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Forum Alpbach: Die Zukunft von Medien On-demand  
  Im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche von 21. bis 23. August 2003 wurden in dem Arbeitskreis "Digitalisierung der Kommunikation - Ihr persönliches Radio- und Fernsehprogramm" die Potenziale der neuen Medientechnologie erörtert. Die Veranstalter baten die Referenten bereits im Vorfeld fünf Fragen zu beantworten. Einer der Vortragenden war Josef Trappel. Der Leiter des Bereiches Medien und Kommunikation der Prognos AG, Basel, ortet in seinem Gastbeitrag für science.ORF.at eine "Stillstandsfalle" bei der Digitalisierung von Radio und Fernsehen.  
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Die Fragen der Veranstalter
1. Wie beurteilen Sie den aktuellen Entwicklungsstand des Radios und Fernsehens im internationalen Vergleich in Bezug auf die Digitalisierung (digitale Produktion und Archivierung, digitale terrestrische Verbreitung, digitale Verbreitung im Kabel oder im Internet)?
2. Welche Vorteile haben "On-demand-Angebote" und die Konvergenz der Medien für die Mediennutzer?
3. Welche Wertschöpfungspotenziale sind für Medienunternehmen damit verbunden?
4. Welche Hindernisse und Barrieren sind noch zu überwinden und welche Rahmenbedingungen sind dafür zu schaffen?
5. Welche Auswirkungen werden sich für das Selbstverständnis, die Formate, die Organisationsstrukturen und den "Auftrag" der Medien durch die Personalisierung von Programmen ergeben?
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Digitalisierung - Wege aus der Stillstandsfalle
Von Josef Trappel
Entwicklungstand: Stillstandsfalle
Digitales Fernsehen und Digitales Radio stecken in einer Stillstandsfalle, die bisher noch in keinem Land befriedigend überwunden werden konnte.

Leichter fällt dies in Ländern, die nur ein kleines Angebot im frei-empfangbaren Bereich aufweisen. Das sind Länder, mit einem niedrigen Verkabelungsgrad und gleichzeitig einer lebendigen Medienindustrie. Beispiel Großbritannien.

Die Stillstandsfalle ist durch die konsequente Vernachlässigung der Bedürfnisse der Zuhörer/schauer/innen und durch eine euphorisierte Technik entstanden. Der Einbruch der Werbemärkte seit 2000 trägt dazu bei, die Digitalisierung weiter zu verzögern.
On-demand: Lastenausgleich unter Druck
In einer streng ökonomischen Betrachtung befreien On-demand-Angebote die Nutzer/innen von dem Zwang, ein öffentliches Gut erwerben zu müssen, für das ein nutzungsunabhängiges Entgelt zu entrichten ist. Statt dessen wird nur das bezahlt, was tatsächlich konsumiert wird.

In einer publizistischen Betrachtung kommt der Gedanken des Lastenausgleichs, wonach viele Menschen gemeinsam für hohe Medienqualität bezahlen, unter Druck. Das System des öffentlichen Rundfunks und der Abonnementzeitung basiert letztlich auf diesem Gedanken und wird durch On-demand-Medien konterkariert.
Wertschöpfung: Schwerpunkt Business-to-Business
Im deutschsprachigen Europa werden sich On-demand-Angebote nur langsam und in erster Linie im Business-to-Business Bereich durchsetzen. Die entstehende Wertschöpfung fällt in erster Linie im professionellen Medienbereich an und nur sehr eingeschränkt im Massenmarkt. Für einen Strukturwandel ist das heutige Medienangebot schlicht zu gut und zu umfangreich.
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"Dimensionen": Der persönliche Medienmix
Die Sendung "Dimensionen" berichtet am 26. August über den Arbeitskreis "Digitalisierung der Kommunikation - Ihr persönliches Radio- und Fernsehprogramm".

"Der persönliche Medienmix: Digitales Radio und Fernsehen", ein Beitrag von Ina Zwerger Dienstag, 26. August 2003, 19.05, Ö1.
->   Radio Österreich 1
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Hindernis: Ziel aus den Augen verlieren
Die Digitalisierung wird sich über kurz oder lang durchsetzen, weil die Effizienz des Ressourceneinsatzes zum Imperativ werden wird. Dazu ist aber ein abgestimmtes Vorgehen von allen Akteuren erforderlich, die an der Wertschöpfungskette partizipieren.

Das reicht beim digitalen Radio von den fünf Musicmajors über die Radioveranstalter bis zu den Telekom-Betreibern und der Endgeräte- und Automobilindustrie.

Ähnlich komplex ist die Situation bei der Digitalisierung des Fernsehens. Das Kernproblem ist, dass alle diese Akteure ihre jeweils eigene Agenda verfolgen und damit das gemeinsame Ziel immer wieder aus den Augen verlieren.
Personalisierung: Noch ein weiter Weg
Bis zur Programmpersonalisierung ist es noch ein weiter Weg, der den Akteuren reichlich Zeit lässt, sich darauf vorzubereiten. Selbst zu Zeiten der New Economy Euphorie konnten sich personalisierte Dienste wie Replay nicht massenhaft durchsetzen.

Umso schwieriger ist die Marktdiffusion in Zeiten der Konjunkturflaute. Dennoch sind Medien gut beraten, sich schon jetzt Gedanken über eine "sanfte" Personalisierung zu machen.
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Über den Autor: Josef Trappel
Medien- und Kommunikationswissenschafter, Bereichsleiter bei Prognos AG, Basel. Studium der Publizistik-, Kommunikations- und Politikwissenschaft an der Universität Salzburg, zusätzlich Journalistenausbildung, medienwissenschaftliche Forschungstätigkeit an den Universitäten Salzburg und Zürich, Mitarbeiter der Medienabteilung im Bundeskanzleramt in Wien, nationaler Sachverständiger für Fragen der Medienpolitik und der Europäischen Integration im Medienbereich in der Generaldirektion X der Europäischen Kommission in Brüssel, ab 1996 Projektleiter im Bereich Medien und Kommunikation der Prognos AG, Basel, seit 2002 Leiter des Geschäftsbereichs Medien und Kommunikation. Ständiger Lehrbeauftragter an den Universitäten Zürich und Bern.

Forschungsschwerpunkte: nationale und internationale Medienpolitik, Medienökonomie, neue Informations- und Kommunikationstechnologien, Marktdiffusion neuer Technologien.
->   Prognos AG
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->   Mehr zum Forum Alpbach 2003 in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010