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Flusslandschaften: Erste Österreichweite Studie  
  Flusslandschaften erfüllen eine ganze Reihe von Funktionen: als Erholungsräume, als ökonomische Nutzungsräume und vor allem auch als wichtige ökologische Ressourcen. Ob sie ihre ökologische Funktionsfähigkeit bewahren, hängt vor allem vom Eingriff des Menschen ab. Wie es um die heimischen Flusslandschaften bestellt ist, zeigt nun die erste Österreichweite Studie. Ein Resultat: Mehr als die Hälfte aller Fließgewässer weist einen durch menschliche Eingriffe veränderten Verlauf auf.  
An der Universität für Bodenkultur, Abteilung für Hydrobiologie, Fischereiwirtschaft und Aquakultur, wurden Fließgewässer nach ihrem ökologischen Zustand typisiert und klassifiziert und daraus abgeleitet Leitbilder für eine nachhaltige Entwicklung dieser Flusslandschaften erarbeitet.
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EU-Wasserrahmenrichtlinie
Die "EU-Wasserrahmenrichtlinie", die seit 2000 als bindende Vorgabe der künftigen Gewässerpolitik aller EU-Mitgliedsstaaten in Kraft ist, beinhaltet weitreichende Bestimmungen zur Sicherung und Verbesserung des ökologischen Zustands von Fließgewässern.
Für die Umsetzung dieser Bestimmungen werden laufend wesentliche wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet, wie beispielsweise die Ausweisung von Gewässertypen, Methoden zur Evaluierung des gewässerökologischen Zustandes oder die Definition von Referenzbedingungen.
->   Die EU-Wasserrahmenrichtlinie
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25 naturräumlich-ökologische Flusstypen
Mit den Ergebnissen des Forschungsprojektes liegt nun eine Österreichweite Typisierung aller großen Flüsse Österreichs (53 Flüsse mit einem Einzugsgebiet von mehr als 500 Quadratkilometern) in Hinblick auf ihre naturräumliche Charakteristik, ebenso wie hinsichtlich Fischfauna und Auwald-Vegetation vor.

Dabei klassifizierten die Wissenschaftler 25 Flusstypen, die Flüsse und deren Talraum vorerst ohne menschliche Eingriffe abbilden.
Natürliche Referenzsysteme
Die derart charakterisierten Gewässer dienen als natürliche Referenzsysteme, um Merkmale und Funktionen intakter Fließgewässer zu erkennen und zu beschreiben. Diese Informationen liefern eine objektivierte und nachvollziehbare Bezugsbasis für Bewertungen.

Gleichzeitig können auch Seltenheit und Gefährdungsgrad spezifischer Fließgewässertypen belegt werden, da neben diesen Untersuchungen auch Österreichweit ein Überblick über all jene Eingriffe vorliegt, die den Zustand der Gewässer - morphologisch wie hydrologisch - wesentlich prägen: z.B. Regulierungen des Flussverlaufes, Flächennutzungen im Talraum durch Land- und Forstwirtschaft bzw. Siedlungen, Rückstau, Wasserausleitung und Schwellbetrieb durch Kraftwerke.
Mehr als die Hälfte veränderte Flussverläufe
Rund 55 Prozent aller untersuchten Fließgewässerabschnitte (2.910 Quadratkilometer) weisen einen durch menschliche Eingriffe - vor allem durch Regulierung - morphologisch veränderten Flussverlauf auf.

So wurden z.B. Flussabschnitte mit verzweigtem Verlauf, so genannte Furkationssysteme, von 22 Prozent auf ein Prozent reduziert. Ausschlaggebend dafür sind beispielsweise die systematischen Regulierungen an der Donau sowie an Inn und Salzach.
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Ein Drittel von Kraftwerken unbeeinflusst
Fluss-Mäanderstrecken wurden von 25 Prozent auf etwa acht Prozent verringert. 67 Prozent sind durch den Betrieb von Lauf- und Speicherkraftwerken in ihrem natürlichen Abflussverlauf zumindest bereichsweise beeinflusst.

Nur mehr ein Drittel der Flussstrecken weist keine oder nur lokal begrenzte Veränderungen der hydrologischen Verhältnisse durch Kraftwerksanlagen auf.
->   Mehr zu Flusstypen
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Nur mehr 15 Prozent Auen
Besonders auffällig ist der Verlust ehemaliger Auwälder. Österreichweit sind nur mehr 15 Prozent der potenziellen Auenstufe als "Auen" zu klassifizieren. Grünland und Ackernutzung (insgesamt 52 Prozent) prägen das einst flussgeprägte Umland und verdeutlichen gleichzeitig den Wandel der Fluss-Landschaften in der österreichischen Kulturlandschaft.
Projektziel: Leitbildentwicklung

Ein weiteres Projektziel war die Entwicklung von Leitbildern für eine nachhaltige Entwicklung der Flusslandschaften. Diese Leitbilder müssen nach einheitlichen Kriterien definiert und quantifiziert werden.

Mit Hilfe dieses 'Leitbild-Konzeptes' lassen sich ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Anforderungen in ein Entwicklungsszenario integrieren, wobei der Einfluss jedes einzelnen Projekts oder Vorhabens auf das Gesamtsystem der Flusslandschaft untersucht wird.

Wichtig war den Wissenschaftlern dabei, auch gesellschaftliche Wertvorstellungen, Erwartungen und Ansprüche mit einzubeziehen.

Sylvia Anner
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Fallbeispiel Möll
Am Fallbeispiel der Flusslandschaften der Möll in Kärnten wurden die theoretischen Ansätze praktisch "getestet". Ausgehend vom Status quo der Möll entwickelte das Forscherteam zwei Leitbildansätze: ein Normativszenario laut EU-Wasserrahmenrichtlinie - "guter ökologischer Zustand" - und ein "Mölltal-Leitbild" der Region.
Weitere Ergebnisse sind in dem demnächst erscheinenden Heft 7/8 der Zeitschrift "Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft" (Jg. 54) zu finden.
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->   Flusslandschaftstypen Österreichs
->   BOKU, Abteilung für Hydrobiologie, Fischereiwirtschaft und Aquakultur
->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
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01.01.2010