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Tibetische Medizin: Alte Heilkunde - neue Hoffnung  
  Seit jeher hat der Mythos Tibet die Menschen begeistert. Tibetische Bewegungslehre und Nahrungsmittelergänzungen sorgen für Verkaufserfolge. Doch jetzt entdeckt auch die moderne Medizin zunehmend die fernöstliche Heilkunde. Innsbrucker Krebsforscher sehen sogar Hoffnung auf neue Tumor-Therapeutika.  
Je mehr Stress und psychosomatische Erkrankungen unser Leben prägen, desto mehr wächst die Sehnsucht nach ganzheitlichen Medizinsystemen, wie der tibetischen Heilkunde.

Doch was Patienten fasziniert - die Verbindung von Physiologie, Philosophie und Spiritualität -, macht westliche Naturwissenschaftler skeptisch.
Esoterischer Mythos oder ernsthafte Medizin?
Das Konzept der tibetischen Medizin, das auf einfachster, nicht-technischer Diagnose von Energieflüssen beruht, ist mit unseren Methoden nicht nachvollziehbar.

Ebenso widerspricht die tibetische Apotheke mit ihren Mehrstoffgemischen, die aus bis zu 10.000 Einzelsubstanzen bestehen, unserem pharmakologischen Prinzip, das auf der Überprüfbarkeit von Monosubstanzen beruht.
"Biologische Vernunft" aus dem Himalaya
Tibetische Mehrstoffgemische werden so zusammengestellt, dass ein Gleichgewicht von Wirkung und Nebenwirkung entsteht.

Durch die geringe Dosierung soll die Heilkraft des Körpers angeregt und dadurch eine erwünschte Wirkung erzielt werden, gleichzeitig sollen unerwünschte Nebenwirkungen ausbleiben.

Dieses Prinzip der "biologischen Vernunft" ist über Jahrhunderte entwickelt worden. Die tibetische Medizin hat dabei Einflüsse aus dem Indischen Ayurveda, der Traditionell Chinesischen Medizin und der arabischen Unani-Schule verarbeitet.
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Inhaltsstoffe teilweise erforscht
Der Inhalt der tibetischen Heilmittel ist teilweise bekannt und erforscht. Darunter sind Polyphenole, die auch in Obst oder Grünem Tee vorhanden sind, und die bereits als entzündungshemmend und tumorhemmend gelten.
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Sanft, und trotzdem stark
In den tibetischen Heilmitteln werden Polyphenole - natürlich vorkommende Substanzen, die entzündungshemmend wirken - mit anderen Substanzen kombiniert, die die heilende Wirkung verstärken. Dazu gehören:

Gerbstoffe: Entzündungshemmende Gerbstoffe, so genannte Tannine, die auch im Rotwein vorhanden sind.

Flavonoide: Pflanzliche Farbstoffe, Flavonoide, die für die Zelle gefährliche Sauerstoffradikale binden. Ätherische Öle, die reinigen und Gefässwände schützen.

Weihrauch: Nicht zuletzt Weihrauch, der mittlerweile auch von der westlichen Medizin bei rheumatischen Beschwerden und chronischen Entzündungen, Magen-, Darm- und Hauterkrankungen eingesetzt wird.
Tibetische Medizin in der Tumorbiologie
An der Universität Innsbruck, am Institut für medizinische Chemie, bereitet man den Einsatz tibetischer Mehrstoffgemische in der Tumorbiologie vor. Anstoß für die Arbeitsgruppe um Florian Überall waren die vielversprechenden Erkenntnisse über die heilsamen Einzelsubstanzen.

In mehreren Testreihen konnte jetzt die Wirkung von bestimmten Mehrstoffgemischen, darunter das bekannte Padma 28, auf Tumorzellen nachgewiesen werden.

Ausgangspunkt für das Therapiekonzept ist dabei der Mechanismus des programmierten Zelltodes. Dieses Programm sorgt dafür, dass kranke oder degenerierte Zellen absterben. Die Krankheit setzt dieses Programm außer Kraft - nur deshalb kann sich der Tumor ausbreiten.
Tibetische Gemische lassen Tumorzellen sterben
Die Arbeitsgruppe von Überall konnte nun nachweisen, dass einige tibetische Mehrstoffgemische diesen Mechanismus des programmierten Zelltods wieder in Gang setzen. Ergebnis: die Tumorzelle stirbt ab.

Die Wirkweise wurde bisher nur in Zellkulturen nachgewiesen, es gibt aber die Hoffnung, dass damit der Weg für neue Tumortherapeutika mit geringeren Nebenwirkungen frei ist.
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DNA-Biochips
Die Laborerfolge haben die Forschungsarbeiten nun ausgeweitet. In einem nächsten Arbeitsschritt soll die Wirkung tibetischer Mehrstoffgemische mit DNA-Biochip-Analysen untersucht werden.

Mit dieser Methode lassen sich die komplexen Vorgänge, mit denen die Mehrstoffgemische wirken, bereits auf der genetischen Ebene nachweisen.
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Auch heimische Kräuter zur Krebsbekämpfung geeignet?
Die Aufmerksamkeit der Tiroler Krebsforscher gilt aber nicht nur der Wirkungsweise der tibetischen Mehrstoffgemische, sondern auch den Inhaltsstoffen selbst. Viele der Pflanzen aus dem Himalaya, die in der tibetischen Medizin verwendet werden, gibt es auch in den Tiroler Bergen.

Es sind vor allem Mohn- und Enziangewächse, aber auch der Eisenhut, der schon in der Mittelalterlichen Klostermedizin eingesetzt wurde. Bei heimischen Pflanzen kann die Qualität und der Wirkstoffgehalt leichter kontrolliert werden als bei Pflanzen, die aus Asien kommen.

Östliche Tradition bringt die westliche Medizin so wieder zu ihren Wurzeln zurück.

Ein Beitrag von Tom Matzek für Modern Times, am Freitag den 11.7.2003, um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   Modern Times
->   Informationszentrum für Tibetische Medizin
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Weihrauch als Medizin (20.12.2001)
->   Gesund bleiben nach den Richtlinien der TCM (21.3.03)
->   Traditionelle Chinesische Medizin und Ernährung (8.5.02)
 
 
 
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01.01.2010