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Genetiker errechneten dramatische Verluste durch Walfang  
  Der kommerzielle Walfang hat nach Berechnung von US-Forschern noch weitaus größere Verluste unter den Walen im Nordatlantik verursacht als bisher angenommen. So sei die Zahl der Buckelwale (Megaptera novaeangliae) und der Finnwale (Balaenoptera physalus) seit Beginn des Fangs vor rund 150 Jahren jeweils auf ein Zehntel geschrumpft.  
Das berichten zwei amerikanische Genetiker im Wissenschaftsjournal "Science" vom Freitag.
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Der Artikel "Whales Before Whaling in the North Atlantic," von J. Roman, S. R. Palumbi erschien im Fachmagazin "Science" (Bd. 301, S. 508-10, Ausgabe vom 25.7.03).
->   Science
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Früher bis zu 900.000 Wale im Nordatlantik
Bild: NOAA
Bei den Zwergwalen (Balaenoptera acutorostrata) war der Verlust etwas weniger drastisch. Ihre Population von ursprünglich etwa 265.000 sei durch den Fang auf die Hälfte reduziert worden, rechneten die Forscher hoch.

"Unsere genetischen Analysen zeigen, dass einmal zwischen 800.000 bis 900.000 Buckel-, Finn- und Minkewale (zusammen) im Nordatlantik schwammen - weitaus mehr, als bisher vermutet wurde", schreiben sie in "Science".

Bild rechts: Buckelwale in Singposition
->   Wal-Video der Universität Stanford (Quicktime)
Genetische Variation als Kennzahl für Populationsgröße
Joe Roman von der Harvard-Universität bei Boston und sein Kollege Stephen Palumbi von der Stanford-Universität in Pacific Grove (Kalifornien) konzentrierten sich in ihrer Studie auf die genetischen Abweichungen im Erbgut der Säuger.

Je mehr Gen-Variationen sie bei einer Walart fanden, desto höher setzten sie auch deren historische Zahl an.
Zahlen der Walfangkommission offenbar viel zu niedrig

So muss die Nordatlantik-Bevölkerung der Buckelwale vor Beginn des kommerziellen Walfangs einmal bei 240.000 gelegen haben und die der Finnwale bei 360.000, schreiben Roman und Palumbi in "Science".

Dagegen beziffert die Internationale Walfangkommission (IWC) in London die historische Zahl der Buckelwale nur auf 20.000 und die der Finnwale auf 40.000.

Bild rechts: Buckelwale beim Fressen
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Biologie der Wale
Wale werden in der systematischen Terminologie als "Cetacea" bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Ordnung der Säugetiere mit zwei Unterordnungen: den Bartenwalen ("Mysticeti") sowie den Zahnwalen ("Odontoceti"). Die etwa 90 existierenden Wal-Arten sind weltweit verbreitet und leben, bis auf die Flussdelphine, im Meer. Wale sind fischähnliche, fast haarlose, torpedoförmige Säugetiere mit - im Unterschied zu den Fischen - stets waagerecht gestellter Schwanzflosse.

Ihre Ortung und innerartliche Verständigung geschehen durch Laute im Ultraschallbereich. Wale können ausgezeichnet schwimmen und tief (Pottwal bis etwa 2000 m) sowie lange (manche Arten länger als eine Stunde) tauchen. Großwale stoßen nach einem Tauchgang die verbrauchte Luft unter hohem Druck aus und erzeugen dabei eine Dampfwolke ("Blas"), deren Form arttypisch ist.
->   Mehr zu Walen bei der American Cetacean Society
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Konsequenzen für Walfangverbot
Allerdings verlässt sich die IWC bei ihrer Schätzung nur auf die alten Logbücher von Walfängern. Diese aber könnten ungenaue oder auch gefälschte Daten enthalten, warnen die Forscher.

Die historische Zahl der Wale ist deshalb von so entscheidender Bedeutung, weil die IWC den Fang einer Walart zum Großteil dann freigibt, wenn sich deren Population erholt hat und wenigstens wieder 54 Prozent der ursprünglichen Bevölkerungszahl ausmacht.
Forderung: 70 bis 100 Jahre Schutz
Gemessen an der historischen Zahl der IWC könnte die Jagd auf Buckelwale im Nordatlantik bereits in einem Jahrzehnt wieder beginnen, sagen die Forscher.

Gemessen an ihrer eigenen weitaus höheren Zahl aber wären Buckelwale noch mindestens 70 bis 100 Jahre geschützt.

Wegen der dramatischen Verluste hatte die IWC 1986 ein weltweites Moratorium gegen den kommerziellen Walfang erlassen, das derzeit nur zwei ihrer 51 Mitgliedsländer unterlaufen, Norwegen und Japan.
->   Website der Arbeitsgruppe um Palumbi (Univ. Stanford)
->   Walfangstatistiken bei oceanlaw.net
->   Mehr zu Walen bei WWF
->   Mehr zum Thema "Wale" im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010