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Mit High-Tech gegen Herzinfarkte  
  Die Kardiologie stützt sich immer mehr auf moderne High-Tech-Verfahren. So etwa könnte demnach die optimale Behandlung bei einem Herzinfarkt aussehen: Sofortige Alarmierung des Notarztes, Vorbehandlung im Rettungswagen, Ballonaufdehnung der Herzarterien-Verengung binnen 180 Minuten und schließlich Einsetzen einer mit Medikamenten beschichteten Drahtgitterröhre in das Koronargefäß, um einen Rückfall zu verhindern.  
Das verringere die Infarktsterblichkeit auf knapp mehr als zwei Prozent und reduziere die Rückfälle um fast 90 Prozent, erklärten Fachleute Montag früh bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Europäischen Kardiologenkongresses, der bis 3. September in Wien stattfindet.
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Aktuellste technische Errungenschaften beim Kongress
Am Montag war beim 25. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) mit rund 25.000 Teilnehmern sozusagen "High-Tech-Tag": Ein Gutteil der Vorträge befasste sich mit den aktuellsten technischen Errungenschaften der Herzspezialisten. Aber auch Zukunftsprojekte wie Stammzell- und Gentherapie gegen Herzkrankheiten waren Thema.
->   Mehr zum Kongress: Wien als "Herz-Mekka"
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Ballonaufdehnung für den Blutfluss
Nach Angaben des spanischen Experten Francisco Aviles werden weltweit zwei Millionen Menschen pro Jahr mit einem akuten Herzinfarkt in Spitälern aufgenommen. "Um die Sterblichkeit zu reduzieren und Langzeitschäden zu verhindern, muss man den Blutfluss im Herzen möglichst schnell wieder herstellen", erklärte Aviles.

Das geschieht zumeist entweder durch die Verabreichung Infarktgerinnsel auflösender Medikamente (Thrombolytika) oder durch die so genannte Ballonaufdehnung (PTCA) des verengten Herzkranzgefäßes.
Enges Zeitfenster als Problem
Doch dafür gibt es nur ein enges Zeitfenster von etwa drei Stunden. Für die PTCA muss also rund um die Uhr in einem Zentrum ein Expertenteam zur Verfügung stehen.

"Wegen dieser Rahmenbedingungen erhalten selbst in den Industriestaaten Europas sowie in den USA nur weniger als 20 Prozent die optimale Therapie einer sofortigen Ballon-Aufdehnung", so der spanische Experte.
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Studie: Ist das Zeitfenster verlängerbar?
Daher wäre es wichtig, wenn man diesen Zeitraum, in dem ein solcher Eingriff sinnvoll ist, verlängern könnte. Die spanischen Experten führten deshalb die GRACIA-2-Studie durch. In 15 spanischen und portugiesischen Spitälern wurden 212 Patienten mit einem "frischen" Infarkt in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Hälfte bekam noch innerhalb von 180 Minuten eine Ballon-Dilatation (optimale Variante), die andere Hälfte - mit Zeitverzögerung - erhielt zunächst den Gerinnselauflöser "Tenecteplase". Die PTCA wurde dann drei bis zwölf Stunden nach Einsetzen der Infarktsymptome durchgeführt. Die Ergebnisse waren ausgesprochen gut. Der spanische Wissenschafter: "Die spätere Intervention mit vorheriger Gabe des Thrombolytikums ist genau so sicher und effektiv wie die zweite Strategie."
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Revolution in der Infarktbehandlung
Eine Revolution in der Infarktbehandlung könnten in Zukunft so genannte "Stents" - implantierbare Drahtgitterröhren - darstellen, welche einmal aufgedehnte Herzkranzgefäße offen halten und gegen Rückfälle (Wiederverengung, Restenose) ein Monat lang Medikamente abgeben.

Bestimmte Substanzen, mit denen die "Stents" beschichtet werden, hemmen dabei die Zellteilung in den Blutgefäßen - und verhindern damit eine Verengung.
Dramatische Verbesserung durch Beschichtung
Der deutsche Experte Joachim Schofer aus Hamburg hat mit seinen Co-Autoren eine der wichtigsten Studien (E-Sirius) durchgeführt: "Bei weltweit rund zwei Millionen Ballon-Dilatationen pro Jahr kommt es bei rund 300.000 Patienten zu einer Wiederverengung des betroffenen Herzkranzgefäßes."

Die Wissenschafter implantierten über einen Katheter 175 Patienten die herkömmlichen Stents. 175 weitere Kranke mit einem akuten Infarkt erhielten die Drahtgitterröhren, welche eine der Substanzen (Sirolimus) abgaben. Die neuen Implantate waren eindeutig besser.

Der deutsche Experte: "Die Häufigkeit von Todesfällen, neuerlichen Infarkten oder der Notwendigkeit der Wiederholung eines solchen Eingriffs sank um 81 Prozent. Das ist eine dramatische Verbesserung."
->   European Society of Cardiology
->   Österreichische Kardiologische Gesellschaft
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01.01.2010