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Kardiologenkongress: Wien als "Herz-Mekka"  
  Geschätzte 25.000 Herzspezialisten treffen sich in Wien: Die Bundeshauptstadt ist von Samstag bis kommenden Mittwoch das "Herz-Mekka" der Welt. Beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im Messezentrum werden bei mehr als 2.000 Vorträgen die neuesten Entwicklungen in diesem wichtigen medizinischen Fachgebiet diskutiert. Denn Herz-Kreislauf-Leiden sind der "Killer Nummer 1" in Europa - und die führende Ursache für bleibende Invalidität.  
Das erklärte ESC-Präsident Jean-Pierre Bassand am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Weltweit sterben pro Jahr rund 16 Millionen Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. "Diese Krankheiten werden bald die führende Todesursache auf der ganzen Welt sein", so Bassand weiter.
Österreich: Mehr als 50 Prozent der Todesfälle ...
In Österreich sind seit vielen Jahren mehr als 50 Prozent der Todesfälle auf "Herzinfarkt & Co." zurückzuführen. Das Beispiel Wien: Im Jahr 2000 erlagen rund 9.400 Menschen diesen Krankheiten. Das waren 56 Prozent aller Todesfälle. Hingegen waren "nur" 23 Prozent der Sterbefälle durch Krebs bedingt.
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"Höheres Risiko für ärmere Schichten"
Die Wiener Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann (SPÖ): "Das wichtigste in der Kardiologie ist Vorbeugung. Das bedeutet auch, etwas zu unterlassen - besonders das Rauchen. Herzkrankheiten gelten in der Öffentlichkeit noch immer als 'Managerkrankheit'. Doch wir wissen aus unseren Mortalitätsdaten in Wien, dass die ärmeren Schichten de Bevölkerung ein deutlich höheres Risiko haben, an Herzleiden zu erkranken und zu sterben."
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Rahmenprogramm soll informieren
Der wissenschaftliche Kongress in Wien wird ab Freitagmittag auch von einem Publikums-Rahmenprogramm Am Hof in der City begleitet.

"For your heart's sake" - "Um des Herzens Willen" - besteht aus mehreren Zelten und Info-Ständen, in denen sich Interessierte über alle Aspekte der Herzkrankheiten informieren können. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, sich sein individuelles Risiko-Profil (Rauchen, Bludruck, Cholesterin etc.) erstellen zu lassen.
Mehr Bedarf an High-Tech-Kapazitäten
Beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) geht es um die brennendsten Themen des Fachgebiets, unter anderen:

- Neue Richtlinien für die Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Ergebnisse einer europaweiten Umfrage bezüglich der Versorgung von Herzpatienten.
- Stents (aufklappbare Drahtgitterröhren), die eine Wiederverengung von Herzkranzgefäßen nach Ballon-Aufdehnung verhindern sollen und dazu Arzneimittelsubstanzen abgeben.
- Stammzelltherapie zur "Reparatur" von Herzmuskelschäden.
- Neue Strategien zur Behandlung der chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz).
- Bildgebende Verfahren zur nicht-invasiven und somit besonders schonenden Diagnose von Herzkrankheiten.
Steigender Bedarf an Therapie-Kapazitäten
Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kardiologie, Dietmar Glogar, verwies bei der Pressekonferenz am Donnerstag in Wien auf den steigenden Bedarf an Therapie-Kapazitäten hin:

"Wir haben in Österreich 39 Herzkatheter-Labors, von denen 29 interventionell (Ballon-Dilatation, Akut-Infarkttherapie, Anm.) tätig sind. Insgesamt werden in Österreich pro Jahr 15.000 solcher Interventionen durchgeführt - bei rund 4.000 Bypass-Operationen. Die Verschiebung der Alterspyramide wird zu einem erhöhten Bedarf führen."

Die optimale Versorgung des akuten Herzinfarkts ist heute die Ballon-Aufdehnung des betroffenen Koronargefäßes binnen drei Stunden. Glogar: "Damit kann man die Spitalsmortalität von acht auf vier Prozent senken." Doch dazu müssten flächendeckend Tag und Nacht verfügbare Kardiologen- und Katheterteams zur Verfügung stehen.
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Versuch einer Rundumversorgung in Wien
Glogar: "In Wien versuchen wir im Rahmen einer explorativen Phase derzeit eine Rundumversorgung (24 Stunden, sieben Tage) zu gewährleisten." Im Herbst sollen die Zahlen an Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann gehen. Dann wird entschieden, wie ein solches System endgültig etabliert werden kann.

Derzeit steht das Wiener AKH am Wochenende ständig "parat", unter der Woche teilen sich den Dienst vier Schwerpunktkrankenhäuser. Doch mehrfach wurde von Experten in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass eine flächendeckende derartige Versorgung nicht gegeben ist. "Der Auftrag für das Modell in Wien kam von mir. Es ist absolut mein Wille, ein solches System zu institutionalisieren", erklärte Pittermann.
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Umstritten: Flächendeckende Aufstellung von Defibrillatoren
Umstritten ist weiterhin die Anschaffung und die flächendeckende Aufstellung von halbautomatischen Defibrillatoren zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes bei Kammerflimmern.

Der Wiener Kardiologe Georg Bernhard Gaul: "Die halbautomatischen Defibrillatoren können einem Patienten auf keinen Fall schaden. Was mir an der öffentlichen Diskussion nicht so gefällt: Man sollte zunächst eine Aufklärungskampagne für die Bevölkerung über die ABC-Reanimationsmaßnahmen durchführen."

Das sei im Ernstfall die erste Maßnahme. "Dann kann man über die 'Defis' reden", so Gaul. Klar sei aber, dass Plätze und öffentliche Gebäude, wo sich viele Menschen aufhalten, mit den Geräten ausgerüstet werden sollten.
->   European Society of Cardiology
->   Österreichische Kardiologische Gesellschaft
->   Mehr zum Kongress in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010