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"Lebensthemen" bestimmen Handeln junger Frauen  
  Warum handeln junge Frauen zwischen 18 und 35 so, wie sie handeln? Diese Frage interessiert nicht nur viele Männer, sondern wurde nun von einer deutschen Soziologin wissenschaftlich untersucht. Ihr Schluss: so genannte "Lebensthemen" - die Orientierung etwa an Karriere oder an Familie - sind für die Biografien bestimmender als soziokulturelle Merkmale.  
Zentrale Bedeutung von "Lebensthemen"
Frauen haben die klassische Geschlechterordnung erheblich durcheinander gebracht. "Wenn junge Frauen ihr Leben selbst zu gestalten beginnen, sind für sie vor allem die Lebensthemen von Bedeutung", resümiert die Soziologin Barbara Keddi in einer Aussendung der Freien Universität Berlin (FU) ihre Erkenntnisse. An der FU ist ihre Dissertation "Projekt Liebe. Lebensthemen und biografisches Handeln junger Frauen in Paarbeziehungen" entstanden.

Das Lebensthema, zum Beispiel "Familie", "eigener Weg", "Karriere" oder "Suche nach Orientierung" sei der rote Faden, um den herum einzelne Projekte konstruiert werden.
"Eigener Weg", "Suche nach Orientierung"
"Diese sind anpassungsfähig, flexibel und oft modifikationsbedürftig", so die Soziologin. Beim Lebensthema "eigener Weg" stehe die Entwicklung des Selbst im Vordergrund; vielfältige Projekte bestehen unter diesem grundlegenden Rahmen neben- und nacheinander.

Junge Frauen mit dem Lebensthema "Suche nach Orientierung" dagegen seien ständig damit beschäftigt, ihr Leben und die Anforderungen zu bewältigen. Aufgrund fehlender Ressourcen und Handlungskompetenzen könnten sie Projekte häufig nicht zum Abschluss bringen, und sie seien in der Gefahr, ein von außen dominiertes Leben zu führen.
Ideale Partnerschaft: Langfristig, Offenheit, Treue
Partnerschaftliche Beziehungen seien für junge Frauen von zentraler Bedeutung - neben dem Aufbau eines eigenen Lebens und einer beruflichen Existenz.

"Auf die Frage, wie sie am liebsten leben wollen, nannten fast alle das langfristige Zusammenleben in einer Beziehung als gewünschte Lebensform", so Keddi. "Das war unabhängig davon, ob sie gegenwärtig einen Partner hatten oder nicht, unabhängig von der regionalen Herkunft und unabhängig von deren Bildungsniveau." Unverzichtbar seien Vertrauen, Akzeptanz und Offenheit sowie Verständnis und Treue.
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Literatur:
Barbara Keddi, Projekt Liebe. Lebensthemen und biografisches Handeln junger Frauen in Paarbeziehungen, DJI-Reihe "Gender", Bd. 15, Opladen: Leske + Budrich, 2003, ISBN 3-8100-3548-3
->   Mehr über das Buch (Deutsches Jugendinstitut)
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Gemeinsame Lebensthemen als Kitt der Partnerschaft ...
Wie eine Partnerschaft gestaltet wird, hänge mit den Lebensthemen zusammen. Stimmen die Themen beider Partner überein, besitze die Beziehung eine tragfähige Basis. "Der überwiegende Teil der Paare, die in dem Untersuchungszeitraum von sieben Jahren zusammen geblieben sind, hatte das gleiche Lebensthema", so Keddi.

Sie folgert: "Es spricht einiges dafür, dass die individuellen Lebensthemen bereits vor der Partnerschaft bestanden und sich auch durch die Beziehung nicht veränderten." Auf der Basis der individuellen Lebensthemen werde die Beziehung konstruiert und über die Umsetzung einzelner Projekte verhandelt.
... gut auch nach der Trennung
Setzen beide Partner dieselben Prioritäten und stimmen ihre Vorstellungen und Pläne grob überein, falle es ihnen leichter, sich aufeinander einzulassen. Bei Partnerschaften mit unterschiedlichen Lebensthemen seien Konflikte vorprogrammiert, die Diskrepanz in den Lebensthemen scheint unüberbrückbar.

Nach der Trennung bleiben die Paare "fremde Fremde", während es Paaren mit gleichem Lebensthema gelingen kann, "vertraute Fremde" zu werden, so Keddi.
Lebensthemen wichtiger als soziokulturelle Merkmale
"Das Handeln junger Frauen innerhalb einer Beziehung und bei der Familiengründung lässt sich nicht in Formeln pressen wie Geschlecht, Herkunft, Region, soziale Rahmen, Bildung oder Lebensform", meint Keddi. Junge Frauen schlagen unter ähnlichen Bedingungen verschiedene Lebenswege ein und handeln biografisch in unterschiedlicher Weise.

Die biografischen Gemeinsamkeiten zwischen Frauen mit einem Lebensthema seien größer als zwischen Frauen mit ähnlichen soziokulturellen Merkmalen. Eine Frau mit dem Lebensthema "Beruf" müsse kein Abitur haben und eine Frau mit dem Lebensthema "eigener Weg" könne auch auf dem Land aufgewachsen sein.
->   Mehr über Barbara Keddi (Deutsches Jugendinstitut)
->   FU Berlin
 
 
 
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01.01.2010