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Moderne Strategien der Wundversorgung  
  Die richtige Wundversorgung ist nicht nur bei kleinen Verletzungen wichtig, sondern stellt auch einen wesentlichen Faktor bei der Behandlung von Wunden dar, die der Körper alleine nicht mehr heilen kann. War man früher bestrebt Wunden während des Heilungsprozesses in einem möglichst trockenen Zustand zu halten, so hat sich in den letzten Jahren die so genannte feuchte Wundversorgung immer mehr durchgesetzt. Der Ö1-Radiodoktor beschäftigt sich heute mit dem Einfluss der Wundversorgung auf den Heilungsprozess.  
Besonders bei chronischen Wunden, die durch eine Schwächung der Selbstheilungskräfte, Infektionen oder andere äußere Einflüsse entstehen können - wie z. B. dem offenen Fuß (Ulcus cruris), von dem über 150.000 Österreicher betroffen sind -, kann eine moderne Wundversorgung wesentlich zur Heilung beitragen.
Feucht statt trocken
Lange Zeit war das therapeutische Ziel von Wundverbänden, die Wunde so zu verschließen, dass eine Infektion mit Wundbakterien vermieden wurde.

Außerdem sollte der Verband das Wundsekret aufsaugen, die Wunde sollte also austrocknen. Dies führt nach neuen Erkenntnissen jedoch zu einer Verlangsamung des Wundheilungsprozesses.
Die feuchte Wundversorgung
Heute ist die so genannte feuchte Wundversorgung das Therapiemittel der Wahl in der klassischen Lokalbehandlung von Wunden. Vor allem bei chronischen und flächigen Wunden ist diese Behandlung sehr erfolgreich.

Dabei wird mit Hilfe von speziellen Verbandsmaterialien ein feuchtes Milieu um die Wunde geschaffen. In dieser feucht-warmen Umgebung werden die Zellen des Immunsystems, die an der Wundreinigung und Infektabwehr beteiligt sind, besser aktiviert.

Auch die Regeneration des Bindegewebes und die Neubildung von Blutgefäßen wird unter diesen Bedingungen gefördert.
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Chronische Wunden mit verzögerter Heilung
Wenn es zu einem besonders großen Verlust von Haut und Gewebe kommt, ist oft auch die Funktionalität des Gewebes und dessen Durchblutung gestört. Folge können so genannte chronische Wunden sein, die eine verzögerte Heilung aufweisen. Weitere Ursachen können Infektionen oder andere äußerlich bedingte Wundheilungsstörungen sein. Die drei häufigsten Formen der chronischen Wunde sind der offene Fuß, Wundliegen und der diabetische Fuß.
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Moderne Wundverbände
Die modernen Wundverbände besitzen unterschiedliche, spezifische Eigenschaften, sodass nicht jeder Verband für jede Wunde geeignet ist.

Sie sind nichthaftend, adsorbierend, atmungsaktiv, schaffen ein physiologisches Wundmilieu, haben eine lange Einsatzdauer und tragen wesentlich zur Schmerzlinderung bei.
Materialien der unterschiedlichen Wundverbände
Alginate
Sie werden aus Braunalgen gewonnen und als Wundkompressen verwendet. Alginate saugen große Mengen Wundsekret auf. Dadurch quellen sie zu einem formstabilen Gel auf, das die Wunde feucht hält. Dieser Verband kommt vor allem bei stark nässenden und tiefen Wunden zum Einsatz.

Hydrogele
Hydrogele werden als Fertigverbände oder als Gel in Tuben hergestellt. Sie besitzen einen hohen Wasseranteil. Aus diesem Grund sind sie speziell zum Aufweichen sowie Ablösen trockener Nekrosen und Beläge geeignet.

Schaumstoffe
Hierbei handelt es sich zumeist um Polyurethanschaum-Wundauflagen. Die besondere Qualität ist, dass sie unter Feuchtigkeitsaufnahme quellen, ohne sich zu verflüssigen. Sie erhalten ein günstiges feuchtes Milieu in der Wunde.

