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"Dressierte" Bakterien als Nanotech-Werkzeuge  
  Eine der größten Schwierigkeiten in der Nanotechnologie besteht darin, in den winzigen Größenordnungen Objekte zu bewegen. Laut US-Forschern könnten die molekulare Bauarbeiten bald von "dressierten" Bakterien durchgeführt werden. Diese "biorobotic bugs" würden z. B. bei der Konstruktion von mikroskopisch kleinen Schaltkreisen und anderen Nanotech-Geräten eingesetzt werden.  
Auf der mikroskopischen Ebene der Nanotechnolgie behindern enorme Reibungskräfte den Pumpvorgang von Flüssigkeiten oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen, vermischen sich fließende Flüssigkeiten nicht.
Bauarbeiten im Nanobereich
Die fadenartigen Arme von bestimmten Bakterienarten wären nach der Meinung von Linda Turner, vom Rowland Institute at Harvard, Massachusetts, bestens für solche Arbeiten geeignet. Die Ergebnisse ihrer Arbeit stellte die Wissenschaftlerin auf der Konferenz über Bio-, Mikro- und Nanosysteme der "American Society of Microbiology" vor.

Das Team um Turner bestrich laut der Online-Ausgabe von "Nature" winzige Kügelchen mit einer Schicht einer bestimmten Bakterienart, Serratia marcescens. Durch das Flimmern der Geißeln der Bakterien wurden die Kügelchen tatsächlich fortbewegt.

In einem anderen Versuch wurde die Innenseite einer mikroskopisch kleinen Röhre mit den Bakterien beschichtet. Durch die rotierenden Bewegungen der Geißeln wurde eine in die Röhre geleitete Flüssigkeit doppelt so schnell vermischt als es durch Diffusion bisher möglich war.
Reagieren auf Zuruf
Das Wissenschaftlerteam versucht nun die Bakterien so zu "trainieren", dass sie auf Befehle reagieren. Dies könnte durch Licht oder Chemikalien erreicht werden, durch die die Bakterien angelockt oder stimuliert werden. "Wir möchten sie ganz einfach dazu bringen, dass sie dort hingehen, wo wir es wollen", so Turner laut "Nature".
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Bakterien
Bakterien sind sehr kleine, immer einzellige Lebewesen. Sie enthalten keinen festen Zellkern. Die DNA liegt daher "nackt" in der Zelle. Wegen dieser besonderen Eigenschaft zählt man die Bakterien zu den Prokaryonten. Im Gegensatz dazu liegt in der pflanzlichen, tierischen und menschlichen Zelle die DNA in einem Zellkern. Man rechnet sie deshalb zu den Eukaryonten. Die Bakterien pflanzen sich durch einfache Querteilung fort.
Die Serratia marcescens gehört zu der Bakteriengattung Enterobacteriaceae; kleine, gramnegative, aerobe, peritrich begeißelte, rotes Pigment (Prodigiosin) bildende, saprophytäre Stäbchen.
->   Mehr über Bakterien (medicine worldwide)
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Billige Arbeitskraft
Mit Hilfe der Bakterien könnte man z. B. Kügelchen steuern und so Flüssigkeiten durch genau bestimmte mikroskopisch kleine Kanäle lenken. "Wir möchten Bakterien zu gebrauchsfertigen Maschinen machen", sagt der Nanotechnologe Michael Simpson vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee.

Nach seinen Aussagen wären Bakterien die idealen "Nano-Arbeitspferde", perfekt angepasst an die mikroskopisch kleine Welt und ihre komplizierten Bedingungen.
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Nanotechnologie
Methoden zur Hertstellung von molekularen Maschinen und Computern, deren Größenordnung im Nanometerbereich (1 nm = 10 hoch minus 9 m) liegt. Die Umsetzung ist bisher nur in Ansätzen gelungen. Die Nanotechnologie basiert zu einem Großteil auf der supramolekularen Chemie, die sich mit der Synthese und der molekularen Handhabung komplexer, hochmolekularer Aggregate befasst.

Man erhofft sich von der Nanotechnologie nutzbringende Anwendungen u. a. in der Robotik, Sensorik, Prozesstechnik, Biotechnolgie, Medizin und Kunstrestauration. Systeme der Nanotechnologie sollen Eigenschaften, die für biologische Systeme typisch sind, aufweisen: Selbstorganisation, Selbstreproduktion, Anpassungsfähigkeit und Kontinuität.
->   Mehr über Nanotechnologie (Universität Ulm)
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Weitere Fähigkeiten
Auch die Fähigkeit von Bakterien, zu greifen und sich an einer Oberfläche zu verankern, könnte in der Arbeitswelt der Nanotechnologie nutzbar gemacht werden, erklärte Viola Vogel von der University of Washington, Seattle, auf dem Kongress.

Vogel und ihr Team konnten bereits zeigen, dass das Protein FimH, wenn es auf die Spitzen der Geißeln des Bakteriums Escherichia coli aufgebracht wird, zu einer engen Bindung zwischen den Bakterien führt.
Greifen und Halten
Die Wissenschaftler rissen E. coli seine Geißeln aus und befestigten sie an zwei unterschiedlichen Arten von mikroskopisch kleinen Kügelchen. Die einen waren nur halb so groß wie die anderen. Dann wurden alle Kügelchen über eine Oberfläche gespült.

Da die Schubkraft bei größeren Kugeln stärker als bei kleineren ist, versuchten die Geßseln der größeren Kügelchen die Oberfläche zu greifen und sich fest zu setzten, während die kleineren Kügelchen weggespült wurden.

Mit diesem Trick möchte Vogel Bakterien unterschiedlicher Größe sortieren oder Partikel unterschiedlichen Formats.
->   Rowland Institute at Harvard
->   University of Washington, Seattle
->   American Society of Microbiology
->   Mehr über Nanotechnologie in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010