News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Ethisch unbedenklich: Stammzellen aus dem Fruchtwasser  
  Wiener Genetiker haben Stammzellen im Fruchtwasser gefunden, die bisher nur in Embryonen entdeckt worden sind. Mit diesen Stammzellen sollen sich Haut- und Nervengewebe herstellen lassen. Die Entdeckung könnte die ethisch umstrittene Forschung mit embryonalen Stammzellen ersetzen.  
Für Haut- und Nervengewebe
Stammzellen von Embryonen liefern das beste Material zur Herstellung von menschlichem Gewebe wie Haut, Muskeln und Nerven. Aus ethischen Gründen ist die Forschung mit diesen Stammzellen in Österreich und den meisten anderen europäischen Staaten aber verboten.

Genetiker der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde haben dieselben Stammzellen nun im Fruchtwasser gefunden. Ob man alle der rund 200 menschlichen Zellen ebenso wie aus den embryonalen Stammzellen nachbilden kann, weiß man zur Zeit noch nicht.

Mit Sicherheit aber würden sich Haut- und Nervengewebe herstellen lassen, so der Genetiker Markus Hengstschläger gegenüber dem ORF-Radio.
Die entsprechende Studie ist unter dem Titel "Oct-4-expressing cells in human amniotic fluid: a new source for stem cell research?" in "Human Reproduction" (Bd. 18., S. 1489-1493, Ausgabe vom 30. Juni) erschienen.
->   Human Reproduction
Pluripotente Stammzellen
Die Forschergruppe um Professor Hengstschläger hat einen Marker, das so genannte Oct-4 Protein entdeckt, das bisher nur in den embryonalen Stammzellen gefunden wurde. Diese so genannten pluripotenten Stammzellen konnten bisher auch nicht im Nabelschnurblut nachgewiesen werden.

Sie wurden nur im inneren Zellkern von Embryonen isoliert und eben jetzt auch im Fruchtwasser, das den Embryo während der Schwangerschaft umgibt.
Mögliche Anwendung: Haut für Neugeborene
"Eine erste Anwendung der Forschungen wird die Erzeugung von Haut sein", meinte Markus Hengstschläger im ORF-Radio. "Wir stellen uns vor, dass wir bei Fehlbildungen des Kindes, wo unmittelbar nach der Geburt Haut benötigt wird, schon während der Schwangerschaft aus dem Fruchtwasser Hautzellen herstellen können. Das Hautgewebe kann dem Baby dann unmittelbar nach der Geburt eingepflanzt werden. Der Vorteil ist, dass es Haut ist, die das Kind nicht abstoßen würde, weil sie aus den eigenen Zellen, die im Fruchtwasser geschwommen sind, hergestellt worden ist."
...
Der Genetiker Markus Hengstschläger ist Leiter des Pränatalmedizinisch-genetischen Labors der Abteilung für Pränatale Diagnostik und Therapie der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, am AKH Wien. Für science.ORF.at hat er eine Reihe von Gastkommentaren rund um Gentechnik und - diagnostik verfasst.
->   Die Beiträge von Markus Hengstschläger
...
Ersatz für Embryonenforschung?
Die Stammzellen aus Fruchtwasser können eine Alternative zur umstrittenen Embryonenforschung sein. Es sei allerdings noch zu früh um vorherzusagen, ob die Erkenntnisse die Embryonenforschung überflüssig machen, so der Genetiker Markus Hengstschläger.

Aber durch intensive Forschungen müsse man der Frage nachgehen, ob es nicht möglich sein könnte, in fünf bis zehn Jahren durch diese Quelle die Embryonenforschung in Frage zu stellen.
Potente Alternative
Eine Alternative zu den embryonalen Stammzellen sind so genannte adulte Stammzellen. Also Stammzellen, die Erwachsenen entnommen werden. Aber die Herstellung von Zellen aus adulten Stammzellen ist wesentlich aufwändiger und man weiß zur Zeit nicht, ob sie dasselbe können.

Die Alternative der Stammzellen aus Fruchtwasser sei wesentlich aussichtsreicher, meint Markus Hengstschläger, weil sie den pluripotenten Stammzellen von Embryonen am ähnlichsten sind.

Das Gewinnen von Zellen aus embryonalen Stammzellen sei zwar einfacher und schneller, aber das Vermeiden der Verwendung von Stammzellen aus Embryonen rechtfertigt nach Ansicht von Markus Hengstschläger den etwas steinigeren Weg.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
science.ORF.at
->   Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde
->   European Society of Human Reproduction and Embryology
Die Alternativen zu embryonalen Stammzellen:
->   Embryonale Stammzellen erstmals durch Jungfernzeugung (24.4.03)
->   Milchzähne als neue Stammzellen-Quelle (22.4.03)
->   Forscher entdecken Blut als Stammzellen-Lieferant (25.2.03)
->   Erfolgreiche Behandlung mit Nabelschnurblut (19.2.03)
->   Ähnlich: Neuronale und embryonale Stammzellen (12.9.02)
->   Das science.ORF.at-Archiv zum Thema "Stammzellen"
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010