News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Expertin: Jugend ist keine Spaßgesellschaft  
  Die Jugend ist keine Spaßgesellschaft und will sehr wohl Familie gründen, kontert die Jugendforscherin Reingard Spannring auf die Behauptung von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), die Jugend würde den Generationenvertrag nicht erfüllen.  
Kinder ja, aber später
Die empirischen Daten aus zahlreichen Umfragen unter Jugendlichen belegten eindeutig die Ernsthaftigkeit der Jugendlichen. Die Studien zeigten, dass Jugendliche Beziehungen und die Familie sehr hoch schätzen. Sie wollen Kinder, aber später. Der Grund: die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zum Kinderkriegen sind sehr schlecht.
Längere Ausbildungszeiten
Der Übergang von Jugend in die Erwachsenenwelt sei heute schwieriger und länger. Zum Beispiel Bildungszeiten: Es reiche heute nicht mehr, nur Grund- und Hauptschule zu haben, man müsse sich zusätzliche Qualifikationen aneignen.

Oft sei es auch so, dass Jugendliche mit einer fertigen Ausbildung am Arbeitsplatz feststellen, dass sie so nicht weiterkommen. Sie müssten sich umorientieren, eine neue Ausbildung machen und sich eine neue Qualifikation aneignen. Und das mache die Ausbildungszeiten länger.
...
Hintergrund: Debatte um Singles und Kinder
Hat das Single-Leben einen höheren Stellenwert als das Aufziehen von Kindern? Mit ihren Aussagen zur Zukunftsvorsorge vermittels gesteigerter Geburtenrate hat Bildungsministerin Gehrer (ÖVP) eine neue Debatte über den Stellenwert von Kindern in der Gesellschaft losgetreten.
->   Mehr dazu in ORF.at
...
Unsicherer Arbeitsplatz, geringeres Einkommen
"Die Jugendlichen brauchen heute länger, bis sie einen Arbeitsplatz finden, und sind auch dann benachteiligt", meinte Reingard Spannring vom österreichischen Institut für Jugendforschung im ORF-Radio.

"Die Wirtschaft erwartet flexible Arbeitskräfte und das erhöht auch den Druck. Junge Menschen, auch Akademiker, müssen ständig neue Jobs suchen, umlernen und das macht es ihnen schwieriger, langfristig zu planen. Sie sind häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und müssen sich im Gegensatz zu den älteren Kollegen mit geringfügigen Jobs abfinden. Das bedeutet ein geringeres Einkommen und eine wesentlich schlechtere Versorgung durch die Sozialversicherung."
Double income, no kids?
Viele Jahre seien notwendig, bis Jugendliche von ihrem Einkommen leben können, so die Jugendforscherin Reingard Spannring. Von "double income, no kids" sei keine Rede. Die Frage sei nicht, dass man viel verdient und steinreich werde, sondern dass man sich mit vielen kleinen Jobs über Wasser halte.
Zukunftsplanung unmöglich
"Jugendliche bekommen häufig befristete Arbeitsverträge und das macht die Zukunftsplanung schwierig", meinte Spannring. "Man weiss: OK - mit diesem Job habe ich die nächsten zwei Jahre gesichert, aber was ist danach? Unter diesen Bedingungen ist es heute schwer, ein Kind in die Welt zu setzen und aufzuziehen."
Wer betreut die Kinder?
Auch die Kinderbetreuung sei schwieriger, so Spannring. Denn auch die Großmütter "fallen aus". Auch die älteren Frauen müssen heute länger arbeiten und haben weniger Zeit, auf die Enkelkinder aufzupassen.
Keine Spaßgesellschaft
Haben Jugendliche wirklich nur Partys und Urlaube auf Ibiza im Sinn? Die Jugendforscherin Spannring meinte, es gebe kein Unterfutter für dieses Bild einer Spaßgesellschaft. Im Gegenteil. Die Jugendlichen seien sehr ernsthaft und verantwortungsbewusst. Wenn man die eigene Zukunft nicht voraussehen könne, sei es verantwortungsvoll, das Kinderkriegen hinauszuschieben.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
->   Österreichisches Institut für Jugendforschung
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010