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Zurück zu den Wurzeln  
  Auf der Suche nach neuen Lösungen für Umweltprobleme und die biologische Landwirtschaft gehen Wissenschaftler zurück zu den Wurzeln. Die Universität für Bodenkultur in Wien untersucht jetzt in einem großangelegten Projekt die Einsatzmöglichkeiten von Pilzen und Bakterien für die Landwirtschaft, die im Wurzelraum von Pflanzen leben.  
Auf Pilzsuche
Die Forscher des Zentrums für angewandte Genetik der Universität für Bodenkultur suchen derzeit in Bodenproben aus verschiedenen Ländern nach neuen, bisher unbekannten Bodenpilzen und entschlüsseln ihre Erbsusbtanz.

Auch bereits bekannte Pilze werden nun genauer unter die Lupe genommen. Wenn man die Lebensweise der Pilze und ihre positive Wirkung auf die Pflanzen kennt, kann man sie gezielt für die Landwirtschaft einsetzen.
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An den Wurzeln von Pflanzen - in der sogenannten Rhizosphäre - lebt eine Fülle von Bakterien und Pilzen. Je nach Pflanzenart und Bodenzusammensetzung gibt es dabei ganz unterschiedliche Lebensgemeinschaften und Synergieeffekte. Die Bodenmikroben fördern das Wachstum der Pflanzen, stellen Nährstoffe "leichter verdaulich¿ bereit, helfen bei der Aufnahme von Niederschlägen und schützen die Pflanzen vor Krankheiten. Die Pflanzen wiederum liefern den Bodenorganismen dafür Kohlenstoffverbindungen, die bei der Photosynthese entstehen.
->   Root Growth and Rhizosphere Dynamics Working Group
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Der Star unter den Pilzen
Einer der "Stars¿ unter den Bodenlebewesen ist die Mycorrhiza. Dieser Pilz ist seit Jahrzehnten bekannt. Doch erst jetzt ist die Wissenschaft so weit, ihn für den Pflanzenanbau gezielt einsetzen zu können.

Die Mycorrhiza wurde vor 40 Jahren von amerikanischen Wissenschaftlern entdeckt. Sie stellten fest, dass auf eigentlich toten Böden ehemaliger Bergbaugebiete Bäume leben konnten. Beim Untersuchen der Wurzeln dieser Bäume entdeckten sie den Pilz.
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Nach jahrzehntelanger Forschung ist es schließlich gelungen, den Pilz im Labor zu vermehren und gezielt einzusetzen. Jetzt können mit seiner Hilfe ehemalige Bergbaugebiete und andere tote Flächen kostengünstig begrünt werden. In Österreich laufen erste Versuche zur Wiederbegrünung am Erzberg in der Steiermark.
In Israel wird der Pilz Mycorrhiza beim Gemüseanbau in Glashäusern eingesetzt. Nach jeder Ernte muss der Boden sterilisiert werden, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern. Durch Zugabe des Pilzes wird die Erde wiederbelebt und das Pflanzenwachstum gefördert.
->   Die Spezialisten auf dem Gebiet Mycorrhiza ¿ Plant Health Care Inc.
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Ersatz für Kunstdünger
Der Wiener Biologe Joseph Strauss und sein Team haben nun auch Pilze gefunden, die die Nitratverwertung von Pflanzen fördern und damit die Belastung des Grundwassers durch Kunstdünger verringern könnten.

Denn Nitrat aus Kunstdünger wird von den Pflanzen nur zu 80 Prozent aufgenommen, der Rest sickert ins Grundwasser. Doch mit Hilfe der Bodenpilze können die Pflanzen das ohnedies bereits im Boden vorhandene natürliche Nitrat besser aufnehmen. Die Landwirtschaft könnte sich also jedes Jahr viele Tonnen Dünger ersparen und die Umwelt schonen.
Biologische Bodensanierung
Bodenpilze können sogar helfen, verseuchte Böden von Blei, Kadmium oder Zink zu reinigen. Die Bodenmikroben wandeln diese Schwermetalle chemisch um und machen sie so für die Pflanzenwurzeln verfügbar. Denn ohne diesen Prozess könnten die Pflanzen diese Elemente gar nicht aufnehmen.

Schwermetalle und andere Giftstoffe sind für die Mehrzahl der Pflanzen giftig. Deshalb veröden auch mit Schwermetallen verseuchte Böden normalerweise.

Einige Pflanzen jedoch haben sich auf derartige
Standorte spezialisiert. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen nun, dass diese die
Schwermetalle aufnehmen und in die Blätter
transportieren, um sie aus dem empfindlichen
Wurzelraum zu entfernen.
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Für die Bodenreinigung sind vor allem kleine Pflanzen wie das Täschelkraut oder Raps geeignet. Walter Wenzel und sein Team vom Institut für Bodenforschung der Wiener BOKU haben zudem jedoch eine Weidenart entdeckt, die diese Aufgabe noch effizienter erledigen kann. Sie testen die Leistungsfähigkeit der Bäume beim ehemaligen Bleibergwerk in Arnoldstein. In Florida wurde zudem vor kurzem sogar ein schnell wachsender Farn entdeckt, der giftiges Arsen aus dem Boden entfernen kann.
->   Mehr Information zu diesem Thema im ''Nature''(kostenpflichtig) vol. 409, Seite 579 ''A fern that hyperaccumulates arsenic''
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Neues Verfahren der BOKU
Das Institut für Bodenforschung der BOKU hat auch ein neues patentiertes Verfahren entwickelt, das die biologische Bodensanierung wesentlich verbessern kann.

Die Blätter von Bäumen, die auf verseuchten Böden wachsen, enthalten große Mengen an Schwermetallen. Damit die Giftstoffe nicht wieder in den Boden gelangen, müssen die Blätter normalerweise jeden Herbst entfernt und deponiert oder als Sondermüll verbrannt werden.

Beim patentierten Verfahren der BOKU wird der Boden um die Pflanzen mit einer Filterschicht aus Tonmineralen bedeckt, die die Schwermetalle aus den vermodernden Blättern aufnehmen und festhalten. Die Mineralschicht kann viele Jahre liegen bleiben und dann deponiert oder verbrannt werden. Damit verringert sich das Abfallvolumen.

Sonja Bettel, Modern Times
->   Modern Times, ORF 2, Freitag, 16. März, 22.35 Uhr
->   Universität für Bodenkultur Wien
 
 
 
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01.01.2010