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Biosprit: Erste Ethanol-Großanlage geplant  
  Die erste kommerzielle Groß-Anlage zur Erzeugung von Bioethanol als Auto-Treibstoff plant die kanadische Enzym-Firma Iogen. Sie soll 800.000 Tonnen Stroh pro Jahr verarbeiten und damit rund 240 Millionen Liter des Biosprits Ethanol produzieren.  
Der Spatenstich für das Projekt sei innerhalb der nächsten 24 Monate geplant, sagte Iogen-Marketing-Direktor Maurice Hladik laut APA am Firmensitz in Ottawa.
Österreich kein Standort - zu wenig Weizen
Die Standortentscheidung ist noch nicht getroffen: Kanada, England oder Ostdeutschland kommen laut Hladik in Frage - Österreich nicht, weil es zu geringe Weizenanbauflächen und damit eine nicht ausreichende Versorgung mit dem Stroh gebe.

"Meine Vorfahren stammen aus Tschechien, da lag es nahe, sich auch in dieser Region umzusehen", so der Iogen-Marketing-Direktor. "Aber die immensen Mengen an Stroh könnten sicher nicht garantiert werden." Immerhin werden ja 2.000 Tonnen pro Tag benötigt, was immerhin dem Energie-Äquivalent eines 40 Megawatt-Kraftwerkes entspricht.
Preise wie bei fossilen Treibstoffen als Ziel
Pro Tonne möchte Iogen seinen Stroh-Lieferanten übrigens etwa zehn Euro bezahlen. Wären es deutlich mehr, könne kein vernünftiger Preis für das Bioethanol realisiert werden. Ziel von Shell und der Enzymfirma ist es laut Hladik, schlussendlich einen Preis zu erreichen, der mit jenem von fossilen Treibstoffen vergleichbar ist. "Aber: Im Moment sind wir noch nicht dort", so Hladik, der betont, dass auch der zusätzliche Umweltnutzen des Bio-Sprits berücksichtigt werden müsse.
Pilotanlage bereits jetzt weltweit größte
Shell hat mit 30 Millionen kanadischen Dollar (18,8 Mill. Euro) einen 20-Prozent-Anteil an dem Projekt erworben. Iogen selbst betreibt bereits eine Pilotanlage für 50 Tonnen Stroh pro Woche. Hladik: "Schon das ist die bisher größte Anlage weltweit".

Das Unternehmen ist aber eigentlich Spezialist in Sachen Enzyme: Iogen hat bei speziellen Enzymen für die Papier- und die Textilindustrie nach eigenen Angaben den sagenhaften Weltmarktanteil von 90 Prozent.
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Wie das Ethanol hergestellt wird
Mit Enzymen made by Iogen wird die Zellulose aus dem Stroh - meist von Weizen - "freigelegt" und mittels einer mehrstufigen Hydrolyse innerhalb von einigen Tagen in Zucker (Glukose) umgewandelt. Durch Fermentation entsteht schließlich das Ethanol - mit der Zwischenstufe eines ziemlich unansehnlichen "Bieres" - wie man bei Iogen scherzt -, das dann destilliert wird.

Unterstützt wird dieser Prozess durch Hefe und vor allem durch genetisch modifizierte Trichoderma-Bakterien - neben den Enzymen der "Schlüssel" der Iogen-Technologie. Übrigens gibt es bei dem Prozess nicht unbedeutende "Abfall-Produkte": Strom aus der freiwerdenden Energie bei der enzymatischen Hydrolyse und Molasse als Überbleibsel der Fermentation, die als Tierfutter Verwendung findet.
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Umsetzung einer Alltagsbeobachtung
Wie so oft steht hinter einer erfolgreichen Technologie übrigens eine Alltagsbeobachtung: Im Zweiten Weltkrieg, so erzählt Hladik, bemerkten die US-Soldaten auf der Pazifik-Insel Guam, dass ihre Baumwollkleidung bereits nach einigen Tagen verrottete.

Verantwortlich dafür waren spezielle Mikroorganismen, welche die Textilien "zerfraßen". Was damals ziemlich unerwünscht war, hat sich nun für Iogen für ihre Zwecke als segensreich herausgestellt. Der Marketing-Direktor: "Wir setzen genau diese Mikroorganismen ein."
->   Iogen
->   Mehr über die Verwendungsmöglichkeiten von Stroh in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010