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Mission SMART-1: Im Schneckentempo zum Mond  
  Während zukünftige Raumschiffe in der Science-Fiction-Literatur wahre Beschleunigungsorgien bis zur "wahnsinnigen Geschwindigkeit" (frei nach Mel Brooks, Anm.) feiern, könnte die reale Raumfahrt in eine völlig andere Richtung steuern. Für SMART-1, die erste europäische Mission zum Mond, setzen die Wissenschaftler auf einen Antrieb, dessen Rückstoß-Energie mit einem menschlichen Seufzer zu vergleichen ist. Allerdings läuft der extrem sparsame Motor über Jahre ohne Pause und treibt so ein Raumschiff beständig durch den luftleeren Raum. Für die Entwicklung zeichnet auch ein österreichischer Forscher verantwortlich.  
Know-how aus Niederösterreich im Weltall
Martin Tajmar von den Austrian Research Centers (ARC) wurde für Experimente am neuartigen Antrieb im Rahmen der europäischen Mondmission verpflichtet. Tajmar gilt als führender Forscher auf dem Gebiet von so genannten Ionen-Antrieben.
Antrieb durch Sonnenenergie: Nur 1,5 Kilowatt nötig
Bild: APA
Die Spezialisten von Austrian Aerospace sorgen mit ihren Isolierschichten für die richtigen Temperaturen an Bord des Satelliten.

Eigens für SMART entwickelte Thermal-Isolatoren bestehen aus bis zu 25 Einzellagen metallbeschichteter Kunststofffolien, sie wurden in den Reinräumen von Austrian Aerospace in Berndorf (Niederösterreich) entwickelt.

Wenngleich auch Experimente für die Untersuchung des Mondes an Bord sind, steht doch die Feuertaufe des Antriebs im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Er braucht für den laufenden Betrieb praktisch nur ein bisschen Licht, so lange die Sonne irgendwo in der Ferne scheint, fliegt auch das Raumschiff.

Die rund 1,5 Kilowatt - vergleichbar mit einem einfachen Heizlüfter -, welche der Antrieb verbraucht, liefern die Solarpaneele von SMART-1 (SMART steht für "Small Missions für Advanced Research and Technology").
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Ganz im Trend: Klein, fein und preiswert
Der neue Antrieb liegt ganz auf der neuen Linie der Raumfahrt: Weg von milliardenschweren Megaprojekten, die sich selbst die amerikanische NASA immer weniger leisten kann, hin zu kleinen, feinen Missionen. Nicht zuletzt steckt auch finanzielles Interesse dahinter. Bewährt sich nämlich der Antrieb bei der Mission könnte er schon bald auch kommerzielle und sonstige Satelliten auf ihrer Bahn halten, Treibstoffvorräte und -nachschub für die künstlichen Trabanten würden den Betreibern keine Sorgen mehr bereiten.
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Experimente: Geologie, Chemie ...
So sehr man sich bei der ESA bei der Mission auch auf den Antrieb konzentrieren wird, werden an Bord sehr wohl auch Experimente zur Untersuchung des Mondes untergebracht sein. So wird einmal mehr die Geologie des Erdtrabanten unter die Lupe genommen.

Die elektronische Kamera AMIE wird dabei Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Licht schießen, der Infrarotspektrometer SIR wird die Mineralien des Mondes darstellen und der Röntgenspektrometer D-CIXS soll die Chemie der Mondoberfläche scannen.
... Sonnenwind und Mondbewegung
Bild: Swedish Space Corporation
Das Experiment SPEDE wird genau untersuchen, wie der Mond bei seiner Reise durchs All eine Art Bugwelle im Sonnenwind erzeugt. Der Sonnenwind ist ein permanenter Strom von geladenen Teilchen, der von der Sonne ausgeht und das Sonnensystem überflutet.

Wie ein Schiff in einem Fluss erzeugen Himmelskörper eine Bugwelle im Sonnenwind. RSIS schließlich wird feinste Bewegungen des Mondes registrieren, so eine Art Nicken vom Nord- zum Südpol, das der Mond gegenüber der Erde vollführt.
Start der Mission für 28. August geplant
Bild: Swedish Space Corporation
Der Start von SMART-1 ist für den 28. August geplant. Eine Ariane-5 soll das 370 Kilogramm schwere, annähernd würfelförmige Raumschiff mit einer Kantenlänge von rund einem Meter einmal auf eine relativ erdnahe Umlaufbahn ins All bringen.

Nach dem Ausfahren der Solarpaneele tritt dann der Ionen-Antrieb in Aktion. Langsam erweitert sich die annähernd elliptische Umlaufbahn, wird zur Spirale und schließlich schwenkt die Sonde dann in einen Orbit um den Mond ein und beginnt dort mit den Experimenten.
Reise zum Mond dauert 16 Monate
Auf Grund des neuartigen, sparsamen Antriebs wird die Reise bis zum Mond ungewöhnlich lange, nämlich 16 Monate dauern. Die Umlaufbahn um den Mond, in welche die Sonde letztendlich einschwenken wird, um die Experimente durchzuführen, ist ebenfalls elliptisch.

Der Abstand zur Mondoberfläche wird dabei zwischen 300 Kilometern und 10.000 Kilometern betragen. SMART-1 wird dabei die Pole überfliegen und nicht zuletzt nach Wassereis auf dem Südpol des Mondes fahnden.

Das Vorhandensein von Wasser wäre eine wichtige Voraussetzung für eine Mondbasis. Die Sonde ist auf einen Betrieb von rund zwei bis zweieinhalb Jahre ausgelegt.
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Entstehungsgeschichte des Mondes soll geklärt werden
Dass der Mond immer noch für die Wissenschaftler interessant ist, liegt nicht zuletzt daran, dass die Entstehung unseres Begleiters immer noch nicht endgültig geklärt ist. Die heute am meisten favorisierte Ansicht ist, dass der Mond gleichsam ein Stück Erde ist. In der Frühzeit unseres Planeten soll ein Himmelskörper aufgeschlagen und Material ins All geschleudert haben. Die Trümmer, welche die Erde umkreisten, formierten sich nach und nach zum Mond wie wir ihn kennen.
->   Mehr dazu in: Die Geburt des Mondes
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Start wird live mit Kommentar übertragen
In Kooperation mit der European Space Agency (ESA) und der Austrian Space Agency (ASA) wird das Planetarium Wien (Nähe Pratereingang beim Riesenrad in Wien-Leopoldstadt) den Start des ersten europäischen Mondraumschiffs SMART-1 live übertragen.

Die Übertragung wird von Werner Balogh (ASA) und Martin Tajmar (Austrian Research Centers Seibersdorf) kommentiert, Tajmar ist als einziger heimischer Forscher an der Mission beteiligt.
->   European Space Agency
->   Austrian Space Agency
->   Austrian Research Centers Seibersdorf
->   Planetarium Wien
->   Mehr zu SMART-1 (Swedish Space Corporation)
->   Mehr zum Stichwort "Mond" im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010