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Isländerinnen stammen aus Großbritannien  
  Viele der ersten weiblichen Siedlerinnen Islands kamen von den Britischen Inseln, und nicht mit den Männern aus Skandinavien. So will es die Legende. Diese wird nun von einer neuen genetischen Studie bestätigt.  
60 Prozent der Frauen kamen von Britischen Inseln
Etwa 60 Prozent der gesamten weiblichen Urbevölkerung Islands war britischen Ursprungs. Die Mehrheit der männlichen Besiedler stammte hingegen aus Skandinavien. Nachzulesen ist das in der jüngsten Ausgabe des "American Journal of Human Genetics".

Zu diesem, den allgemeinen Erwartungen widersprechenden Ergebnis kam eine Studiengruppe um Agnar Helgason vom deCODE Genetics Projekt in Reykjavik und der Universität Oxford, die die Abstammungslinien mitochondrialer DNA (mtDNA) auf Island untersucht hat.
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Wikinger-Besiedelung um die Jahrtausendwende
Zwischen dem achten und elften Jahrhundert eroberten und besiedelten die Wikinger große Teile Nordeuropas, darunter auch den Nordwesten Großbritanniens. Von dort aus machten sie sich auf den Weg zu den nordatlantischen Inseln, die zum Teil bereits von kleinen gälischen Bevölkerungen besiedelt waren.
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Frühere Schätzungen ungenau
Wie das Online-Magazin "ScienceNow" berichtet, hatte eine Reihe früherer Untersuchungen genetische Marker verwendet, um den Anteil von Wikingern und Gälen unter den Ursprungssiedlern Islands festzustellen. Die Schätzungen jedoch gingen weit auseinander und reichten von zwei bis 86 Prozent Wikinger-Anteil.
Mütterliche Vererbungslinien via mtDNA
Die neue Studie stellte jedoch mtDNA in den Mittelpunkt. Da mtDNA ausschließlich von der Mutter auf das Kind vererbt wird und dem üblichen Chromosomen-Austausch entgeht, kann man mit ihrer Hilfe mütterliche Vererbungslinien rekonstruieren. Die Studiengruppe um Agnar Helgason untersuchte die mtDNA von 1.664 Freiwilligen aus Großbritannien, Skandinavien, den nordatlantischen Inseln und anderer Teile Europas.
60 Prozent gälischen Ursprungs
Danach schätzten sie das wahrscheinlichste Verhältnis verschiedener mtDNA-Linien bei den Ursprungssiedlern, die die heute festgestellte Verteilung von mtDNA erklären. 60 Prozent, so die Studie, der ursprünglichen weiblichen Siedler waren gälischen Ursprungs. Unerwarteterweise entpuppten sich im Gegenteil Wikinger-Frauen als Vorfahren der Bewohnerinnen einiger britischer Inseln - so jene von Orkney mit 35 Prozent skandinavischer mtDNA, der Western Isle und der Isle of Skye mit jeweils 12 Prozent.
Männer zu 80 Prozent aus Skandinavien
Das gleiche Forscherteam war aufgrund der Analyse von Y-Chromosomen schon im vergangenen Jahr zu dem Schluss gekommen, dass 80 Prozent der männlichen isländischen Erstsiedler aus Skandinavien stammte.
Männer und Frauen reisten anders
Verbindet man die beiden Studien, ist der Schluss zwingend, dass Männer und Frauen nicht immer miteinander die Erde bereisten, so Helgason. Die mögliche Erklärung für die gefundenen Differenzen: Wikinger-Männer könnten ihre Gälischen Bräute aus deren Siedlungen "geholt" haben, bevor sie sich auf den Weg nach Island machten.
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Mehr zu den frühzeitlichen Reiseunterschieden von Männern und Frauen auf science.orf.at
->   Die Geschlechter wandern anders
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Island: Erst sehr spät besiedelt
"Bislang gab es zu Island keine vergleichbaren Daten", meinte Mark Thomas, genetischer Anthropologe am University College von London. "Da die nordatlantischen Insel zu den als letzte besiedelten Landmassen Europas gehören, sind sie für die Anthropologie so interessant." Die Studie ist Teil eines größeren Forschungsvorhabens, des Oxford Genetic Atlas Projects, das die genetischen Unterschiede der Bevölkerungen der britischen Inseln zum Inhalt hat.

(red)
->   Oxford Genetic Atlas Project
->   deCODE Genetics Projekt
->   ScienceNow
 
 
 
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01.01.2010