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DNA-Untersuchung: Woran litt der "Elefanten-Mann"?  
  Joseph Merrick, geboren 1862 in England, ist als "Elefanten-Mann" in die Geschichte eingegangen. Der Brite litt unter einer Krankheit, die ihn auf entsetzliche Weise deformierte und fast sein gesamtes, kurzes Leben zum von der Gesellschaft Ausgestoßenen machte. Um das Rätsel um seinen Zustand zu klären, haben nun Wissenschaftler aus Haar und Knochenresten Merricks DNA extrahiert und analysiert.  
Der "Discovery Health Channel" hat drei Forscher engagiert, um zu klären, an welcher Krankheit Joseph Merrick tatsächlich gelitten hat. Erstmals wurden auch Bilder erstellt, die den jungen Mann zeigen, wie er ohne seine schrecklichen Entstellungen wohl ausgesehen hätte.
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Beteiligt an den Untersuchungen waren die Genetiker Charis Eng von der Ohio State University, Erika Hagelberg von der University of Oslo sowie Deborah Marsh vom Kolling Institute of Medical Research in Australien. Der "Discovery Health Channel" präsentiert seine Dokumentation "The Curse of the Elephant Man" am kommenden Mittwoch (30. Juli).
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Jahrmarkts-Attraktion im Viktorianischen England
Bild: Royal London Hospital Archives
Ein Foto von Joseph Merrick, aufgenommen am Royal London Hospital (circa 1886).
Joseph Merrick wurde 1862 in Leicester geboren. Schon im Alter von fünf Jahren zeigten sich erste Zeichen einer Deformierung. Als Teenager war der Engländer schließlich völlig deformiert und wurde von seinen Eltern verstoßen. Alleine sein Kopfumgang betrug rund 90 Zentimeter - normal sind etwa 60.

Merrick schloss sich einem fahrenden Zirkus an und diente auf den Jahrmärkten des Viktorianischen Englands in den so genannten "Freak Shows" als Attraktion.

Der Chirurg Frederick Treves nahm sich seiner schließlich an und ermöglichte seine Aufnahme ins Royal London Hospital. Dort starb der "Elefanten-Mann" 1890 - im Alter von nur 27 Jahren.
DNA-Analyse soll Geheimnis lüften
Die vom "Discovery Health Channel" engagierten Genetiker haben nun DNA aus Knochen und Haaren von Joseph Merrick extrahiert, um das Geheimnis des "Elefanten-Mannes" zu lüften.
Der "Elefanten-Mann" - wie er aussehen hätte können
 


Ganz links: Der Schädel von Joseph Merrick (Bild: P Trotman/NHNZ). Mitte: So sah der Elefanten-Mann tatsächlich aus. Rechts: Nach den Rekonstruktionen der Wissenschaftler hätte Joseph Merrick ohne Deformationen ungefähr so aussehen können. (Beide Bilder: Discovery Health Channel).
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Berühmt durch Broadway-Stück und Film
Das kurze Leben Joseph Merricks diente 1977 als Vorlage für eine Broadway-Aufführung und ein Drehbuch. Der erfolgreiche Film "Der Elefantenmensch" (1980) - gedreht unter der Regie von David Lynch und nominiert für acht Oscars - machte den tragischen Fall einer großen Öffentlichkeit bekannt.
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Kein eindeutiges Ergebnis
Doch auch die genetischen Untersuchungen erbrachten laut einer Aussendung des "Discovery Health Channel" kein eindeutiges Ergebnis: Vermutet wurde zuvor bereits, dass Merrick ein Opfer des so genannten Proteus-Syndroms gewesen sein könnte.

Es bezeichnet eine durch eine Gen-Mutation ausgelöste Erkrankung, die sich durch unkontrolliertes Zellwachstum äußert. Dies führt zu Wucherungen an Knochen und anderem Gewebe.
->   Mehr über das Proteus-Syndrom in www.proteus-syndrome.org
NF1: Knoten entlang der Nervenstränge
Lange Zeit hielt sich auch die Vermutung, der junge Engländer habe an Typ 1 Neurofibromatose (NF1) gelitten. Dabei handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der sich Knoten entlang der Nervenstränge bilden und die zu starken Hautveränderungen bzw. Geschwulsten führen kann.

Diese These wurde allerdings zuletzt verworfen, das Proteus-Syndrom galt als wahrscheinlichere Erklärung.
->   Mehr zu NF1 in www.medicine-worldwide.de
Möglicherweise von beidem betroffen?
Für beide Thesen konnte die DNA-Untersuchung kein eindeutiges Ergebnis liefern. Auf Basis von veröffentlichtem klinischen Material glauben die Genetiker allerdings, dass Merrick tatsächlich wohl zumindest am Proteus-Syndrom gelitten hat.

Da allerdings NF1 sehr viel häufiger vorkommt, vermutet man auch, Merrick habe möglicherweise an beiden Krankheiten zugleich gelitten: "Er hatte definitiv das Proteus-Syndrom", wird die an den Studien beteiligte Genetikerin Charis Eng von BBC Online zitiert. "Ob er NF1 hatte, können wir nicht sagen. Fotografien und seine Totenmaske legen nahe, dass er einige der Merkmale hatte."

Die Forscher haben die DNA-Proben auf jeden Fall behalten und werden in Zukunft vielleicht weitere Tests durchführen.
->   "Discovery Health Channel"
 
 
 
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01.01.2010