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Deutsche US-Emigranten während der NS-Zeit  
  Das Verhalten deutscher Emigranten in den USA während der NS-Zeit steht im Mittelpunkt einer jüngst erschienenen Publikation. Ob deren oftmals festgestellten Nazi-Sympathien als überraschend zu bewerten sind oder nicht, darüber herrscht Unklarheit bei den Fachleuten.  
Karl Markus Kreis, Professor für Sozialpädagogik an der Fachhochschule Dortmund, hat sich für seine Untersuchung die deutschamerikanische Presse der Stadt Buffalo im Staat New York vorgenommen und sie für die Monate unmittelbar nach der Machtergreifung der Nazis 1933 und nach der Reichspogromnacht 1938 ausgewertet.
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Karl Markus Kreis: Reaktionen in der deutschamerikanischen Presse auf die nationalsozialistischen Judenverfolgungen: "Buffalo Volksfreund" und "Aurora und Christliche Woche", Buffalo, N.Y.
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Nazi-Blatt: Der ''Buffalo Volksfreund"
"Die führende deutschsprachige Zeitung, der 'Buffalo Volksfreund', schlug sich gleich 1933 auf die Seite der NS-Regierung und folgte peinlich stramm der offiziellen Propaganda, sie wurde sogar das offizielle Organ der Buffaloer Nazis", berichtet Kreis.

Die zweite deutschsprachige Zeitung, die katholische "Aurora und Christliche Woche", kritisierte zwar vehement die NS-Regierung und ihre Propaganda, aber nur wegen der Verfolgung der Katholiken durch die Nazis. Gegenüber der Judenverfolgung legte die Zeitung auffällige Zurückhaltung an den Tag, ja manchmal äußerte sie sogar Verständnis dafür.
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Dies sei eher überraschend, denn "nach Amerika wanderten die meisten Deutschen vor und nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten aus, sondern auch wegen der größeren persönlichen Unabhängigkeit, der Freiheit von autoritärer Bevormundung und Unterdrückung in den Ländern des Deutschen Reichs. Als in Deutschland Hitler und die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, hätten sich, so glauben viele, gerade nach Amerika emigrierte Deutsche für die unterdrückten Oppositionellen und Minderheiten in der 'alten Heimat' einsetzen müssen," verlautbarte der Dortmunder Professor im 'Informationsdienst Wissenschaft'.
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Wenig überraschend?
Demgegenüber meinte Siegfried Mattl, Universitätsdozent am Institut für Zeitgeschichte in Wien, zu science.orf.at, dass die Nazi-Sympathien der deutschen Emigranten nicht besonders verwunderlich seien: "Die meisten Deutschen, die in den 20er Jahren in die USA emigriert sind, haben dies nicht aus politischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen getan." Insofern habe es der Gesamtbevölkerung des Landes entsprechend auch eine Reihe nationalsozialistisch gesinnter Deutscher gegeben, die nach 1933 'den Ton angaben'.

Zudem wäre auch die übrige amerikanische Öffentlichkeit den Nazis gegenüber lange Zeit wohlwollend oder neutral gegenüber gestanden. Nazi-Sympathien von Seiten deutscher Kolonien in den USA seien somit keine wirkliche Überraschung.

(red)
->   Homepage von Karl Markus Kreis
->   Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Sozialpädagogik
->   Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien
->   Informationsdienst Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010