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Waren die Maya ein Kriegsvolk?  
  Tikal mit seinen Tempeln und Pyramiden ist das größte Zeremonialzentrum der Maya und die am meisten besuchte Sehenswürdigkeit Guatemalas. Die University of Pennsylvania forscht seit Jahrzehnten auf dem Gelände. Man schätzt, dass 70 Prozent von Tikal noch gar nicht ausgegraben sind. Ein aktuelles Projekt beschäftigt sich mit den Befestigungsanlagen von Tikal, die das bisherige Bild der Maya verändern könnten. Die Mauer gibt den Forschern große Rätsel auf.  
Die Befestigungsmauer von Tikal wurde 1967 entdeckt und seitdem nicht mehr weiter untersucht. 9,6 Kilometer Mauer rund um die Tempelstätte waren bekannt, die Archäologen um Jay Silverstein fanden insgesamt 12,5 km sowie noch eine zweite Mauer im Süden.
Mauer als Kriegsbeweis gedeutet
"Das war der Schlüssel zum veränderten Verständnis der Maya", meint Silverstein von der University of Pennsylvania. "In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Maya als friedliches Volk betrachtet, die sich mit Astronomie und Astrologie beschäftigten".

Besonders nach dem zweiten Weltkrieg wollte man gerne an eine Gesellschaft ohne Krieg glauben, so Silverstein. "Als die Akademikergeneration aber wechselte, fanden wir immer mehr Zeichen für Kriegsführung."
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Der "Ort, an dem Geisterstimmen ertönen"
Tikal liegt inmitten der Urwälder des Peten. Das Zentrum der archäologischen Stätte liegt in einem 576 Quadratkilometer großen Nationalpark. Der Name Tikal bedeutet "Ort, an dem Geisterstimmen ertönen". Die Blütezeit erlebte Tikal von 250-900 nach Christus, die erste Besiedlung fand schon 600 v. Chr. statt.

Die Archäologen entdeckten unter dem Urwaldbewuchs 3.000 Bauwerke - Plaza, Akropolis, Tempel und Pyramiden von Tikal sind heute touristische Anziehungspunkte. Der Tempel "Großer Jaguar" ist das Wahrzeichen der Maya-Kultur. Für die Wissenschaft war der Fund zahlreicher Stelen mit Hieroglyphen bedeutsam.
->   Mehr über Tikal in www.destination360.com
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War es doch ein Bewässerungssystem?
Heute gibt es allerdings noch eine zweite Interpretation der Mauer. Sie könnte als Bewässerungssystem für die rund 500.000 Maya, die in der Blütezeit hier lebten, gedient haben.

"Es gab Zweifel an der Existenz und Interpretation der Mauer. Deshalb wurde das Forschungsprojekt gestartet", so Silverstein. "Wenn man die aktuelle Literatur und Artikel über die Maya liest, wird das Kriegerische überbetont. Das ist ein komplett anderes Bild der Maya als wir es vor 80 Jahren hatten."
Wasserbecken entdeckt
Die Universität von Pennsylvania will die Mauer nun kartieren, um mehr über die Kultur der Maya zu erfahren.

So stießen die Forscher erst jetzt auf ein Wasserauffangbecken entlang der Mauer, das die These des friedlichen Volkes wieder beleben würde. "Derzeit haben Forscher beider Denkrichtungen recht", meint Silverstein.
Maya-Untergang: Resultat eines tödlichen Zweikampfs?
Tatsächlich könnte ein Krieg auch eine seit Jahrzehnten diskutierte Frage klären: Denn noch immer sind sich die Experten uneins, warum die klassische Maya-Kultur gegen Ende des 8. Jahrhunderts so plötzlich zusammengebrochen ist.

Im vergangenen September wurden die Ergebnisse aus neu entzifferten Hieroglyphentexten veröffentlicht, die amerikanische Archäologen in der Ruinenstätte "Dos Pilas" im Norden Guatemalas freigelegt hatten. Demnach gab es einst einen tödlichen Zweikampf zwischen zwei Maya-Supermächten.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft/ science.ORF.at
->   University of Pennsylvania
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01.01.2010