Silber-Aktivkohle-Wundauflagen
Sie eignen sich zur physikalischen Wundreinigung bei infizierten oder auch infektgefährdeten Wunden. Darüber hinaus neutralisieren sie unangenehmen Geruch. Die natürliche antiseptische Wirkung von Silber sorgt für einen bakteriziden Effekt, die Aktivkohle bindet Mikroorganismen und Geruch. Zur Aufnahme des Wundsekrets ist eine Kombination mit einem Sekundärverband nötig.

Folien
Für die Wundbehandlung konstruierte Folien weisen eine hohe Wasserdampfdurchlässigkeit auf. Diese Folien sind selbstklebend auf intakter Haut, im Bereich der Wunde kleben sie nicht. Sie können kein Sekret aufnehmen und eignen sich daher nur für Wunden in der späten Granulations- und Epithelisierungsphase.
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Allgemeine Grundsätze der Wundversorgung
Wunden dürfen Sie nicht mit Ihren Händen berühren, da die Wunde dadurch zusätzlich verunreinigt und infiziert würde.
Bei der Wundversorgung sollten Sie zum eigenen Schutz und zum Schutz des Betroffenen vor Infektionen Schutzhandschuhe tragen.
Wunden dürfen Sie nicht auswaschen oder reinigen (beachten Sie aber Ausnahmen, wie z.B. die Wasseranwendung bei Verbrennungen und Verätzungen).
Wunden dürfen Sie ohne ärztliche Anweisung nicht mit Puder, Salben, Sprays oder Desinfektionsmitteln behandeln.
Fremdkörper belassen Sie in der Wunde, sie müssen vom Arzt entfernt werden.
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Wundmaden: Wenn chronische Wunden nicht heilen
Bei Patienten mit chronischen Problemwunden, bei denen die klassischen Mittel der Wundinfektbehandlung versagen, werden immer öfter so genannte Wundmaden eingesetzt. Dabei handelt es sich um Larven der Goldfliege Lucilia sericata.

Diese werden in die offene Wunde gesetzt, wo sie ein Enzym absondern, das totes Gewebe verflüssigt. Das verflüssigte Gewebe nehmen die Maden als Nahrung wieder auf.

Auf diese Art und Weise säubern die Maden nicht nur die Wunde, sonder stimulieren auch die Bildung von Granulationsgewebe.
Biotechnologie und Laser in der Wundversorgung
Bei schlecht heilenden, großflächigen Wunden kommt immer häufiger auch die Biotechnologie zum Einsatz. Dabei werden dem Patienten einige Hautzellen entnommen, die im Labor zum Wachsen animiert werden.

Diese "Ersatzhaut" soll dann die Wunde verschließen. Der Technik sind allerdings noch enge Grenzen gesetzt.
Bessere Durchblutung durch Laser
Da mit Hilfe spezieller Laser die Gefäßneubildung stimuliert werden kann, soll durch eine lokale Anwendung die Durchblutung und somit auch die Wundheilung angeregt werden.

Am bekanntesten ist der Einsatz von Lasern wahrscheinlich aus der Zahnbehandlung, dort werden sie vor allem zur Behandlung von Parodontose eingesetzt.

Walter Gerischer-Landrock, Ö1-Radiodoktor
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Ö1-Radiodoktor: Infomappe bestellen
Eine kostenlose Infomappe zur Sendung vom 21.7.03 kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort Wundversorgung, 1040 Wien oder E-Mail: radiodoktor@orf.at

Zu Gast bei "Radiodoktor" Manfred Götz waren der Wundmanager Gerhard Kammerlander, der Dermatologe Phillip Feuerstein und der Allgemeinmediziner Harald Klier.
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->   Wundversorgung und Therapie (medizinfo)
->   Wundbehandlung mit Fleigenmaden (BioMonde)
->   www.wundversorgung.at
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Biotech-Verband imitiert Heilungsprozess des Körpers (12.2.03)
->   "Lebender Wundverband": Hautzellen auf PVC (16.8.02)
->   Softlaser - Therapiestrategie der Zukunft? (18.2.02)
 
 
 
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01.01.2010