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Alzheimer: "Selbstmord-Enzyme" als fehlendes Glied?  
  Etwa fünf Millionen Menschen leiden alleine in Europa an Morbus Alzheimer. Die Erkrankung führt zum fortschreitenden Verfall der geistigen Fähigkeiten, ihre Ursachen konnten aber bis heute nicht genau geklärt werden. Nun sind US-Forscher diesem Ziel einen Schritt näher gerückt: Sie entdeckten, dass die mit Alzheimer zusammenhängenden Symptome auf die Aktivität eines Moleküls zurückzuführen sind: Ein Enzym, das beim zellulären Selbstmord eine wichtige Rolle spielt.  
1906 dokumentierte der bayrische Nervenarzt Alois Alzheimer erstmals eine Krankheit, die sich durch zunehmende Gedächtnisschwäche äußerte. Im Gehirn der Patientin fand der Mediziner steinharte Ablagerungen, die so genannten Plaques, sowie Fibrillen, eine Art mikroskopisch kleine Proteinfasern.

Wie diese beiden Abnormalitäten zusammen hängen, konnten nun laut einer in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" publizierten Studie Forscher der Northwestern University in Chicago erstmals erklären.
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Der Artikel "Caspase cleavage of tau: Linking amyloid and neurofibrillary tangles in Alzheimer's disease" ist erschienen in den PNAS vom 29. Juli 2003.
->   PNAS
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Plaques oder Tau-Protein: Was kommt zuerst?
Seit Jahren debattieren Forscher über die Frage, ob die typischen Eiweißstoffe - Beta-Amyloid-Plaques oder die aus dem Protein Tau bestehenden Fasern - Hauptursache von Morbus Alzheimer sind. Jüngere Studien legen zwar nahe, dass das Amyloid die Bildung der Fibrillen begünstigt, doch der genaue Mechanismus war unbekannt.
Studie deutet auf Kaspasen als Lösung
In ihrer Studie berichten die Forscher um Lester Binder und Vincent Cryns von der Feinberg School of Medicine an der Northwestern University nun, dass so genannte Caspasen des Rätsels Lösung darstellen könnten.

Diese Familie von Enzymen spielt eine wichtige Rolle beim programmierten Zelltod, genannt Apoptose: Ihre Mitglieder versetzen der Zelle den eigentlichen Todesstoß, indem sie deren Eiweiße zerstören. Auch in den absterbenden Gehirnzellen von Alzheimer-Patienten sind die Caspasen aktiv.
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Morbus Alzheimer: ''Seuche des 21. Jahrhunderts''
Morbus Alzheimer gilt mittlerweile als "Seuche" des 21. Jahrhunderts: Alleine in Österreich wird sich die Zahl der Erkrankten in den nächsten 20 Jahren verdoppeln, warnen Experten. In Europa leiden geschätzte fünf Millionen Menschen an der Krankheit, die zu einem fortschreitenden Verfall der geistigen Fähigkeiten führt.

Die charakteristischen Eiweißablagerungen führen möglicherweise zum Absterben von Nervenzellen und zwar besonders in den Regionen des Gehirns, die Gedächtnis, Sprache und Denkfähigkeit steuern. Die eigentliche Ursache des Leidens ist noch immer unbekannt, vieles deutet darauf hin, dass es mehrere verschiedene Auslöser gibt.
->   Weitere Informationen zu Alzheimer in www.medicine-worldwide.de
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Beta-Amyloid aktiviert Kaspasen in Gehirnzellen
Die Wissenschaftler nahmen also die Enzyme genauer unter die Lupe - und siehe da: Wurden Neuronen im Labor mit Beta-Amyloid zusammen gebracht, so aktivierte dies Caspasen, die darauf hin das Protein Tau an einer bestimmten Stelle spalteten. Diese abgeschnittene Version aber zeigte in Versuchen eine deutliche Neigung zur Bildung abnormaler Fäden oder Filamente.

Ein weiteres Experimente wies zudem nach, dass Tau-Proteine bei Alzheimer an genau derselben Stelle abgeschnitten sind. Die Forscher wollen nun in Folgestudien diese molekulare Verbindung weiter untersuchen.
->   Northwestern University Feinberg School of Medicine
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Studie: Akademische Bildung schützt vor Alzheimer (27.6.03)
->   Alzheimer-Protein greift Mitochondrien an (16.4.03)
->   Alles zum Stichwort Alzheimer im Archiv
 
 
 
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01.01.2010