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Museen zwischen Kulturarchiv und Kuriositätenkabinett  
  Museen sind nicht mehr ausschließlich Institutionen der reinen Wissensvermittlung, sie werden zunehmend nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt und bieten eine Mischung an Animation, Unterhaltung und Bildungsangeboten.  
Die Werbestrategien von Schausammlungen sind zunehmend am Eventmarketing orientiert. Mehrere Millionen Besucher kommen pro Jahr in die österreichischen Museen und Sammlungen. Und ihnen wird zunehmend das Erlebnis garantiert. Die museale Landschaft Österreichs ist im Umbruch.
Streifzug durch die Museologie
Ein Streifzug durch die Museologie im Zeitalter der Privatisierung zeigt, daß die wissenschaftliche Bildungseinrichtung Museum zunehmend gefordert ist, sich im Konkurrenzkampf am freien Markt der Unterhaltung zu behaupten. Neue Museen und aufwendige Inszenierungen sollen immer mehr Besucher anlocken.

Erlebniswelten scheinen Garanten dafür zu sein. Erlebniswelten versuchen, das Publikum durch eine Mischung von wissenschaftlichen Inhalten und oppulenter Inszenierung zu gewinnen. Die Werbestrategien sind dem Eventmarketing sehr ähnlich. Interaktivität und Animation stehen im Bereich der Vermittlung an oberster Stelle. Doch nicht nur Erlebniswelten kämpfen um ihr Publikum am breiten Markt des Edutainments.
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Ausgliederung der Bundesmuseen
Die gerade in Vollzug befindliche Ausgliederung der Bundesmuseen aus dem ministeriellen Bereich und deren Neustrukturierung als eigenständige wissenschaftliche Anstalten öffentlichen Rechts mit Geschäftsführung und Kuratorium an der Spitze führt dazu, dass die Bundesmuseen (etwa das Kunsthistorische, das Naturhistorische, das Technische Museum) zu Unternehmen werden, die nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden. Dazu gehört in Zukunft auch, Geld durch Veranstaltungen und andere Aktivitäten zu
verdienen.
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Edutainment haben wichtigen Stellwert
Und auch hier ist abzusehen, dass das Edutainment einen
wichtigen Stellenwert erhält. Merchantising ist ein Schlüsselbegriff der neuen Museologie, Interaktivität ein weiterer. Doch wo sind die Grenzen wissenschaftlich seriöser Arbeit?

Museologen warnen vor der Verflachung von Inhalten, vor Inszenierungen ihrer selbst Willen, vor einer Einschränkung von Inhalten und Fragestellungen, die keinen Gewinn erwarten lassen. Verlieren Museen ihre Rolle als Plattformen für gesellschaftskritische Diskurse?
Schule des Befremdens?
Museologen sind skeptisch, wenn es darum geht, die einseitige Orientierung an interaktiven Show-Elementen als dominante Leitlinie neuer Erlebniswelten zu propagieren. Als Schule des Befremdens hat Peter Sloterdijk die Institution Museum bezeichnet. Und gerade Befremden als eine Möglichkeit des kreativen Umgangs mit Kultur tritt zunehmend im Hintergrund mancher vordergründiger Inszenierung.

Das möglichst authentische "lebende Museum", das Museumsdorf, der Lehrpfad durch die musealisierte Landschaft, das sind Trends, die die heutige Museologie im Bereich der Regional- und Heimatmuseen beherrschen. Rund 1500 Gemeinde-, Vereins- und Privatmuseen und Sammlungen gibt es derzeit in Österreich. Der Museumsboom der 90er Jahre hält weiter an.
Das Heimatmuseum, die Rumpelkammer der Geschichte
So hat der Volkskundler Helmut Fielhauer vor mehr als 20 Jahren die kleinen, heimatkundlichen Sammlungen umschrieben, mit der Betonung, welches Potential gerade in den kleinen Museen für emanzipatorische Bildungsarbeit liegen kann. Die Tendenz, die umgebende Kulturlandschaft in das museale Konzept zu übernehmen, setzt sich nach und nach durch.

Gewachsene Kulturgeschichte ist in der Landschaft so gut wie nirgendwo anders präsentierbar, und so können geführte kulturhistorische Wanderwege dazu beitragem die komplexen Verbindungen von naturräumlichen und kulturellen Einflüssen auf gesellschaftliche Strukturen darzustellen. Gerade in Zeiten von Virtual Reality und Cyberspace zeigen gerade die neuen Trends der Museologie, daß der reale Ort, die Begrenztheit des Museums, die Aura des Objekts, die Kommunikation an einem dafür geschaffenen Ort, das Forum bieten, in eine Diskussion über gesellschaftspolitische Entwürfe einzutauchen.

Wolfgang Slapansky
 
 
 
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01.01.2010