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ORF ON Science :  News :  Leben .  Umwelt und Klima 
 
Hochgebirgspflanzen als Indikator der Klimaerwärmung  
  Alle Lebensräume der Erde sind vom Klimawandel, speziell einer raschen atmosphärischen Erwärmung betroffen. Besonders exponiert sind die Ökosysteme der Hochgebirge, deren Leben und Überleben durch niedrige Temperaturen bestimmt ist. Dort konnte bereits ein Höherklettern der Gebirgspflanzen infolge der klimatischen Veränderungen nachgewiesen werden.  
Projekt: Änderungen der Vegetation aufgezeichnet
Das bedeutet, dass sich in weiterer Folge die Vegetationsmuster ändern werden und eine Reihe von Pflanzen - zumindest in einigen Gebirgsregionen Europas - vom Aussterben bedroht sind. Erstmals wurde nun ein europaweites Langzeit-Beobachtungsnetzwerk realisiert, um das Ausmaß dieser Vegetationsveränderungen bestimmen zu können. Das Projekt GLORIA-EUROPE wurde vom Institut für Ökologie und Naturschutz der Universität Wien koordiniert.
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An GLORIA-EUROPE ("The European dimension of the Global Observation Research Initiative in Alpine Environments") nahmen Forschungseinrichtungen und Universitätsinstitute aus insgesamt 13 Staaten teil. In Österreich wurde es auch vom Wissenschaftsministerium und der Akademie der Wissenschaften unterstützt.
->   Gloria Europe
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Klimaerwärmung: Prognosen für die alpine Vegetation
In Österreich hat sich die Atmosphäre seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert um 1 bis 2 Grad erwärmt. Die Prognosen gehen weltweit von einer weiteren Erwärmung um 1,5 bis 5,8 Grad bis zum Ende des gegenwärtigen Jahrhunderts aus, in Europa um 4,5 bis zu teilweise 6 Grad.

In der Folge würden sich die Vegetationsstrukturen durch das Vordringen der Wälder in höhere Lagen sehr verändern und der alpine Raum zurückgedrängt werden.

Da die Pflanzenarten unterschiedlich schnell auf Klimaveränderungen reagieren, würde sich die Zusammensetzung der Pflanzendecke ändern. Was die Stabilität auf steilen Hängen beeinträchtigen könnte, da dort die Pflanzendecke als Erosionsschutz besonders wichtig ist.
Gipfelregionen sind ideale Untersuchungsgebiete
Die Gipfelregionen stellen aus mehreren Gründen ideale Untersuchungsgebiete für die Folgen des Klimawandels, insbesondere der Klimaerwärmung dar.

Der hochalpine Lebensraum ist durch tiefe Temperaturen bestimmt, er ist nicht oder nur minimal durch menschliche Landnutzung beeinflusst und repräsentiert die einzige biogeographische Einheit am Festland mit weltweiter Verbreitung.
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Beobachtungsnetz: 18 Zielgebiete
Das Netzwerk von GLORIA-EUROPE besteht aus 18 Vergleichsgebieten (target regions) in 13 europäischen Staaten, verteilt über alle Großlebensräume des Kontinents.

Das in Österreich entwickelte, standardisierte Beobachtungsverfahren ("multi summit-approach") wurde in jeweils vier unterschiedlich hohen Gipfelzonen pro Vergleichsgebiet - von der Baumgrenze bis zu der Höhe, wo noch Blütenpflanzen vorkommen - durchgeführt. Dabei wurden detaillierte Vegetationsaufnahmen zur Erfassung von Veränderungen der Artenzusammensetzung und Aufnahmen der Gipfelfloren zur Erfassung von Wanderungsprozessen gemacht.

Zusätzlich wurden auf jedem der 72 Gipfel vier Klimamessgeräte 10 cm tief in den Boden eingegraben, die im Stundentakt über einen Zeitraum von drei Jahren die Temperatur im Wurzelraum der Pflanzen messen. Die Ergebnisse werden in einer Datenbank zusammengefasst.
->   GLORIA Field Database
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Hochgebirgsklimate in Europa vergleichbar
Die Untersuchungen zeigen, dass Klimate einzelner Hochgebirge in Europa, etwa des Südapennin und des polaren Ural sehr gut miteinander vergleichbar sind.
Extreme Unterschiede in den 18 Zielgebieten zeigten sich dagegen bei der Oberflächenbedeckung und der Artenzahl der Pflanzen.

Ein Viertel der in Europa vorkommenden Pflanzen ist im alpinen Raum beheimatet, obwohl die alpine Fläche nur vier Prozent der Landfläche Europas ausmacht. Besonders in den Gipfelregionen der Sierra Nevada (Spanien) sind 80 bis 90 Prozent der vorkommenden Pflanzen "endemisch" (d.h. ausschließlich dort heimisch) und damit besonders gefährdet, in Folge der Klimaerwärmung gänzlich zu verschwinden.
Langzeit-Monitoring und Frühwarnsystem

In einem Langzeit-Monitoring sollen im Zeitraum von fünf bis zehn Jahren Veränderungen der Vegetationszusammensetzung und der Biodiversitätsmuster unter dem Einfluss des Klimawandels festgestellt werden.

GLORIA EUROPE fungiert damit als Frühwarnsystem, das anhand der vergleichbaren Daten entwickelte Szenarien dafür liefert, in welchem Ausmaß und in welche Richtung diese Veränderungen erfolgen könnten.

Im Anschluss an GLORIA EUROPE soll weltweit ein Beobachtungsnetz für Hochgebirgsökosysteme installiert werden. Erste Studien sind bereits in Indien im Himalaya, in Neuseeland, in Montana, USA und in den peruanischen Anden angelaufen.

Silvia Anner
->   GLORIA
->   Inst. für Ökologie, Abt. für Naturschutzforschung u.a. (Uni Wien)
 
 
 
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01.01.2010