagt Ingrid Amon. "In den Filmen aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts - denken Sie nur an Willi Forst - waren die Stimmlagen von Männern wie Frauen deutlich höher, als dies derzeit der Fall ist."
Die häufigsten Fehler
"Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten, nehmen beim Sprechen oft die Sprechweise und Tonhöhe der Kinder an - das tut der Stimme nicht gut", so die HNO-Ärztin und Phoniaterin Berit Schneider. "Auch Lehrer bleiben oft auf der selben Tonhöhe, das beeinträchtigt die Stimme auf Dauer ebenfalls."

Denn die Stimmlippen sind für ein moduliertes Sprechen konstruiert und bedürfen der Entspannungsphasen.

Eine weitere Grundregel ist: Je lauter gesprochen wird, desto kürzer ist die Stimme belastbar. Durch die meist laute Musik in Lokalen wird die Stimme des Bedienungspersonals daher über Gebühr strapaziert. Natürlich auch die der Besucher, die versuchen, sich zu unterhalten.
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Stimmwunder und schlechte Vorbilder
"Die Stimmen von Edith Piaf oder Frank Sinatra sind aus phoniatrischer Sicht eigentlich nicht völlig gesund", erklärt Berit Schneider. "Joe Cocker, Tom Waits oder Janice Joplin haben oder hatten so betrachtet ziemlich kranke Stimmen. Auch Rappen und der Versuch seiner Stimme möglichst dunkle oder heisere Klangfarben zu verleihen, ist der Stimmgesundheit nicht zuträglich."
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Die Folgen: Räusperzwang, kippende Stimme ...
Stimmstörungen wie Schluck- oder Räusperzwang, Trockenheit oder Schleim im Hals, Kloßgefühl sowie rasches Ermüden oder häufiges Umkippen sind die Folge. Dies beeinträchtigt rasch das allgemeine Wohlempfinden.

Während eine akute Kehlkopfentzündung mit starker Heiserkeit ein sehr deutliches Warnzeichen ist, suchen die meisten Betroffenen mit chronischer Überlastung erst spät einen Arzt auf

Chronische Entzündungen und Schwellungen der Stimmlippen, Ödeme, Polypen, Zysten oder Knötchen an den Stimmlippen können die Konsequenzen sein.
Alarmsignal Heiserkeit
Die Heiserkeit ist das Leitsymptom für Stimmstörungen. Es wird zwischen organischen und funktionellen Stimmstörungen unterschieden.

Organische Stimmstörungen sind in der Regel auf Erkrankungen des Kehlkopfes zurückzuführen.

Funktionelle Stimmstörungen sind durch eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Stimmwerkzeuge, insbesondere der Stimmlippen, gekennzeichnet, ohne dass eine organische Schädigung am Kehlkopf vorliegt.
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Stimmorgan und Stimmstörungen
Etwa 60 verschiedene Muskeln sind beteiligt, wenn Luft aus der Lunge in Richtung Kehlkopf strömt. Dort bringt sie die Stimmlippen zur Schwingung. In der tongebenden Stellung sind die Stimmlippen geschlossen. Im Kehlkopf entsteht ein Grundton. Dieser wird zur eigentlichen Stimme aufgebaut. Tiefe Töne entspringen kurzen, wenig gespannten, hohe Töne gespannten, langen Stimmlippen.
->   Erkrankungen des Stimmapparates in www.ahc-consilium.at
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Ursachen für Stimmstörungen
"Gründe können starke stimmliche Belastungen und Anstrengungen durch langes oder lautes Sprechen sein", so Wolfgang Bigenzahn. Aber auch schlechte Angewohnheiten wie ständiges Räuspern, harter Stimmeinsatz oder gepresste Stimmgebung, welche die Stimmqualität verändern.

Auch hormonelle Einflüsse, etwa in der Schwangerschaft oder Menopause, können die Stimme verändern - ebenso Nikotin und Alkohol. Die Störungen der Artikulationsfähigkeit können aber auch Anzeichen von Hörstörungen sein.

Jede Heiserkeit, die länger als drei Wochen dauert, sollte unbedingt von einem HNO-Arzt abgeklärt werden.

Christoph Leprich, Ö1-Radiodoktor
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Zu Gast beim Ö1-Radiodoktor am 23.6.03 waren der HNO-Arzt Wolfgang Bigenzahn, die Sängerin und HNO-Ärztin Berit Schneider und die Trainerin für Sprechtechnik Ingrid Amon.

Eine kostenlose Infomappe zur Sendung kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort: "Stimmstörungen", 1040 Wien oder per E-Mail: radiodoktor@orf.at.
->   Radio Österreich 1
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->   Stimmstörungen (medicine-worldwide)
->   Physiologische Grundlagen (medicine-worldwide)
->   Kehlkopfentzündung (AKH-Wien)
 
 
 
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01.01.2010