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Chaostheorie: Modelle für das Unerwartete  
  Wenn komplexen Systemen einfache Regeln zugrunde liegen, lassen sich dann Vorhersagen treffen? An dieser Frage tüfteln Chaostheoretiker - auch beim Forum Alpbach - weit über die Grenzen der Physik hinaus.  
Der Schlag eines Schmetterlingsflügels irgendwo auf der Erde kann einen Hurrikan auf der anderen Seite des Globus verursachen. Mit diesem Beispiel versuchten Wissenschafter vor rund 30 Jahren, eine neue Sichtweise anschaulich zu machen: die Chaostheorie.

Wie sie sich seither entwickelt hat und welche Anwendungen die Modelle aus der Physik in anderen Wissenschaftszweigen finden, das wurde in einem Seminar beim Europäischen Forum in Alpbach diskutiert.
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Seminar beim Europäischen Forum in Alpbach
Die Seminarwoche während des Europäischen Forums in Alpbach ("Continuity and Discontinuity", 14. bis 30. August 2003) bildet alljährlich die Möglichkeit des intensiven Austausches und der Diskussion von Themen mit Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Shankar Venkataramani hält heuer ein Seminar mit dem Titel "Chaos and catastrophies: Modeling the unexpected".
->   Mehr über das Europäische Forum Alpbach 2003
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Kritisch instabiler Sandberg
Der Physiker Shankar Venkataramani von der Universität Chicago diskutiert in seinem Seminar die aktuelle Bedeutung der Chaostheorie anhand eines anderen Modells: Man stelle sich einen Sandberg vor, auf dessen Spitze kontinuierlich ein Schäufelchen Sand nachgelegt wird.

Irgendwann wird die Spitze brechen und Sandlawinen werden an der Seite hinunterlaufen - wie groß und an welcher Seite diese Abbrüche passieren, ist allerdings nicht vorhersagbar.

Wissenschafter haben nun versucht, dieses Modell einer kritischen Instabilität aus der Physik auf andere Bereiche zu übertragen, zum Beispiel um Börsenmarkt-Einbrüche oder das Versagen von Elektrizitätssystemen zu analysieren.
Noch geheime ökonomische Prognosen
Systeme werden so in erster Linie beschrieben, die Methoden taugen weniger, um etwas vorherzusagen - bisher zumindest, schränkt Sahnkar Venkataramani im ORF-Interview ein:

"In der Ökonomie gibt es teilweise Anwendungen, die sehr geheim gehalten werden, ich kenne sie auch nicht genau. Manche behaupten da, sie könnten Vorhersagen treffen. Aber meine generelle Sicht ist eher: Sie können diese Methoden anwenden, um Risiken zu beschreiben. Sie wissen nicht genau, was passiert, aber Sie bekommen ein Gefühl dafür, was in einem System alles möglich ist, und das ist schon sehr nützlich."
Einfache Komplexität
Die Chaostheorie zeigt, dass einfache Regeln nicht unbedingt einfaches Verhalten, einfache Systeme bedeuten. So lassen sich eben derzeit kaum Vorhersagen treffen, auch wenn Systeme relativ einfache und auch bekante Regeln haben.
Beispiel Wetterprognosen
Als Beispiel dienen Shankar Venkataramani die Wetterprognosen: "Sie wissen zwar nicht, wie das Wetter in einem Monat sein wird - aber Sie können berechnen, wie das Klima in hundert Jahren ausschauen wird."

Umgekehrt zeigt die Chaostheorie aber auch, dass komplexen Systemen, komplexem Verhalten ganz einfache Regelen zugrunde liegen können. Die Verschränkung von Simplizität und Komplexität so deutlich zu machen, ist für Shankar Venkataramani eine der wesentlichen Errungenschaften der Chaostheorie.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Europäisches Forum Alpbach 2003
->   Mehr zum Forum Alpbach 2003 in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010