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Erstmals Therapie für Kaufsüchtige in Deutschland  
  Erstmals wird in Deutschland eine spezielle Therapie für Menschen mit Kaufsucht angeboten: In einem Modellprojekt soll erforscht werden, ob Betroffenen mit einer Verhaltenstherapie geholfen werden kann.  
Die Studie soll im kommenden Jahr am Universitätsklinikum Erlangen starten und etwa 60 freiwillige Teilnehmer umfassen. Das erklärte die Leiterin der psychosomatischen Tagesklinik in Erlangen, Astrid Müller.
Durch alle Schichten und Altersgruppen
"Das Problem geht durch alle Gesellschaftsschichten und Altersgruppen", erklärte die Psychologin. Dabei seien deutlich mehr Frauen als Männer betroffen.

Auch die Wahl der Konsumgüter sei unterschiedlich: Während sich Frauen vor allem mit Kleidung, Schuhen, Kosmetik, Lebensmitteln und Haushaltsgeräten eindeckten, favorisierten Männer eher moderne Technikartikel, Sportgeräte, Autozubehör und Antiquitäten.
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Einkaufen, um Stimmungen zu kompensieren
Studien zufolge sind in den alten deutschen Bundesländern etwa sechs Prozent der Bevölkerung stark kaufgefährdet, in den neuen Ländern zwei Prozent. "Die Betroffenen kaufen ein, um damit Stimmungen zu kompensieren", erklärte Müller. Dabei schafften sie sich häufig Waren an, die sie entweder überhaupt nicht brauchen oder bereits besitzen.

"Es werden Dinge gekauft, die hinterher nicht einmal ausgepackt werden", schilderte die Expertin. Einige verschenkten ihre Einkäufe auch weiter oder horteten sie. Viele gestehen sich ihr zwanghaftes Kaufverhalten jedoch nicht ein, so dass dadurch nicht nur soziale Schwierigkeiten, sondern auch erhebliche finanzielle Probleme entstehen können. "Das reicht bis zum Konkurs", schilderte Müller.
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Unsicherheit und mangelndes Selbstwertgefühl
Als Hauptmotive für krankhaftes Kaufen nannte die Psychologin Unsicherheit und mangelndes Selbstwertgefühl. Es gebe jedoch keinen Stereotyp des "Shopaholic".

"Das Spektrum der Kaufsucht ist weit gestreut", erläuterte die Psychologin. "Manche genießen schon alleine den Kontakt mit dem Verkaufspersonal während ihrer Kaufhandlung, da sie dabei Zuwendung und Aufmerksamkeit erfahren."

Andere wiederum zögen ihren Lustgewinn aus dem schieren Besitz schöner Waren, für die sie beneidet werden oder aus der Dankbarkeit ihrer Mitmenschen, wenn sie diese beschenken.
Kann ambulante Gruppentherapie helfen?
Anfang des kommenden Jahres soll nun untersucht werden, inwieweit Betroffenen in einer ambulanten Gruppentherapie geholfen werden kann. "Bisher wird so etwas in Deutschland nicht angeboten", erklärte Müller.

Die Behandlung in der Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie ist auf drei Monate angelegt. Während dieser Zeit sollen die freiwilligen Teilnehmer einmal wöchentlich zu einer Sitzung zusammen kommen.

Nach einem halben Jahr soll kontrolliert werden, ob die Betroffenen nach Abschluss der Therapie geheilt sind.
->   Universitätsklinikum Erlangen Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie
 
 
 
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01.01.2010